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Ratlos. Der Berliner Trainer Ante Covic erlebte einen unglücklichen Samstag.
© Thomas Frey/dpa

Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“: Hertha BSC und Ante Comic

In Berlin kannst Du alles sein – vor allem erfolglos. Aber im Fall von Hertha BSC lässt sich daraus ein erstaunlicher Mehrwert ableiten.

Haben Sie es bemerkt? Es ist in den letzten Tagen kühler geworden, und es scheint, als würde sich der Herbst ankündigen. Der Herbst macht bisweilen melancholisch und schon sind wir bei Hertha BSC. Lassen wir mal das Ergebnis vom Wochenende beiseite. Und betrachten die Situation allgemeiner. Oft war bei den Charlottenburgern von einem Übergang die Rede. Einer Übergangssaison. Einem Neustart. Später sprach man von der Zukunft, die Berlin gehöre. Irgendwann jedenfalls. Man sprach von der eigenen DNA. Und vielem mehr. Es waren vor allem eines: Begriffe.

Irgendwie haperte es neben mannigfaltigen theoretischen Überlegungen immer wieder an deren praktischer Umsetzung. Ich habe keine Ahnung, woran das liegt. In Berlin kannst du alles sein. Vor allem erfolglos. Als Zehnjähriger hingen an meiner Wand Fotos von Fußballspielern. Ich kann mich ich sehr genau erinnern. Sie hiessen Kleff, Bonhof, Wimmer, Netzer, Heynckes und le Fevre. Es waren Spieler von Borussia Mönchengladbach. Obwohl ich Anhänger vor Hertha BSC war.

Das hing möglicherweise mit einem Offenbacher Gemüsehändler zusammen, der Spieler meiner Mannschaft bestochen hatte, die dann aber das Geld von der gegnerischen Mannschaft nahmen und letztlich vom DFB gesperrt wurden. Komplizierte Geschichte. Mit Hertha war es nie ganz einfach. Die Dinge nahmen leider oft einen anderen Verlauf, als man sich eigentlich erhofft hatte. Erinnern Sie sich noch, worüber man vor knapp drei Monaten sprach? Vom größten Finanzdeal der Bundesliga!

Ein etwas windiger Unternehmer war millionenschwer bei Hertha BSC eingestiegen. Als Wochen später mit Lukebakio der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte getätigt wurde, ging es nun um die Frage: Euro League? Oder schon Königsklasse? Die Antwort lautet: Weder noch. Der größte Finanzdeal der Bundesliga reichte für den schlechtesten Saisonstart seit 29 Jahren. Es reichte für den letzten Tabellenplatz. Keine Mannschaft ist schlechter.

Das hat eine gewisse Komik. Wenn die Realität die Erwartungen so düpiert. Vielleicht ist das ein kleiner Mehrwert, den wir als Anhänger dieses Vereins mitnehmen können, über all die Jahre. Dass wir gelernt haben, den Blick auf die Komik des Lebens zu richten. Seine Pointen. Und sei es nur im Sport.

Der etwas melancholische Duktus dieser Glosse deutet allerdings an, dass ich an diese Hilfskonstruktion auch nur begrenzt glaube. Ich kam auf all diese Überlegungen durch einen merkwürdigen Zufall: Die Autokorrektur meines Computers machte aus „Ante Covic“ wiederholt „Ante Comic“. Aber das muss nichts heißen.

Frank Lüdecke

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