Start wegen Nachtflugverbots verweigert: FC Bayern musste mehr als sieben Stunden am BER warten
Nach dem 1:0 im Olympiastadion wollte der FC Bayern nach Katar. Saß aber stattdessen am BER fest. Das Nachtflugverbot war um drei Minuten überschritten worden.
Himmel, Herrgott, Sakrament, mileckstamarsch, damischer Saupreiß! Ja, die Bayern sind grantig, so richtig sauer. Also der Fußballclub Bayern München und zwar auf Berlin, auf Brandenburg, die Preußen eben. Herrschaftszeiten noch einmal!
Am Freitagabend hatte der amtierende deutsche Meister in der Bundesliga Abstiegskandidat Hertha BSC mit 1:0 im eisigen Olympiastadion besiegt. Für den Tabellenführer war Berlin gewissermaßen nur eine Zwischenstation auf dem Weg ins sonnige Katar zur Klub-WM. Doch daraus wurde zunächst nichts, die Mannschaft saß stundenlang am BER fest, am Flughafen der Bundeshauptstadt. Schuld soll das Nachtflugverbot sein.
Schleunigst hatte die Mannschaft nach dem Pflichtsieg über Hertha BSC das Olympiastadion verlassen und sich auf den Weg zum BER gemacht, es herrschte beste Stimmung, am Freitagabend hatten die Bayern zehn Punkte Vorsprung in der Meisterschaft. „Es wird ein schöner Flug. So haben wir uns das vorgestellt“, hatte Trainer Hansi Flick sogar noch gesagt.
Um 23.15 Uhr sollte Flug QR 7402 nach Katar abheben. Manuel Neuer grinste noch hinter dem Mund-Nasen-Schutz aus seinem komfortablen Sitz an Bord der Maschine. Thomas Müller machte noch einen schnellen Schnappschuss mit beiden Daumen hoch vor den geöffneten Handgepäckablagen. Er hätte sich Zeit nehmen können.
Der Flieger war bereits startklar auf der Rollbahn. Los ging es dennoch nicht. Die Spieler sollen in der Maschine gewartet haben. Am Samstagmorgen teilte der FC Bayern München dann via Twitter mit: „Wegen verweigerter Starterlaubnis hebt der FC Bayern jetzt mit mehr als siebenstündiger Verspätung zur FIFA Klub-WM nach Doha ab.“ Statt Samstagmorgen im sonnigen Katar zu landen, ging es im kalten Berlin dann erst los – und über München nach Doha. Wo die Münchner am Samstagnachmittag landeten.
Die Startfreigabe fehlte - wegen drei Minuten
War es nur die späte Rache für vielen Witze über den BER, die jahrelangen Pannen beim Bau und die mehrfach verschobene Eröffnung?
Eine Sprecherin der Flughafengesellschaft sagte: „Aus unserer Sicht sprach nichts gegen den Abflug. Die Bayern waren rechtzeitig um 23 Uhr am Flughafen und schnell durch die Passkontrolle. Die Maschine wurde zügig enteist, stand um 23.59 Uhr startbereit auf dem Rollfeld. Aber die Luftfahrtbehörde hat dem Kapitän keine Startfreigabe erteilt. Deshalb musste sie wieder zurück zum Terminal.“
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Im Tower des Flughafens entscheidet die Deutsche Flugsicherung (DFS). Vielleicht etwas preußisch überkorrekt befanden die Mitarbeiter, dass die Bayern ein bisschen zu spät waren. Nach Angaben des Brandenburger Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung erfolgte die Bitte um Startfreigabe um 0.03 Uhr.
Am BER gilt aber ein Nachtflugverbot in der Zeit von 0 bis 5 Uhr, höchstrichterlich vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt, hart erkämpft von Anwohnern und Gegnern des Flughafenneubaus am südöstlichen Berliner Stadtrand.
