1. FC Union: Jens Keller kehrt mit Ingolstadt an die Alte Försterei zurück
Der ehemalige Trainer der Berliner trifft am Freitag zum ersten Mal seit seiner überraschenden Entlassung im Dezember 2017 auf Union.
Akaki Gogia streicht sich einmal über seine Glatze. „Ich habe mir extra eine Kampffrisur zugelegt, damit er sieht, dass ich bereit bin“, sagt der Offensivspieler des 1. FC Union und lacht. Er, das ist Jens Keller, bis Dezember 2017 Trainer in Berlin. Wenn am Freitag (18.30 Uhr, live auf Sky) der FC Ingolstadt zu Gast im Stadion An der Alten Försterei ist, werden viele Blicke auf Keller gerichtet sein. In anderthalb Jahren in Köpenick verpasste der 47 Jahre alte Fußballlehrer den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga knapp und wurde dann kurz vor der Winterpause auf Platz vier liegend überraschend entlassen. Der Verein begründete dies mit sportlichen Gründen, es wurde spekuliert und gerätselt. Wirklich aufgeklärt wurde die Situation bis heute nicht.
Nun kehrt Keller zum ersten Mal an die Alte Försterei zurück – und die sportliche Situation ähnelt der in seiner ersten Saison bei Union enorm. Damals hatten die Berliner nach 24 Spielen drei Punkte mehr auf dem Konto, das Torverhältnis war fast identisch, im Umfeld wurde schon von der Bundesliga geträumt. Vor zwei Jahren übernahm Union am 25. Spieltag die Tabellenführung, brach danach aber ein und verpasste die Aufstiegsplätze. Platz eins ist für die Mannschaft von Urs Fischer am Freitag unerreichbar, mit einem Sieg könnte Union angesichts des Derbys der direkten Konkurrenten aus Hamburg jedoch den HSV überholen oder den Relegationsplatz festigen.
"Gute, erfolgreiche Zeit mit ihm"
Die Beteiligten geben sich alle Mühe, das Thema Jens Keller so klein wie möglich zu halten. „Wir werden sicher nicht den Ex-Trainer thematisieren in der Spielvorbereitung“, sagt Fischer. „Die Jungs wissen natürlich, was für eine Art Fußball er spielen will – das kann ein Vorteil sein, muss es aber nicht.“ Die Berliner Mannschaft hat sich im Sommer zwar in weiten Teilen verändert, die Hälfte des Kaders hat aber noch mit Keller zusammengearbeitet – und bei vielen Spielern hielt sich das Verständnis für die Entlassung damals in Grenzen.
Gogia freut sich auf das Wiedersehen. „Ich hatte eine gute, erfolgreiche Zeit mit ihm“, sagt der 27-Jährige. „Ich war aber schon bei vielen Vereinen und habe gegen fast jeden Trainer wieder gespielt.“ Ein großes Gesprächsthema sei Keller innerhalb der Mannschaft nicht.
So sehr der emotionale Faktor marginalisiert wird, so sehr wird die sportliche Bedeutung des Spiels betont. Auch für Ingolstadt geht es noch um viel, ein Abstieg in die Dritte Liga wäre für den Klub ein Desaster. Seit Keller Anfang Dezember als Trainer übernahm – fast auf den Tag genau ein Jahr nach seiner Entlassung bei Union –, haben die Bayern in neun Partien elf Punkte geholt. Unter seinen Vorgängern Stefan Leitl und Alexander Nouri waren es in 15 Spielen nur acht.
Union seit 19 Heimspielen ungeschlagen
Trotzdem steckt das Team, das mit ganz anderen Ambitionen in die Saison gestartet war, immer noch im Tabellenkeller fest. Die vergangenen zwei Spiele gegen St. Pauli und Köln hat Ingolstadt verloren, Fischer warnt dennoch vor dem Gegner. „Da hätten sie mehr verdient gehabt. Wenn du in dieser Lage bist, steht dir das Wettkampfglück aber manchmal nicht so zur Seite“, sagt der Schweizer. „Ingolstadt ist momentan gut drauf.“
Viel mehr als auf den Gegner wollen die Berliner jedoch auf sich selbst gucken – zumal das Team neben dem größeren Selbstvertrauen auch den Heimvorteil auf seiner Seite hat. Saisonübergreifend hat Union seit 19 Heimspielen nicht verloren. „Wir sind oben dran und wollen uns da festbeißen“, sagt Gogia. Die restlichen zehn Aufgaben seien allesamt Endspiele, da könne man keine Rücksicht auf alte Bekannte nehmen. „Ich werde alles dafür tun, dass er die Punkte nicht mitnimmt.“
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