Plötzlich Stammspieler bei Hertha BSC: Marton Dardai ist nur im Nebenberuf Sohn
Trainersöhne haben eigentlich die "Arschkarte", sagt Herthas Coach Pal Dardai. Sein Sohn Marton dürfte aber auch gegen Leverkusen spielen.
Pal Dardai sprach in höchsten Tönen von dem jungen Mann. Und er ließ sich nicht nur lobend über seine Qualitäten als Fußballer aus, er hob auch die sogenannten Soft Skills besonders hervor. In der Kabine habe er ein gutes Standing, fleißig und höflich sei er, insgesamt ein vernünftiger Junge. Vermutlich sagt das auch etwas über seine Herkunft, seine Erziehung und sein Elternhaus aus. Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC, sprach über Marton Dardai. Seinen Sohn.
Natürlich ist das eine Konstellation nicht ganz ohne Komplikationen. Und gerade weil Pal Dardai mit einer solchen Konstellation schon eine gewisse Erfahrung hat, hat er gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Trainer eine Art Grundsatzerklärung zu diesem Thema abgegeben. Die Medien bat er, Marton Dardai doch bitte nicht als Trainersohn zu bezeichnen.
Pal Dardai selbst sagt meistens „Marton Dardai“, wenn er über seinen Sohn spricht. Und das passiert inzwischen häufiger, als es noch vor wenigen Wochen zu vermuten stand. Da rangierte Dardai junior hinter Jordan Torunarigha und Omar Alderete auf Rang drei für die linke der beiden Positionen in der Innenverteidigung.
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Doch Torunarigha war zwischenzeitlich verletzt und Alderete in seinem Spiel für den Geschmack seines Trainers ein wenig zu sorglos, so dass jetzt Marton Dardai zum Stammspieler aufgestiegen ist. Vermutlich wird er auch an diesem Sonntag wieder in der Startelf stehen, wenn die Berliner in der Fußball-Bundesliga Bayer Leverkusen empfangen (15.30 Uhr, live bei Sky).
„Eigentlich ist es für die Kinder immer die Arschkarte"
Und trotzdem: Wenn jemand weiß, dass diese Konstellation knifflig ist, dann ist es Pal Dardai. Er war selbst Trainersohn, und er hat vor Marton, dem mittleren seiner drei Söhne, auch schon Palko, seinen ältesten, trainiert. „Eigentlich ist es für die Kinder immer die Arschkarte. Sie müssen alles doppelt machen, damit sie überhaupt spielen“, sagt Dardai.
Der Vorwurf der Patronage steht immer latent im Raum. So war es auch bei Palko Dardai, der im November 2017 unter seinem Vater in der Europa League sein Profidebüt feierte und auf insgesamt zwölf Einsätze für Herthas erste Mannschaft kam. Kaum war sein Vater nicht mehr Trainer, durfte er nicht einmal mehr mit den Profis trainieren, und inzwischen hat Palko Dardai Hertha ganz verlassen.
Dass die Familie Dardai auch in dritter Generation über überdurchschnittlich talentierte Fußballer verfügt, ist schon länger bekannt. Pal Dardai war noch Spieler, als er auf die Frage nach seinen Plänen für die Zeit nach der Karriere antwortete, er werde Berater seiner Söhne, da müsse er sich finanziell keine Sorgen machen.
Interessanterweise aber startet mit Marton gerade derjenige Dardai durch, dem das vielleicht am wenigsten zugetraut wurde. Womöglich liegt das weniger an seiner Qualität als daran, dass er anders als seine Brüder Palko, 21, und Bence, 15, nicht in der Offensive spielt.
Von wegen Hauptberuf Sohn
„Er hat seine Sache hervorragend gemacht“, sagt Herthas Sportdirektor Arne Friedrich über Marton Dardai und dessen erste Spiele in der Bundesliga. „Wir sind sehr zufrieden mit seiner Entwicklung.“ Der Verdacht der Vetternwirtschaft jedenfalls ist haltlos. Hauptberuf Sohn? Von wegen.
Schon bei Bruno Labbadia stand Marton Dardai regelmäßig im Kader der Profis, zwei Kurzeinsätze hat er unter Labbadia bestritten, ehe er im Februar, im Heimspiel gegen Leipzig und wenige Tage nach seinem 19. Geburtstag, erstmals auch in der Startelf auftauchte. Seitdem hat er keine einzige Spielminute mehr verpasst.
„Das ist die Leistung, die ich von Marton erwartet habe“, sagt sein Vater. „Aber auch in der Akademie ist davon kein Mensch überrascht.“ Schon im Nachwuchs zeigte Marton Dardai als Innenverteidiger eine erstaunliche Reife. „Optisch wirkte er so, als wäre er schon 30 Jahre alt“, sagt Pal Dardai.
Seine Waffe sind die langen Bälle
Der junge Innenverteidiger ist unerschrocken, selbst wenn er es wie vor einer Woche gegen Dortmund mit einem Tormonster wie Erling Haaland zu tun bekommt. Er ist stabil, robust und dynamisch. „Bei den 10-Meter-Sprints ist er unter den Top Ten bei Hertha. Er läuft auch 30 Meter unter vier Sekunden“, sagt sein Trainer. „Und Marton Dardai hat noch eine Waffe: seine langen Bälle. Das sind nicht irgendwelche Bälle. Die gehen dahin, wo sie hin sollen und mit Schärfe.“
Auch seine herausragende Spieleröffnung war schon in der Jugend zu erkennen und hat bei den gegnerischen Teams zu ungewöhnlichen Gegenmaßnahmen geführt. In manchen Spielen wurde Marton Dardai als Innenverteidiger von einem Gegenspieler so zugestellt, dass er nicht angespielt werden und dadurch auch nicht das eigene Spiel von hinten aufbauen konnte.
Pal Dardai erzählt: „Wir haben uns sogar beim gegnerischen Trainer beschwert: Was macht ihr? Warum nehmt ihr ihm den Spaß am Spiel?“ Gelungen ist es offenbar nicht.