Trotz Nachtflugverbot landen am BER auch Flieger in der Sperrzeit, es gibt auch Ausnahmen für Post- und Regierungsmaschinen. Ausnahmen können vom Ministerium erlaubt werden. Ein solcher, später in der Nacht gestellter Antrag auf die Befreiung vom Nachtflugverbot, habe nicht erteilt werden können, hieß es in der Mitteilung vom Samstag.
„Ausnahmegenehmigungen werden in begründeten Einzelfällen insbesondere dann erteilt, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse gegeben ist, welches die Durchführung eines Fluges notwendig macht oder der Flug für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist“, hieß es weiter.
„Die wissen gar nicht, was sie uns damit angetan haben“
Am Samstagmorgen um 6.52 Uhr sind die Bayern dann doch noch abgehoben. Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war außer sich. „Wir fühlen uns von den zuständigen Stellen bei der brandenburgischen Politik total verarscht“, sagte er der „Bild“ und schimpfte: „Die Verantwortlichen wissen gar nicht, was sie unserer Mannschaft damit angetan haben.“
Auch Ex-Club-Boss und aktueller Ehrenpräsident Uli Hoeneß polterte: "Unverschämt, unverständlich. Mit fehlen die Worte.
Die Planungen der Münchner und die Vorbereitung auf die nächste Titelmission wurden jedenfalls empfindlich beeinträchtigt. Denn es ging erst mal zurück nach München. Die Crew musste wegen der Warterei in Berlin getauscht werden.
[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]
Die Gegner des Flughafens und Lärmkritiker reagierten hingegen mit Genugtuung und Stolz auf die preußische Genauigkeit am BER. „Welch‘ eine Freude für mich, dass wenigstens das Nachtflugverbot am BER von 24 Uhr bis 5 Uhr ernst genommen wird“, schrieb Sigrid Zentgraf-Gerlach, Vorsitzende der Bürgerinitiative Mahlow bei Facebook.
Jahrelang hatte sie für ein strenges Nachtflugverbot und wenige Lärm gekämpft – und „dass die Bayern jetzt eben um Mitternacht in ihrem Flugzeug festsitzen“. Denn Regeln gelten für alle. „Und vielleicht lernen das die Bayern-Manager mal, dass Sie der Mannschaft für die Nacht einfach ein hübsches Hotel in Berlin suchen. Soll‘s ja geben“, schreibt Zentgraf-Gerlach weiter.
Umstellung auf sommerliche Temperaturen in Katar schwierig
Sie verwies darauf, dass es auch in München ein Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr gibt. Dort dürfen auch zwischen 22 und 0 Uhr nur Flieger starten, die auf einer Bonusliste des Bundesverkehrsministeriums stehen.
„Hätten sie sich in Berlin mal ganz wie zuhause gefühlt, hätte ihnen ja klar sein müssen, dass das mit dem Start eventuell haarscharf nicht klappen kann“, schrieb die Chefin der Bürgerinitiative. „Das vollmundige Jammern der Bayern-Bosse lasse ich deshalb nicht gelten.“
Die Mannschaft hat weniger Zeit, sich in Katar einzugewöhnen. Aus dem kalten Deutschland plötzlich in der Wärme zu sein, kann unangenehm sein. In Katar herrschen Temperaturen um die 25 Grad. Man wolle die nächsten Tage abwarten, sagte Trainer Hansi Flick: „Wenn es fürs erste Spiel nicht reicht, dann vielleicht fürs zweite Spiel.“
Mannschaft und Betreuer mussten sich in Katar zunächst einem Corona-Test am Flughafen unterziehen, wie der Verein mitteilte. Danach ging es ins Hotel. Bis zur Vorlage eines negativen Testergebnisses durften die Spieler ihre Zimmer nicht verlassen.
Am Montag treffen die Bayern als europäischer Champions-League-Sieger im Halbfinale auf Al Ahly SC aus Ägypten. Am Donnerstag kommender Woche wird das Endspiel ausgetragen. Da wollen die Bayern hin, auch das wollen sie gewinnen. Vielleicht werden die Fluglotsen vom BER zuschauen, Anpfiff ist pünktlich um 19 Uhr. (mit dpa)