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Unendliche Weiten. Die Fifa stellt den Fußball in ihrem neuen Museum als Gesamtkunstwerk dar.
© AFP/Coffrini

Wahl, Reformen und neues Museum: Wie die Fifa näher an die Fans rücken will

Mit einem neuen Museum und Reformen will der Weltfußballverband Fifa vor der Präsidentenwahl wieder näher an die Fans heranrücken.

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Alles glänzt. Die Fassade in Schwarz, der Eingangsbereich in kühlem Silbergrau, und wie es sich für moderne Architektur gehört, gibt es viel Glas und viele Spiegel. Bunt wird es erst drinnen, wenn man einige Schritte gegangen ist. Auf riesigen Videoleinwänden werden 360-Grad-Aufnahmen von Fußballplätzen überall auf der Welt gezeigt. „Wir wollen hier Fußball zelebrieren“, sagt Stefan Jost und blickt beseelt auf die überdimensionierten Spielszenen um sich herum.

Der Schweizer ist der Direktor des neuen Fifa-Museums in Zürich. Am Sonntag wird es offiziell eröffnet, am Mittwoch wurden die internationalen Medien vorab durch die vier Stockwerke geführt. Von Funktionärswesen ist nur wenig zu sehen. „Es gibt keinen Personenkult“, sagt Jost.

Auf der anderen Seite des Raumes, dezent und in verschwimmenden Grautönen, prangt ein Porträt von Joseph Blatter neben den Bildern der anderen ehemaligen Präsidenten. Im Museum wird der Funktionärsteil des Weltverbands eher klein und so unauffällig abgebildet. Dabei war ja Blatter einer der Hauptinitiatoren dieses Hochglanz-Museums im Zürcher Stadtzentrum. Und die Zahlen klingen noch ganz nach dem alten Fifa-Maßstab: fast 130 Millionen Euro kostete es, das gesamte Gebäude herzurichten, in dem sich früher eine Bank und Geschäfte befanden. Etwa 27,5 Millionen Euro fielen für die Museumsausstattung an.

Doch von dem alten Bild des Fußball-Weltverbands soll dort nichts zu sehen sein. „Wir wollen zeigen, wie gut die Fifa ist“, sagt David Ausseil, der Kreativdirektor des Museums. „Die Zeit, in der sich die Fifa vom Rest Zürichs abgeschottet hat, ist vorbei.“ Die Fifa arbeitet derzeit an allen Fronten daran, sich ein neues Image zu verpassen: im Museum, mit vielen Filmen, Fußballexponaten und Spielangeboten. Aber auch auf der höchsten Ebene wird die Fifa auf ein neues Erscheinungsbild getrimmt. Dort jedoch mit umfassenden Reformen.

Die angestrebten Reformen werden schon seit Jahren gefordert

Wenn an diesem Freitag die Delegierten der 209 Fußballverbände beim Fifa-Kongress zusammenkommen, wählen sie nicht nur einen neuen Präsidenten. Sie entscheiden auch über ein Reformpaket, das, nimmt man die alte Fifa als Referenz, geradezu revolutionäre Veränderungen innerhalb der Organisation bewirken dürfte. Während die Wahl von Blatters Nachfolger im Mittelpunkt des medialen Interesses steht, ist die Abstimmung über die Reformen für die Fifa eigentlich entscheidender: Denn nur wenn die Reformen von einer Dreiviertelmehrheit beschlossen werden, zeigen sie, dass die Fifa bereit ist für einen Neustart. Dass sie bereit ist, sich von der Hinterzimmerpolitik, der Korruption und der abgehobenen Machtposition im Fußball zu verabschieden.

Die angestrebten Reformen enthalten viele Punkte, die Kritiker in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder angeprangert haben. Zunächst einmal soll dem Exekutivkomitee die Macht entrissen werden. Statt des 25-köpfigen Regierungsgremiums soll ein neuer Fifa-Rat entstehen. Dieser soll größer sein, 36 Mitglieder umfassen, aber weniger Befugnisse haben. Der Fifa-Rat soll nun eher die Funktionen eines Aufsichtsrats ausfüllen. So soll deutlich zwischen den politischen und den geschäftsführenden Aufgaben getrennt werden. Um das Operative kümmert sich demnach nur noch das Generalsekretariat.

Auch die Position des Präsidenten verliert an Einfluss. Er soll dafür mehr repräsentative Aufgaben übernehmen. Außerdem werden die Amtszeiten beschränkt. Maximal können Funktionäre noch drei vierjährige Amtszeiten ausüben. Überdies tut die Fifa etwas für mehr Transparenz: Die Vergütungen der Funktionäre sollen veröffentlicht werden. Ebenfalls wird ihre Vita vor Amtsantritt genauer durchleuchtet. Und es gibt nun eine Frauenquote: Im Rat soll pro Kontinent mindestens eine Frau sitzen.

Mit all diesen Reformen will die Fifa vor allem neues Vertrauen aufbauen und wieder näher an die Fans heranrücken. Alles rund um den Welt-Verband soll wieder glänzen, so wie das Museum. Dort setzen die Verantwortlichen allerdings auf viel Künstliches: Es gibt keinen Bolzplatz, es gibt keinen echten Rasen – stattdessen eine Kunstrasen-Hügellandschaft mit Flipper-Fußballspielchen. Der Fußball wird als etwas Übergeordnetes dargestellt, ein scheinbares Gesamtkunstwerk bestehend aus schönen Trikots und schönen Spielszenen. Mit diesem Angebot sollen pro Jahr 250 000 Besucher angelockt werden, hofft die Fifa. Einen sicheren Publikumsmagneten gibt es im Museum noch nicht: einen Überblick über die Fifa-Skandale.

Auf Nachfrage heißt es, man habe ja einen Sonderausstellungsbereich. Vielleicht könne man dort darauf eingehen – aber frühestens in einem halben Jahr. Wenn überhaupt.

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