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Die ersten 125 Millionen hat Hertha-Investor Lars Windhorst bereits überwiesen.
© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Ein Klub will nach oben: Was Investor Windhorst bei Hertha bewirken kann

Der Einstieg des Investors Windhorst bei Hertha BSC weckt Befürchtungen und Erwartungen. Was ist jetzt möglich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Hertha BSC musste sich immer mit einem Problem herumschlagen: Anspruch und Wirklichkeit lagen meist so weit auseinander wie Berlin-Charlottenburg und Berlin-Köpenick. Schon in den 90er Jahren sah sich der Fußball-Bundesligist selbst als „Hauptstadtverein“ und konnte diesem Status nie wirklich gerecht werden. Jetzt scheint mit dem Geld von Investor Lars Windhorst der große Sprung möglich zu werden. Insgesamt will er mit seiner Beteiligungsgesellschaft Tennor in den nächsten Jahren 225 Millionen Euro in den Verein pumpen und dafür am Ende 49,9 Prozent an der Profiabteilung halten. Die ersten 125 Millionen hat Windhorst bereits überwiesen.

Wie reagieren Herthas Fans?

Das Thema wird natürlich groß diskutiert. Im „Fanforum Hertha BSC“ beispielsweise sind in den 24 Stunden nach der Bekanntgabe am Donnerstag mehr als 150 Beiträge geschrieben worden. Die Bandbreite reicht von verhaltener und zum Teil auch größerer Freude über das unverhoffte „frische Geld“ bis zu düstersten Pleite-Szenarien. Letztere sind jedoch deutlich in der Minderheit. Viele Fans im Forum stehen dem Investor kritisch gegenüber. Tenor: Einem Verein, der sich darauf einlässt, muss es ziemlich schlecht gehen. Henry Cieslarczyk besucht seit mehr als 20 Jahren Spiele von Hertha BSC. Er beschäftigt sich seit drei Jahren im Podcast „Damenwahl“ mit dem Klub und bewertet den Einstieg von Windhorst im Gespräch mit dem Tagesspiegel positiv: „Ich sehe die Möglichkeiten, die sich für Hertha daraus ergeben. Und ich habe volles Vertrauen in die handelnden Personen, dass das Geld klug eingesetzt wird.“ Cieslarczyk wünscht sich, dass weniger in neue Spieler und mehr in den Aufbau von dauerhaften Strukturen investiert wird: „Damit der Verein nicht in fünf Jahren wieder sehr hohe Schulden hat.“

Warum war das Investment überhaupt nötig?

Hertha hat sich wieder einmal in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden. Als das im Januar 2014 schon einmal der Fall war, stieg der US-amerikanische Finanzinvestors Kohlberg Kravis Roberts (KKR) ein. Mit den 61 Millionen Euro konnte Hertha überleben, sanieren konnte sich der Verein aber nicht. Im vergangenen Herbst brachte Hertha rund 71 Millionen Euro auf, um die Anteile von KKR zurückzukaufen. Das Geld dafür ist aber ausschließlich fremdfinanziert – durch eine 40-Millionen-Euro-Anleihe, künftige Sponsoreneinnahmen und einen Bankkredit. So war der KKR-Einstieg letztlich eine Rettung auf Zeit. Anders als der Deal mit KKR, der auf sieben Jahre angelegt war, gilt die neue Partnerschaft auf unbegrenzte Zeit. Solange der neue Partner dabei bleibt, ist alles gut. Doch falls Windhorst aussteigen sollte, stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Trotzdem scheint der Einstieg eines Investors in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage der Berliner alternativlos zu sein. Hertha hatte vor dem Einstieg Windhorsts deutlich mehr Verbindlichkeiten als Vermögen, weil die Ausgaben fast immer die Einnahmen übersteigen. Insider rechnen mit Schulden in Höhe von rund 110 Millionen Euro. Dem Vernehmen nach will der Klub mit dem Geld auch Teile der Verbindlichkeiten zurückzahlen und möglicherweise die Anleihe auflösen.

Herthas Manager Michael Preetz hat nun neue Möglichkeiten sein Team zu verstärken.
Herthas Manager Michael Preetz hat nun neue Möglichkeiten sein Team zu verstärken.
© imago images / Sven Simon

Was will Hertha BSC sonst noch mit dem Geld bewirken?

