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Hart am Mann. Lukas Klünter (l.) hat sich unter Trainer Pal Dardai seinen Stammplatz bei Hertha BSC zurückerkämpft.
© imago images/Nordphoto

Lukas Klünter von Hertha BSC: „Pal Dardai hat uns sichtlich gutgetan“

Lukas Klünter hat mit Hertha BSC vorzeitig den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga gefeiert. Dabei hat auch die zweiwöchige Quarantäne eine Rolle gespielt.

Lukas Klünter, 24, ist einer der großen Gewinner des Trainerwechsels bei Hertha BSC gewesen. Während er unter Bruno Labbadia kaum noch zum Einsatz kam, gehörte er bei Pal Dardai zur Stammbesetzung der Dreierkette in der Verteidigung. In einer digitalen Medienrunde äußerte sich Klünter über den vorzeitigen Klassenerhalt, über die Probleme mit dem Teamgeist und über sein neues Hobby, die Malerei.

Herr Klünter, wie lange haben Sie denn am Sonntag geschlafen? Und vor allem: Wie ging es Ihnen nach dem Aufstehen?

Bis elf ungefähr, und mir ging es sehr gut. Es war am Abend vorher auf jeden Fall eine schöne Feier. Ich musste aber auch ein bisschen nachholen, weil ich nach dem Spiel erst noch zur Dopingkontrolle musste. Als ich in die Kabine kam, war schon eine gewisse Stimmung vorhanden. Es wurde im Laufe des Abends auch ein bisschen was getrunken, aber alles im Rahmen.

Was hat der Klassenerhalt mit dem Team gemacht?

Man merkt natürlich, dass jetzt eine große Erleichterung herrscht. Ich will mir nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn wir uns noch nicht gerettet hätten und jetzt die ganze Zeit im Hotel zusammenwären. Eine gewisse Lockerheit ist schon vorhanden, aber es wird auch immer noch viel gesprochen.

Das Thema Teamgeist begleitet Hertha schon durch die ganze Saison. Wie hat die Mannschaft den Turnaround noch geschafft?

Ich glaube, dass die Quarantäne für uns sogar positiv war. Vorher hatten wir dieselben Leute auf dem Platz, aber der Teamspirit hat nicht gestimmt. Das muss man ehrlich sagen. Denn mit unserer Qualität hätten wir eigentlich gar nicht in diese Situation kommen dürfen. Aber in der Quarantäne haben wir dieses Problem behandelt, viel darüber gesprochen. Man konnte nicht davon ausgehen, dass es auf dem Platz sofort funktioniert. Aber wir haben es wirklich gut gemacht.

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Und was war fußballerisch ausschlaggebend für den Klassenerhalt?

Es war wichtig, erst mal wieder sicher zu stehen. Aber ganz ehrlich: Viel wichtiger war, dass wir über die Dinge gesprochen haben, die nicht gut gelaufen sind. In der Quarantäne hatten wir sehr viel Zeit dafür, und die haben wir genutzt. Die Dinge sind ehrlich angesprochen worden, es wurde viel persönlich geklärt. Das hat uns am Ende geholfen, die Klasse zu halten.

Was meinen Sie mit: persönlich geklärt?

Es ist in keiner Mannschaft der Welt so, dass jeder mit jedem befreundet ist. Muss man auch nicht. Aber es muss jedem klar sein, dass man das Ziel auf dem Platz nur gemeinsam erreicht. Dazu mussten Gespräche geführt werden und verschiedene Dinge aus der Welt geschafft werden. Und das haben wir – wie man sieht – erfolgreich hinbekommen.

Wie lief das in der Praxis ab, wenn jeder bei sich zu Hause hockt?

Es lief viel über Zoom, mit dem gesamten Team, in verschiedenen Gruppen, aber auch in Einzelgesprächen. Da gibt es viele Möglichkeiten, und man muss sich ja auch nicht immer unbedingt sehen. Jeder Einzelne hat auch viel für sich nachgedacht, was in letzter Zeit falsch gelaufen ist.

Gab es diese schonungslose Ehrlichkeit vorher nicht?

Das ist ja häufig so, dass man die Dinge erst mal laufen lässt, wenn es Probleme gibt, weil man denkt: Das wird schon. Das war bei uns ähnlich. Wir haben die Dinge, die gestört haben, einfach nicht angesprochen. Natürlich hat das auch was mit dem Trainer und seinem Team zu tun. Die haben die Situation sehr gut analysiert, haben die Ruhe behalten und wussten immer, was zu tun ist. Das hat uns natürlich auch den Rücken gestärkt.

