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Los geht's. Pal Dardai schickt Sami Khedira aufs Feld.
© AFP

Stabil im Zentrum, dynamisch nach vorn: Pal Dardai und sein Plan für Hertha BSC

Gegen die Bayern zeigt Hertha BSC, wie die Mannschaft künftig auftreten könnte. Die beiden Neuen Khedira und Radonjic spielen dabei eine wichtige Rolle.

Gleich nach dem Abpfiff schlüpfte Sami Khedira wieder in die Rolle des Elder Statesmans. Er begab sich als erstes zum Schiedsrichter und hielt ihm, als coronakonforme Art des Handschlags, die Faust entgegen. Für einen Moment sah es so aus, als könnte es noch zu einem längeren Gespräch mit abschließendem Trikottausch kommen. Ganz so, als hätte es die erste Begegnung zwischen Sami Khedira und Robert Schröder an diesem Abend nie gegeben.

Wenige Minuten zuvor war es nicht ganz so harmonisch zugegangen. Khedira war erkennbar wütend, weil er sich über einen vermeintlich falschen Pfiff des Schiedsrichters empörte. Schröder wiederum ahndete das unstaatsmännische Verhalten mit einer Gelben Karte.

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Quälgeist und Alterspräsident, Sami Khedira hat beide Rollen drauf. Und bei Hertha BSC, seinem neuen Arbeitgeber, sind beide ausdrücklich erwünscht.

Es war kurz nach halb zehn am Freitagabend, als Khedira im Spiel der Berliner gegen Bayern München sein Comeback in der Fußball-Bundesliga feierte. In genau dem Stadion, in dem er exakt 5421 Tage zuvor auch sein Debüt erlebt hatte. Khedira war 19 und stand beim VfB Stuttgart unter Vertrag, als er gegen Hertha in der Nachspielzeit zu seinem ersten Profieinsatz kam. Auf den ersten Ballkontakt in der Bundesliga musste er allerdings noch bis zum nächsten Spieltag zwei Wochen später warten.

Das Comeback am Ort des Debüts

Am Freitag gegen die Bayern durfte der inzwischen 33 Jahre alte Khedira zehn Minuten früher aufs Feld als bei seinem Debüt am 1. Oktober 2006. Elf Ballkontakte, zehn Pässe, davon neun zum Mitspieler, so lautete diesmal seine Statistik. „Es war kurz, aber unheimlich gut“, sagte Khedira nach der 0:1-Niederlage gegen die Bayern. „Ein großes Gefühl.“ Abgesehen vom unbefriedigenden Endergebnis natürlich.

Fast ein Dreivierteljahr ist seit Khediras letztem Kurzeinsatz für Juventus Turin vergangen – nachdem er zuvor ein Dreivierteljahr ebenfalls nicht gespielt hatte. Herthas Erwartungen an den Winterzugang werden daher stets mit einem Sternchen versehen: *wenn er denn richtig fit wird und sein Körper alles mitmacht. „Ich weiß, dass ich Trainingseinheiten brauche, ich weiß, dass ich Spielzeit brauche“, sagte Khedira.

Eine Option für die Startelf war er noch nicht, und obwohl Khediras Vertrag in Berlin erst mal nur bis zum Saisonende läuft, hat ihm Herthas Trainer Pal Dardai in seinen Planungen eine wichtige Rolle zugedacht. „Wir sind froh, dass Sami hier ist. Wir werden an ihm noch Freude haben“, sagte er. „Er ist nicht nur als Mensch, sondern auch als Fußballer intelligent. Das werden wir schon nutzen.“

Dardai will die Mitte dicht kriegen

Als defensiver Mittelfeldspieler nimmt Khedira ohnehin eine Schlüsselposition auf dem Feld ein. Für Hertha aber könnte er* (*wenn er denn richtig fit wird und sein Körper alles mitmacht) noch ein bisschen wichtiger als wichtig werden. „Um die Mannschaft zu stabilisieren, wird er eine Riesenhilfe für uns“, sagte Dardai. „Er hat mit seinen Pässen Ruhe ausgestrahlt. Und ich glaube, es schadet auch den Innenverteidigern nicht, wenn sie einen erfahrenen Typ vor sich haben, der Ruhe ausstrahlt.“

Genau diese Stabilität im Zentrum benötigt der Ungar für das Spiel, das ihm mit Hertha künftig vorschwebt. Nach zwei Wochen im Amt ist Dardai zu der Erkenntnis gelangt: „Mit dieser Mannschaft muss man Umschaltfußball spielen.“ Denn systematisches Pressing sei schwierig mit den Spielern, die er zur Verfügung habe. „Was wir gestern gesehen haben, das könnte gut für uns sein, und das wird auch gut sein“, sagte Dardai am Tag nach dem Spiel gegen die Bayern.

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Die Münchner konnten tatsächlich froh sein, dass sie unbeschadet aus dem Spiel hervorgingen und erst um Mitternacht am BER einen empfindlichen Tiefschlag einstecken mussten. „In diese Richtung könnte es mit den Spielern, die Hertha BSC hat, funktionieren“, sagte Dardai über seine Erkenntnisse aus dem Duell mit dem Rekordmeister. „Einige Sachen müssen wir noch verfeinern. Aber das Umschalten von Defensive in die Offensive hat schon gut ausgesehen. Wir haben gute Balleroberungen gehabt und auch viele Torchancen kreiert.“

Eine stabile Mitte und viel Tempo nach vorne: Das sind die Elemente, die Herthas Spiel künftig kennzeichnen sollen. Und das sind – vermutlich nicht ganz zufällig – die Qualitäten die Khedira und Nemanja Radonjic mitbringen; die beiden Neuen, die Hertha am letzten Tag der Wintertransferperiode noch verpflichtet hat.

„Nemanja ist eine Blitzkugel“, sagte Dardai

Der 24 Jahre alte Serbe Radonjic, zunächst bis zum Saisonende von Olympique Marseille ausgeliehen, kam nach etwas mehr als einer Stunde für Krzysztof Piatek und besetzte fortan die linke Außenposition in der offensiven Dreierreihe. „Super“, fand Dardai sein Debüt. „Nemanja ist eine Blitzkugel. Er ist zielstrebig, richtig schnell, sogar pfeilschnell. Und er sucht immer das Tor. Ich brauche solche kleinen verrückten Jungen.“

Bei seiner Vorstellung in Berlin hat Radonjic erzählt, dass er in der Ligue 1 zuletzt mit 37 Stundenkilometern auf dem Fußballplatz geblitzt worden sei. Sollte das stimmen, wäre er der schnellste Spieler in der Geschichte der Bundesliga (zumindest seit Einführung der Geschwindigkeitskontrolle). Sein Tempo ist in der Tat eine Waffe, mit der schon die Bayern ihre Probleme hatte. „Wir haben genau das gesehen, was wir wollten“, sagte Dardai.

Andererseits war auch zu erkennen, was Radonjic noch fehlt. Insgesamt wirkt sein Spiel noch ein bisschen roh und ungeschliffen, sind nicht alle seine Entscheidungen auf dem Platz schlüssig. Aber daran werde man arbeiten, sagte Dardai. Grundsätzlich hält er Radonjic für einen Spieler, der Herthas Fans noch viel Freude bereiten werde. „Er ist gut angekommen, auch in der Kabine. Als wäre er schon hundert Jahre hier“, sagte Dardai. „Nemanja ist einfach schmerzfrei.“ Sami Khedira, der Alterspräsident, dürfte die Unbekümmertheit des Neuen mit einem gönnerhaften Lächeln zur Kenntnis genommen haben.

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