Hertha BSC baut auf den Trainer, der den Klub liebt: Pal Dardai bleibt Chefcoach - eine „Wunschlösung“
Auf der digitalen Mitgliederversammlung verkündet Hertha BSC die frohe Kunde, dass der bodenständige Pal Dardai Trainer bei den Profis bleibt.
Es ist schon ein paar Jahre her, damals war Pal Dardai noch Spieler bei Hertha BSC. Im Rahmen eines Trainingslagers in Österreich erzählte der Ungar, dass er einen großen Traum habe. Jahr für Jahr besuch er mit seinen Söhnen im Berliner Olympiastadion das Finale im DFB-Pokal, und die Stimmung fände die Familie so berauschend, dass er nun seinen Söhnen versprochen habe: „Eines Tages spiele ich hier auch mit im Finale.“
Dem Spieler Dardai blieb das allerdings verwehrt, der Trainer Dardai kann sich seinen großen Traum aber immer noch erfüllen – schon in der nächsten Saison: Pal Dardai wird weiterhin die Profis von Hertha BSC betreuen. Diese, für viele im Umfeld des Vereins frohe Kunde, jubelte der Berliner Fußball-Bundesligist am Sonntag bei seiner digitalen Mitgliederversammlung unters Hertha-Volk.
Dardai steht für ehrliche Arbeit
Es war wohl eher so das leckere Bonbon für den Sonntag, das Hertha für die Mitglieder im Körbchen hatte. Nicht knallbunt, aber mit solidem Geschmack: Ein Knallbonbon war es jedenfalls nicht, denn die Arbeit des inzwischen 45 Jahre alten Ungarn in der abgelaufenen Saison war gut, seine Weiterarbeit macht Sinn für Hertha. Die am Anfang der Saison unter Dardais Vorgänger beileibe nicht ausgelobte Mission Klassenerhalt, schaffte Herthas Bundesliga-Rekordspieler bei seinem zweiten Engagement als Chefcoach der Berliner: In 16 Saisonspielen besiegele er mit der Mannschaft am vorletzten Spieltag den Ligaverbleib, auch im tosenden Corona-Sturm. Nach zwei Wochen langer Quarantäne und daher straffen Spielplans blieb Hertha in insgesamt acht Spielen ungeschlagen.
Nach Labbadias Demission hatte Hertha Dardai zum zweiten Mal nach 2015 vom Jugend- zum Cheftrainer gemacht. Es war eine Rettung mit Emotionen, kein anderer Bundesligatrainer lebt und liebt seinen Klub wohl so sehr wie Pal Dardai seine Hertha und zeigt sich nach außen hin geerdet und bodenständig. Ein anderer Arbeitgeber der Liga? Kommt für Dardai nicht in Frage. Es passt, dass der alte und neue Cheftrainer zu seinem weiteren Engagement bei den Profis per Videobotschaft sagte: „Wir gehen zusammen in die Bundesliga. Ich kann nur eins versprechen: Die Arbeit und der Fleiß werden da sein. Und dann versuchen wir, ein richtig tolles Jahr zu produzieren.“
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Mit Arbeit, Fleiß und auch etwas Glanz hat Hertha auch den Klassenerhalt geschafft. Zwar nicht mit der 24-Punkte-Marke in 16 Spielen, nur dann hätte sich Dardais Arbeit als Cheftrainer angeblich automatisch verlängert, hieß es immer. Obwohl die Marke für Dardai dann um sechs Punkte verpasst wurde, hieß es nun bei Hertha: Der Kontrakt sei schon im Januar auf anderthalb Jahre angelegt gewesen und gelte auch für das gesamte Trainerteam. Vorstandschef Carsten Schmidt sagte dazu: „Pal Dardai war unsere Wunschlösung. Wir haben mit keinem anderen Trainer gesprochen.“
Arne Friedrich lässt sich Zeit
Mit Arne Friedrich sei noch nichts fix, hieß es dagegen im Rahmen der Mitgliederversammlung. „Wir sind in guten Gesprächen mit Arne Friedrich, und hoffen, dass wir bald zu einem Ergebnis kommen werden“, sagte Carsten Schmidt. „Noch brauchen wir aber ein bisschen Zeit.“ Das erstaunt dann schon, schließlich ist der Sportdirektor zur Zeit dabei, die Planungen für die kommende Saison voranzutreiben – selbst aber ist der im Januar gekommene Nachfolger von Michael Preetz also noch ohne Vertrag. Fests steht nur, dass Fredi Bobic neuer Sportchef wird und am 1. Juni kommt und mit Dirk Dufner einen neuen Kaderplaner mitbringt.
Auch mit Dardai und trotz einer wackligen Saison spielt das blau-weiße Anspruchsdenken weiterhin in der Spitzenklasse des deutschen Profifußballs. Pal Dardai selbst ist ja auch da eher zurückhaltend, in einem Interview war er auf Distanz zu großen Big-City-Club-Träumereien gegangen. Im ZDF-Sportstudio hatte er gesagt: „Wir sind ein deutscher Verein, in der Hauptstadt, in Berlin, für Berlin, das ist gut.“ Aber natürlich soll Pal Dardai Hertha nun in die obere Tabellenhälfte führen und am Besten wohl ohne große Umwege nach Europa.
Klappt das mit dem Aufschwung, dann bekommt Pal Dardai vielleicht tatsächlich die ganz großen Spiele im nach der Krise hoffentlich mal wieder vollem Olympiastadion zu sehen, von der Seitenlinie aus. Und wenn er selbst als Spieler nach seinem Karriereende vor zehn Jahren auch nicht mehr eingreifen kann, so kann das womöglich sein einst mit dem Papa zuschauender Sohn: Marton Dardai hat schließlich einen Vertrag bis 2025 bei Hertha bekommen. Bis dahin wird sein Vater ohnehin noch im Klub sein und im Erfolgsfall wohl nicht als Jugendtrainer.