Formel 1: Maurizio Arrivabene: Ferraris neuer Lenker
Aufbruchstimmung im Formel-1-Rennstall von Sebastian Vettel: Unter dem neuen Teamchef Maurizio Arrivabene ist die zuletzt angespannte Stimmung bei Ferrari wieder gestiegen.
Wenn der Chef ein Spiegelbild der gesamten Truppe ist, dann stehen Ferrari neue und wohl auch wieder erfolgreiche Zeiten bevor. Sebastian Vettels neuer Teamchef Maurizio Arrivabene kennt die Formel 1 nicht nur aus seiner Zeit als Chef von Marlboro Italien und Vizepräsident von Philip Morris weltweit nicht nur sehr gut, wenn auch vor allem von der kommerziellen Seite – er hat offenbar auch Talent in Sachen Menschenführung. Ein nicht zu unterschätzender Faktor für das Team auf dem Weg zurück in die Erfolgsspur. Der 57-Jährige, betont lässig mit eher Fünf- als Drei-Tage-Bart, hatte bei den Testfahrten in Barcelona seinen großen Auftritt. Auf einer Pressekonferenz zeigte er sich gesprächig und humorvoll und wirkte dabei ein wenig wie einst der langjährige Ferrari-Boss Luca de Montezemolo. Ganz beiläufig ließ er auch die eine oder andere wichtige Information fallen.
Zum Beispiel die, dass es gelungen ist, den Designer Rory Byrne wieder viel stärker in das Tagesgeschäft in Maranello einzubinden. Der Südafrikaner stand in der Schumacher-Ära oft im Schatten des großen Strategen Ross Brawn – dabei war er es, der die Autos entwarf und so schnell machte, dass viele Strategiespiele überhaupt erst möglich wurden. Jetzt fungiert Byrne offiziell als Mentor von Simone Resta, der unter Technikchef James Allison die Gesamtverantwortung für das Auto trägt. Und er geht offenbar voll in der Aufgabe auf. „Ich traf Rory kürzlich abends in einem Restaurant“, erzählte Arrivabene. „Er hat furchtbar schnell gegessen, und ich habe ihn gefragt, warum er es so eilig habe. Er hat gesagt, weil er gleich zu einem Meeting mit Simone müsse. Das zeigt, wie motiviert jeder im Team ist.“
Gute Stimmung bei Ferrari: "Wir sind wieder ein Team"
Die neue Stimmung bei Ferrari habe alle erfasst. Zwar seien über den Winter auch größere Veränderungen am Auto selbst vorgenommen worden. Im Spätherbst 2014 hatte man ja nicht viel Gutes über den neuen Ferrari gehört – jetzt scheinen Sebastian Vettel und Kimi Raikkönen mit dem neuen Modell recht zufrieden, und auch die ersten Testfahrten ließen sich gut an. Das Wichtigste aber für den neuen Chef: „Wir sind wieder ein Team. Ohne Grüppchenbildung, ohne Politik, ohne dass einer die Verantwortung auf den anderen schiebt. Alle ziehen am gleichen Strang. Die Leute wirken wie befreit, seit wir ihnen eine neue Verantwortung gegeben haben.“ Sogar Kimi Räikkönen lässt sich davon anstecken. Der Finne lacht und redet ungewöhnlich viel. So viel, dass Arrivabene ihn schon fragte: „Was ist los mit dir, bist du krank?“
Und bei allem Showtalent und Selbstbewusstsein: Auch das Zugeben von Fehlern scheint durchaus eine Fähigkeit von Arrivabene zu sein. In seiner langen Erklärung dazu, wie er und Fiat-Boss Sergio Marchionne Sebastian Vettel zu Ferrari geholt hätten, vertat er sich an einer Stelle im Datum. Nach zweifelnden Blicken unter den Zuhörern trat er nach dem offiziellen Teil der Konferenz von sich aus auf die Zweifler zu und erklärte: „Stimmt, ich habe mich da geirrt, diese Telefongespräche fanden viel früher statt.“