Ein Großteil der Millionen soll in die Mannschaft investiert werden. Dass deswegen Superstars wie Lionel Messi oder Neymar nach Berlin kommen, ist aber unrealistisch. Sie kosten alleine schon mehr als 125 Millionen Euro. Hertha möchte unter dem neuen Cheftrainer Ante Covic eher ein insgesamt stärkeres Team formen mit Führungsspielern, die ohne das neue Investment nicht zu holen gewesen wären. Dabei wollen die Berliner aber auch die eigene, sehr gute Nachwuchsarbeit weiterhin nicht vernachlässigen. Realistisch sind künftig Transfers in Höhe von etwa 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Meister Bayern München kaufte in diesem Sommer zwei Verteidiger (Lucas Hernandez und Benjamin Pavard) für insgesamt 115 Millionen Euro.

Steigen jetzt auch die Chancen auf ein neues Stadion?

Der Deal hat mit dem von Hertha gewünschten Stadionneubau nichts zu tun. Die Arena, die der Klub gerne bis 2025 auf dem Olympiagelände errichten würde, soll gesondert privat finanziert werden. Obwohl Hertha versichert hat, den Bau komplett ohne staatliche Gelder hochzuziehen, zögert der Senat. Wenn sich der Verein jetzt aber sportlich steigert und ein größeres Interesse weckt, könnte sich auch das eventuell ändern. Begeistert über den Deal mit Lars Windhorst zeigte sich jedenfalls schon mal der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD): „Es freut mich für den Berliner Erstligisten, der sich weiterentwickeln möchte, und es ist wichtig für die Sportmetropole Berlin.“

Welchen Einfluss hat der Investor?

Darüber kann trefflich gestritten werden. „Mit der Aufnahme zusätzlichen Kapitals geht der Verlust von Unabhängigkeit einher“, sagt etwa Sportökonom Albert Galli von Ostfalia Hochschule Salzgitter. Tatsächlich bekommt der neue strategische Partner zwei Sitze im Aufsichtsrat der Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), also nicht im Aufsichtsrat des Vereins. Der Aufsichtsrat der KGaA besteht derzeit aus neun Mitgliedern, KKR hatte auch zwei Sitze. Einfluss auf die sportlichen Entscheidungen wird der neue Investor nicht nehmen, das betont Hertha. Windhorst geht es darum, Geld zu verdienen. Er geht also davon aus, dass der Marktwert des Klubs sich weiter erhöht. Zum Zeitpunkt des KKR-Einstiegs betrug dieser rund 220 Millionen, jetzt sind es rund 330 Millionen.

Schon in den vergangenen Jahren sind die Erträge immer weiter gestiegen, was aber nicht nur an Hertha selbst lag, sondern auch an den gewaltigen Einnahmen der Deutschen Fußball-Liga aus der nationalen und internationalen TV-Vermarktung. Allein in der kommenden Spielzeit werden die Berliner daraus 68 Millionen Euro einnehmen.

Wird Hertha ein echter Konkurrent für die Bayern?

So weit ist es noch lange nicht. Auch wenn Investor Lars Windhorst Hertha nach eigener Aussage zu einem „echten Big City Club“ machen will, wie es ihn in anderen europäischen Hauptstädten gibt, sind die Berliner weit davon entfernt, langfristig mit dem Rekordmeister aus München oder Borussia Dortmund mithalten zu können. Herthas Manager Michael Preetz redet schon länger davon, dass er mittelfristig um die internationalen Plätze mitspielen möchte. Das ist mit den richtigen Transfers und einer klugen sportlichen Ausrichtung jetzt sicherlich auch möglich. Sollte Hertha dann tatsächlich irgendwann regelmäßig international spielen und von diesen Einnahmen profitieren, ist auch in der Bundesliga mehr möglich. „Wenn alles vertraglich sauber geregelt wird, ist der Einstieg eines Investors sicherlich eine Chance für Hertha, aber auch für die Bundesliga“, sagt auch Sportökonom Albert Galli. „Langweilige Meisterschaftsrennen gab es die letzten Jahre genug. Vielleicht sorgen demnächst auch die Blau-Weißen für Spannung im Titelrennen.“

Mitarbeit: sfb

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