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Wahlen. Die Fifa sucht einen neuen Präsidenten. Und mit ihm auch sich selbst.
© dpa

Fifa wählt Blatter-Nachfolger: Nur die Fans können den Fußball retten

Den Fußball lieben, das Drumherum hassen: Fans machen es sich manchmal leicht. Dabei müssen sie für sauberen Sport kämpfen. Auf die Funktionäre ist kein Verlass. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dominik Bardow

Es ist diesmal kein Funktionär verhaftet worden in Zürich. Der Fußball- Weltverband ist also vollzählig an diesem Freitag, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Das mag viele überraschen. Fifa? Sind das nicht alles Kriminelle? Diese zynische Meinung hat sich in der Öffentlichkeit längst durchgesetzt. Der alte Präsident Joseph Blatter ist gesperrt und darf nicht mehr antreten. Aber niemand glaubt wirklich, dass die schmutzigen Geschäfte unter seinem Nachfolger aufhören, wie auch immer der heißen mag.

Die meisten Fans können sich auf folgenden Satz einigen: Ich liebe Fußball, aber ich verabscheue das Drumherum. Sie wollen eigentlich gar nicht mehr wissen, wie dieser schöne Sport organisiert und korrumpiert wird. Bei Skandalen regen sie sich kurz auf, aber die Empörung weicht schnell Resignation und Desinteresse. War doch klar, dass es in den Hinterzimmern schmutzig zugeht. Das wird sich doch nie ändern. Hauptsache, das Spiel selbst bleibt sauber und die eigene Lieblingsmannschaft spielt gut.

Diese Sportpolitikverdrossenheit hat vielen Funktionären die unverschämte Sicherheit gegeben, mit allem durchzukommen. Wenn etwas auffliegt, sitzen sie es eben aus. Und nutzen es aus, dass sie noch gebraucht werden, weil eben irgendjemand den großen Sport in den Stadien mit seinen Fernsehübertragungen organisieren soll. Den Fans darf jedoch nicht egal sein, wer das wie tut. Denn durch fehlende Kontrolle entstehen Hinterzimmergesellschaften, die dann auch Spielmanipulationen und Doping planen oder vertuschen. Dann ist auf einmal das schöne Spiel nicht mehr schön.

Mit ihren vielen Skandalen ist die Fifa selbst schuld, dass niemand mehr glaubt, sie könne sich ändern. Im Prinzip kann ihr das recht sein. Ohne Glauben an eine bessere Fifa gibt es auch keine Empörung mehr, keine großen Schlagzeilen und keinen öffentlichen Druck, zu sich ändern.

Es gibt sie, die guten Seiten der Fifa

Dabei gibt es Anlass, an das Gute zu glauben. Im Weltverband arbeiten viele Mitarbeiter tagtäglich daran, dass Fußball mit all seinen guten Effekten weltweit sauberer, populärer und vor allem für noch mehr Menschen zugänglicher wird. Doch ist ihre Arbeit oft überschattet und gestört von Korruptionsfällen. Am Freitag will die Fifa nicht nur einen neuen Präsidenten wählen, sondern – viel wichtiger – sich auch reformieren, die hauptamtlichen Mitarbeiter stärken, die Macht der Funktionäre beschränken.

Gerade bei diesem Prozess muss die Weltöffentlichkeit den Weltverband begleiten, kritisch, aber auch wohlwollend. Journalisten und staatliche Ermittler graben weiter, speziell bei der Vergabe der WM-Turniere 2006 an Deutschland, 2018 an Russland und 2022 an Katar. Aber sie graben umso tiefer, je höher das öffentliche Interesse ist. Wenn die Welt jedoch erst bei Skandalen auf die Arbeit der Verbände schaut, ist es meist zu spät.

Realistisch muss man bleiben. Große Sportturniere werden nicht von Wissenschaftlern vergeben, die den besten Standort berechnen, sondern in einem Bieterwettbewerb. Es ist im Fußball zu viel Geld im Spiel, als dass sich niemand mehr zu bereichern versuchen wird. Aber kann man vom Sport verlangen, besser zu funktionieren als die Welt? Die Fifa hat mehr Mitglieder als die Vereinten Nationen und in den meisten Ländern dieser Welt gibt es Probleme mit Korruption, Demokratie und Menschenrechten. Im Fußball fallen sie vielen Menschen hierzulande nur mehr auf.

Am Sport fasziniert uns Zuschauer am meisten die Fähigkeit der Athleten, sich selbst zu überwinden und Höchstleistungen zu erreichen und dabei manchmal sogar besonders fair zu sein. Warum trauen wir das den Organisatoren des Sports grundsätzlich nicht mehr zu? Wenn wir uns von ihnen abwenden, haben sie keine Chance, uns zu überzeugen. Es gibt eine Chance auf einen Wandel in der Fifa. Aber dafür müssten alle mitmachen: Die Funktionäre – aber auch die Öffentlichkeit und die Fans. Sonst sind wir alle ein bisschen mitschuldig.

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