Kommentar zu Joseph Blatter und Michel Platini: Wirre Fifa: Ein bisschen Freispruch geht nicht
Der Fußball-Weltverband Fifa hat die Sperren gegen Sepp Blatter und Michel Platini bestätigt, aber auch um zwei Jahre reduziert. Ein seltsamer Spruch der Berufungsrichter, findet unser Autor.
Für die Erneuerer im Fußball-Weltverband ist es ein Alptraum-Szenario: Die Fifa wählt am Freitag einen neuen Präsidenten und plötzlich entert der alte, Joseph Blatter, die Bühne. Und dann steht die Mehrheit der Delegierten im Zürcher Hallenstadion auf und feiert den bald 80-Jährigen klatschend und johlend. Wirkt nicht gerade reformorieniert.
Um solche Szenen zu vermeiden, hat die Berufungskommission der Fifa am Mittwochabend die Sperre von Blatter, genau wie die von Michel Platini, bestätigt. Der Fifa-Chef a.D. und der ebenfalls gesperrte Uefa-Präsident müssen sich also dem Wahlkongress weiter fernhalten. Gleichzeitig hat das Rekurs-Gremium ihre Sperren von jeweils acht auf sechs Jahre reduziert. Im ursprünglichen Urteil der Fifa-Ethikkommission seien die Lebensleistungen der beiden Spitzenfunktionäre nicht ausreichend berücksichtigt worden und auch der Nachweis der Korruption sei nicht vollständig erbracht.
Ein seltsamer Spruch der Berufungsrichter. Blatter sagte danach, er sei "tief enttäuscht", Platini sprach von "unerträglicher Arroganz", "Willkür" und "Zynismus". Beide wollen vor die nächsthöhere Instanz weiterziehen, vor den Internationalen Sportgerichshof Cas, auch wenn der kaum bis Freitag über ihr Blitz-Anliegen befinden wird. Ihre Empörung ist sogar nachvollziehbar. Denn ein bisschen Freispruch, sozusagen ein Viertel unschuldig, das geht eigentlich nicht. Zudem zögerte die Berufungskommission ihre Entscheidung bis kurz vor der Wahl hinaus. Das alles wirkt so, als wollte sie einerseits verhindern, dass Blatter, der sich gerne vom Fifa-Volk verabschiedet hätte, und Platini, der eigentlich als Präsident kandidieren wollte, erscheinen. Und andererseits die vielen Unterstützer Blatters und Platinis, die es ja immer noch gibt, beschwichtigen. Vor allem stellen die Berufungsrichter die eigene Ethikkommission mit ihrem Urteil bloß und sorgen noch mehr für den Eindruck, dass in der Fifa viel zu viele Kommissionen in gegensätzliche Richtungen arbeiten.
Das passt zu dem zerrissenen Eindruck, den der Weltverband vor dieser wichtigen Wahl hinterlässt. Selbst die meisten der fünf Kandidaten rechnen mit Manipulationen, auch wenn Prinz Ali bin Al Hussein mit seiner PR-Nummer, durchsichtige Wahlkabinen zu fordern (wozu dann überhaupt noch eine Kabine?), vor dem Cas gescheitert ist und die Wahl wie geplant stattfinden kann. Und an allen Ecken wird über Deals und Absprachen zwischen den Bewerbern spekuliert. Dabei wollte die Fifa sich doch reformorientiert geben und neben einem neuen Chef auch zahlreiche Umbauten der Führungsebene beschließen.
Doch bei all dem Hick-Hack würde es wohl am Ende passen, wenn Blatter doch noch auf der Bühne stünde. Sein Geist und sein Erbe scheinen jedenfalls in der Fifa weiterzuleben.