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Wo ist das Loch, in dem ich verschwinden kann? Herthas Marko Grujic nach dem Spiel.
© imago images/Contrast

Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“: Hertha, hier hört der Spaß auf!

Beim 0:5 gegen den 1. FC Köln entsteht bei unserem Kolumnisten der Eindruck, als wolle ihm Hertha BSC beweisen, dass Humor auch an seine Grenzen stoßen kann.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jede Woche über die Fußball-Bundesliga.

Ich bin immer der festen Überzeugung gewesen, mit Ironie, Humor und einer kleinen Prise Distanz lassen sich die schwierigen Dinge des Lebens leichter ertragen. Vor allem wenn sie letztlich so unwichtig sind, wie es der Fußball ist. Insofern versteht sich diese Glosse ein bisschen als eine Art satirischer Blitzableiter für die immer etwas leicht geschundene Hertha-Seele.

Trotzdem muss ich ehrlich eingestehen, beim Betrachten des Heimspiels vom Sonnabend entstand bei mir der Eindruck, als wolle mir meine Mannschaft beweisen, dass Humor auch an seine Grenzen stoßen kann. Als wolle sie mir zeigen: Guck mal, hier hört der Spaß auf! Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass Hertha in dieser Saison von allen 18 Bundesliga-Mannschaften den unattraktivsten Fußball bietet. Man kann sich am Spiel nicht erfreuen, man kann es hin und wieder an den Ergebnissen. Aber auch nicht so oft. Selten hat eine Mannschaft mit so vielen teuren Akteuren einen so schlechten Fußball gespielt. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt überhaupt nicht.

Manche Experten sagen, die Mannschaft sei falsch zusammengestellt. Das mag schon sein. Aber das allein erklärt nicht das, was sich da Woche für Woche auf dem Platz abspielt. Um mal etwas Positives zu sagen: Eines muss man Hertha lassen. Es ist immer was los! Die Überraschungen reißen nicht ab. Während man in der Woche noch diskutierte, ob die neue Spielarena vielleicht doch 90.000 Sitzplätze umfassen sollte, bot man nun eine sportliche Leistung, die wohl niemand für möglich gehalten hatte.

Es kann nicht sein, dass der höchste Verantwortliche sagt: „Ich sage besser nichts“

So etwas hat man wirklich lange nicht gesehen. Schon unter der „Mikro-Ära Klinsmann“ war der Fußball schauderhaft. Aber wenigstens die Ergebnisse waren okay. Man könnte nun argumentieren mit einem Sieg und einer Niederlage ist Trainer Nouri auch im Soll. Aber das würde dem Spiel gegen Köln nicht gerecht werden. Hier ist irgendeine Grenze überschritten worden und gerne hätte ich auch vom Manager etwas dazu gehört. Hier schließe ich mich dem Kollegen Rosentritt an.

Es kann nicht sein, dass der höchste Verantwortliche sagt: „Ich sage besser nichts“. Nach so einem Spiel? Nichts? Nur interne Aufarbeitung? Und was sollen die 45.000 zahlenden Zuschauer nach Hause nehmen? Übungsleiter Nouri erklärte nach dem Spiel, man habe ein Zeichen setzen wollen, aber das sei nicht gelungen. Nach meiner Einschätzung irrt der Trainer da gewaltig. Ganz im Gegenteil, man hat ein Zeichen gesetzt. Ein sehr deutliches sogar. Die Frage ist nur – wofür?

Frank Lüdecke

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