Kreative Phase. Zwei Wochen musste Hertha BSC im April in Quarantäne. Lukas Klünter hat diese Zeit auch dazu genutzt, um sich mal wieder seinem Hobby, der Malerei, zu widmen. Hier eines der beiden Bilder, die dabei entstanden sind.
Kreative Phase. Zwei Wochen musste Hertha BSC im April in Quarantäne. Lukas Klünter hat diese Zeit auch dazu genutzt, um sich mal wieder seinem Hobby, der Malerei, zu widmen. Hier eines der beiden Bilder, die dabei entstanden sind.
© Lukas Klünter

Gab es Momente, wo Sie gedacht haben: Wir packen das nicht mehr?

Natürlich macht man sich Gedanken, und beim Blick auf die Tabelle war mir auf jeden Fall klar, dass die Lage sehr ernst ist. Trotzdem kannst du natürlich nicht sagen: Das macht mir jetzt aber extrem viel Druck. Du musst ja am Wochenende wieder auf dem Platz stehen und versuchen, genau diesen Druck auszublenden. Ich habe auch immer gewusst, dass wir auf jeden Fall am letzten Spieltag die Chance haben werden, uns noch zu retten.

Ihr Trainer Pal Dardai hat angedeutet, dass in der Kabine Dinge vorgefallen sind, die ihm nicht gefallen haben. Wie schlimm war es denn?

Ich will nicht abstreiten, dass viele Dinge falsch gelaufen sind, aus welchen Gründen auch immer. Aber es ist nicht mein Job, das zu beurteilen. Uns hat es auf jeden Fall sichtlich gutgetan, dass Pal gekommen ist. Er kennt den Verein. Er kennt die Leute. Auch Arne …

… Friedrich, Herthas Sportdirektor …

… hat es super gemacht, obwohl er in diesem Job noch nicht viel Erfahrung hat. Ein großes Kompliment an die beiden und alle Leute drumherum. Für sie ist es auch nicht einfach gewesen, in einer solchen Situation Verantwortung zu übernehmen und das Ruder rumzureißen. Aber genau diese Leute haben wir gebraucht. Der Spirit, den sie mitgebracht haben, der hat uns noch einmal gepuscht.

Würden Sie es begrüßen, wenn Dardai Cheftrainer bleibt?

Grundsätzlich ist es nicht meine Entscheidung, aber wenn Sie mich persönlich fragen: Es gibt wenige Gründe, die dagegen sprechen. Er kennt die Mannschaft, er kennt den Verein optimal, und er hat bewiesen, dass er die Mannschaft erreicht. Für mich ist Pal Dardai einfach ein sehr talentierter Trainer und ein sehr ehrlicher Mensch. Das sind für mich sehr wichtige Faktoren, die für den Erfolg gegeben sein müssen.

Wie hat er es hinbekommen, die gesamte Mannschaft hinter sich zu bringen?

Mit seiner Ehrlichkeit. Mit seiner Art, die ich schon immer sehr sympathisch fand. Das ist nicht immer alles schön und gut. Aber die Offenheit, mit der er Dinge anspricht und die Menschen behandelt, das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt. Das beherrscht er optimal und hat dafür gesorgt, dass das Ganze läuft.

Dardai hat auch Ihnen gutgetan, nachdem Sie unter seinem Vorgänger Bruno Labbadia kaum gespielt haben. Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?

Die Saison war für mich mit Sicherheit keine einfache. Aber ich habe so etwas schon einmal erlebt. Ich weiß, wie ich damit umzugehen habe. Für mich war wichtig, dass ich dranbleibe. Ich will mir nie vorwerfen lassen, dass ich aufgegeben habe – obwohl die Aussichten natürlich nicht rosig waren. Dass ich das durchgezogen habe und am Ende auch die Leistung wieder auf den Platz bringen konnte, das macht mich wirklich stolz. Ich weiß auf jeden Fall, dass ich mich auf meine Qualitäten und auf meinen Kopf verlassen kann.

Als Hertha vor einem Jahr schon einmal mit der ganzen Mannschaft in Quarantäne musste, haben Sie sich die Zeit unter anderem mit Malen vertrieben. Haben Sie das diesmal auch getan? Oder fehlte Ihnen dafür im Abstiegskampf die Muße?

Ich kann mich nicht 24 Stunden nur mit einem Thema beschäftigen. Man muss auch ein bisschen Abstand dazu finden. Dafür ist so eine Quarantäne sicher auch nicht schlecht. Ich habe in den 14 Tagen tatsächlich zwei Bilder gemalt. Malen macht mir Spaß, bringt mich runter, so dass ich mal über andere Dinge nachdenken kann.

Und gehören die Bilder – passend zu sportlichen Situation – eher in die düstere Phase Ihres Gesamtwerks?

Nein, die sind sogar sehr bunt geworden.

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