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Applaus, Applaus: Michael Parensen (rechts) und der 1. FC Union stehen vor der ersten Bundesliga-Saison.
© Andreas Gora/dpa

1. FC Union in der Bundesliga-Vorschau: Im Berliner Osten viel Neues

Der 1. FC Union hat seinen Kader nach dem Aufstieg massiv aufgerüstet – und träumt nun vom Ligaverbleib und von Siegen gegen Hertha BSC.

Von David Joram

Am 16. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil 1: 1. FC Union Berlin.

Was hat sich verbessert?
Vor allem: die Gegner der Berliner. Das liegt natürlich an der neuen Liga, die Kaliber wie Bayern, Dortmund oder Leipzig bereithält. Die Brausekicker wollen Union schon am ersten Spieltag zeigen, was Bundesliga-Niveau ist. Wer in Köpenick glaubt, mit Relegationsgegner Stuttgart bereits selbiges erlebt zu haben, könnte bald neue Erfahrungswerte sammeln.

Aber nicht nur die Gegner haben sich verbessert, sondern so ziemlich alles: TV-Gelder, Kaderqualität, Kaderquantität, Hauptsponsorenvertrag, Mitgliederzahlen. Zum Stand 30. Juni hat Union 27 785 Mitglieder, ein deutlicher Zuwachs gegenüber Ende 2018 (21 394). Kämen noch etwas über 8000 hinzu, würde Union bald den größten Verein der Stadt stellen – vor einem Fußballklub, der in Charlottenburg und übrigens in derselben Liga spielt.

Wer sind die Neuen?
Es gibt ein Sprichwort, das seit der Relegation ganz gut zu Union passt: Alles neu macht der Mai. Durch den Aufstieg haben sich den Köpenickern plötzlich eine Menge Spieler angeschlossen, die der Verein sonst wohl nicht bekommen hätte. Elf Neue stehen im 34er Kader, sie heißen: Anthony Ujah, Marcus Ingvartsen (beide Sturm), Robert Andrich, Marius Bülter, Sheraldo Becker, Julius Kade, Marius Flecker, Christian Gentner (alle Mittelfeld), Neven Subotic, Keven Schlotterbeck (beide Abwehr) und Moritz Nicolas (Tor).

Laut "transfermarkt.de" hat Union 5,4 Millionen Euro für diese komplette Mannschaft bezahlt. Hinzu kommen etwa zwei Millionen für den aus Augsburg verpflichteten Innenverteidiger Marvin Friedrich. Ob Friedrich auch in der Zweiten Liga bei Union geblieben wäre, weiß niemand. Fest steht, dass die Personalie Christian Gentner erst nach der Relegation interessant wurde. Seine Erfahrung könnte für Union noch wertvoll werden. Mit Gentner und Subotic kommt Unions Kader übrigens auf vier deutsche Meisterschaften.

Wer hat das Sagen?
Irgendjemand muss die vielen neuen Spieler verpflichten, und dieser jemand heißt bei Union: Oliver Ruhnert. Der Manager hat im Sommer so viel gearbeitet, dass er die kommende Saison eigentlich komplett im Urlaub verbringen müsste. Macht er natürlich nicht. Ruhnert sitzt ja noch in Iserlohn im Stadtrat und pfeift Fußballspiele. Außerdem will er vermutlich sehen, wie es seinen neuen Spielern ergeht.

Dafür wiederum ist Trainer Urs Fischer verantwortlich. Der gilt als pragmatisch, praktisch und besser, als es sich viele Union-Fans erträumt haben. Auf Fischers Ruhe, beim Angeln gelernt, vertraut der Klub auch im unruhigeren Gewässer Bundesliga.

Stammtorwart und Hobbymathematiker: Rafal Gikiewicz fordert vier bis sieben Punkte aus den ersten drei Spielen.
Stammtorwart und Hobbymathematiker: Rafal Gikiewicz fordert vier bis sieben Punkte aus den ersten drei Spielen.
© Sebastian Gollnow/dpa

Was erwarten die Fans?
Es gibt ein schönes Lied, das die Fans überall und ständig anstimmen. Es kündet davon, dass sie dem Morgengrauen entgegenfahren und solange alles erleben werden bis sie – tatsächlich – Deutscher Meister sind. Das Lied galt lange Zeit als völlig utopisch. Nun ist die Grundlage, auf der die Träume der Fans verhandelt werden, eine völlig andere. Also: Deutscher Meister und zwei Derbysiege gegen die Charlottenburger, das wär's.

Ich würde mir wünschen, dass die Chance ergriffen wird, ein Feindschafts-Derby á la BVB - S04 zu verhindern und stattdessen ein Fussballfest mit gegenseitigem Respekt und Toleranz abzuhalten. Das wäre mal etwas besonders, das gibt es nämlich nirgendwo.  

schreibt NutzerIn punkt12

Ansonsten hat der Klub den Fans schon viele Wünsche erfüllt: das Derby findet nicht am 9. November statt (wie es manche Herthaner gerne gehabt hätten, Union-Präsident Dirk Zingler aber nicht), die Ticketpreise steigen nicht, das Stadion wird nicht ausgebaut. Dafür bleibt das Weihnachtssingen erhalten. Erstklassige Aussichten.

Was ist in dieser Saison möglich?
Im Morgengrauen alles, zumal die Berliner die direkte Konkurrenz aus Leipzig und Dortmund zuhause früh demütigen können. Wer es realistischer mag, sollte die Rechnung mit Torwart Rafal Gikiewicz machen. Vier bis sieben Punkte fordert er aus den ersten drei Spielen. Hochgerechnet auf 34 Spieltage ergibt dies 45,3 bis 79,3 Punkte. Von der Meisterschaft bis Platz 10 ist also alles möglich. Wer es noch realistischer mag, sollte ein paar unverdiente Niederlagen und viele verdiente Unentschieden einkalkulieren – und landet dann bei Platz 15.

Und sonst?
Gab es da noch diese eine Debatte um den neuen Hauptsponsor, die inzwischen aber längst nicht mehr so heiß ist wie der Berliner Immobilienmarkt.

Nächste Folge: SC Paderborn.

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