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Viele Rote: 35 Spieler zählt Unions Kader aktuell.
© Matthias Koch/dpa

Manager Ruhnert muss verkaufen: Wie Union mit dem großen Kader plant

Unions Manager Oliver Ruhnert hat ein ganzes Fußballteam verpflichtet. Der Kader soll vor Saisonstart jedoch noch schrumpfen.

Oliver Ruhnert wirkt dieser Tage locker und entspannt. Als er am Mittwoch im Trainingslager des 1. FC Union in Oberösterreich ankam, trug der Manager ein breites Lächeln. Als es während der Nachmittagseinheit eine Pause gab, begrüßte er alle Spieler persönlich. Ruhnert pflegt einen guten Draht zu den Sportlern. Neuzugang Julius Kade von Hertha BSC ließ es auch ohne Murren über sich ergehen, von Ruhnert mit dem Knie einen freundschaftlichen Tritt in den Hintern zu bekommen. Beim neuen Fußball-Bundesligisten können sie derzeit ganz entspannt sein – weil Ruhnert seine Arbeit pflichtgemäß erledigt hat. Oder, wie manche in der Branche spötteln: übereifrig.

Am 2. September endet erst die Transferperiode, doch wenn man den vom FC Augsburg zurückgekauften Innenverteidiger Marvin Friedrich dazuzählt, hat Ruhnert schon zwölf Neuerwerbungen getätigt. „Im letzten Jahr waren wir zur selben Zeit auch sehr weit. Ich verlasse mich nicht gern auf Zufälle. Wir haben mit unserer Scouting-Abteilung die ganze Saison über das Ziel, uns sinnvoll zu ergänzen“, sagt er. „Wir waren uns recht früh darüber einig, was wir machen würden. Es sind gewollte Verpflichtungen, die vorbereitet waren.“

An Urlaub denkt Ruhnert aber noch lange nicht. Auf dem Trainingsplatz in Windischgarsten, wo sich der Kader seit Montag auf die neue Saison vorbereitet, telefoniert er ständig; gut, dass eines seiner beiden Mobiltelefone neu ist und nicht ständig aufgeladen werden muss. „Ich kann nicht verhehlen, dass das diesjährige Transferfenster sehr stressig war“, erklärt Ruhnert. Und ein paar Fragen muss er bis zum Saisonstart am 18. August gegen RB Leipzig durchaus noch beantworten.

Viele Fans fragen sich, wie Union mit so einem großen Kader plant. Offiziell stehen aktuell 35 Akteure unter Vertrag. Verteidiger Lennard Maloney und Mittelfeldmann Cihan Kahraman sind derzeit auf Vereinssuche und nicht vor Ort. Sie sollen zumindest ausgeliehen werden. Bleiben trotzdem noch 33 Profis, die in Österreich fleißig mitarbeiten, auch wenn Torwart Jakob Busk (schmerzhafte Fußprellung), Innenverteidiger Florian Hübner (muskuläre Probleme) und Abwehr-Neuzugang Neven Subotic (Trainingsrückstand) derzeit kürzer treten müssen. 33 Spieler, damit könnte Union drei Mannschaften bestücken.

Ruhnert weiß, dass er handeln muss. „Ziel ist es, dass wir am Ende einen Kader haben, der eine Größe von 27, 28 Spielern umfasst. Wenn wir darauf kommen, ist es gut. Wenn nicht, werden wir auch damit leben“, sagt er.

Großhändler: Unions Manager Oliver Ruhnert hatte im Sommer viel zu tun.
Großhändler: Unions Manager Oliver Ruhnert hatte im Sommer viel zu tun.
© Britta Pedersen/dpa

Im Training teilen Trainer Urs Fischer und sein Assistent Markus Hoffmann die große Gruppe oft auf, um allen Spielern ausreichend Bewegung und Ballberührungen zu ermöglichen. Seit Donnerstag darf sich das Trainerteam auch um Suleiman Abdullahi kümmern. Der Stürmer, der in seiner Heimat Nigeria mit Passproblemen zu kämpfen hatte, stieß nun endlich seinen Mitspielern.

Trotz des Überangebots will Union auch vor seiner ersten Bundesligasaison keinen Spieler wegschicken, der nicht wechselwillig ist. Ähnlich war man in der Aufstiegssaison verfahren, als beispielsweise die Verteidiger Fabian Schönheim und Marc Torrejon sowie Mittelfeldmann Eroll Zejnullahu keine Perspektive hatten und und dennoch bleiben durften.

Eine besondere Situation

Für Union sei die Kaderverkleinerung also keinesfalls so anstrengend wie die Vergrößerung mit prominenten Neuverpflichtungen wie Subotic, Christian Gentner oder Anthony Ujah, betont Ruhnert. „Wir sind in der besonderen Situation, dass wir aufgestiegen sind. Am Ende des Tages hat jeder der Jungs, die aufgestiegen sind, für den Verein, für den Trainer und mich eine gewisse Bedeutung. Weil sie uns ganz entscheidend geholfen haben“, sagt er. Erst müssten sich die Spieler entscheiden. „Wenn ein Spieler der Meinung ist, dass es bessere Möglichkeiten für ihn gibt, muss man darüber sprechen“, findet Ruhnert.

Für den Manager ist Zeit ein wertvolles Gut. In Iserlohn führt er die Linkspartei als Fraktionsvorsitzender im Stadtrat an, nebenbei steht er noch als Schiedsrichter auf dem Platz. „Es ist ein bisschen Spaß und Sport. Wenn ich zu Hause bin, lasse ich mich als Schiedsrichter ansetzen. Die zehn Spiele zur Verlängerung der Lizenz habe ich oft schon im Halbjahr voll“, sagt Ruhnert, „und wenn ich Politik im Heimatort mache, ist das für mich auch Entspannung.“ Es sei jedenfalls ein Vorteil, „wenn man gezwungen wird, über andere Perspektiven nachzudenken. Das ist in vielen Gesprächen mit Spielern äußerst hilfreich.“ Man könne sich dann auch mal über andere Dinge unterhalten, sagt Ruhnert. In diesem Sommer haben ihm offenbar einige Fußballer gern zugehört.

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