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Einzelunterricht. Kevin Prince Boateng blickt auf die Taktiktafel und wird von Co-Trainer Admir Hamzagic eingewiesen. Im Trainingslager wurde viel im taktischen Bereich gearbeitet.
© Koch/Imago

Vor dem Saisonstart: Hertha BSC ringt um Beständigkeit

Für Hertha BSC endet das Trainingslager in Österreich auch mit der Erkenntnis, dass es dem Kader noch an Tiefe fehlt.

Bei Eckbällen für Hertha BSC konnte sich der Gegner in der vergangenen Saison recht sicher sein, dass nicht viel passiert. 152 Mal trat ein Spieler des Berliner Fußball-Bundesligisten den Ball auf diese Art Richtung Tor – daraus resultierten genau null Treffer. Am Samstagnachmittag traf Niklas Stark mit dem Kopf nach einer Ecke von Marvin Plattenhardt zum 3:0 für Hertha gegen Gaziantep FK.

Da das Testspiel wenig später nach nicht einmal einer Stunde wegen eines Unwetters sein vorzeitiges Ende fand, war Starks Tor die letzte Aktion des Trainingslagers. Am Sonntag reiste Hertha nach Berlin zurück. „Jetzt brauchen wir noch ein Tor nach einer Ecke in der Bundesliga, damit die Statistik weg ist“, sagte Trainer Pal Dardai. „Aber das war gut, das haben wir geübt im Training.“

An den Tagen der vorigen Woche hatte es einige Anläufe gebraucht, bis eine Ecke gefährlich vor das Tor kam. Dann war es ebenfalls Stark, der als erster einköpfte. Hertha BSC macht also in dieser zuletzt so unerfreulich verlaufenen Disziplin Fortschritte. Was im Kleinen gilt, trifft auch auf das Größere zu: Zum Ende der Vorbereitung deutet einiges darauf hin, dass es in die richtige Richtung geht.

In Leogang legte Dardai viel Wert auf taktische Dinge. In der Theorie, aufgezeichnet an der Tafel, und in der Praxis. Dardai oder seine Co-Trainer Andreas Neuendorf und Admir Hamzagic unterbrachen immer wieder und erklärten, was anders laufen muss. „Abstände umstellen, Dinge zeigen, Analysen machen, das brauchst du“, hatte Dardai unter der Woche über die zahlreichen Korrekturen während der Einheiten gesagt: „Fehler dürfen passieren. Bei einem Fehler kann es jedoch nicht die Antwort sein, mit dem Fehler weiterzuspielen.“

Bei den drei Testspielen in Österreich – insgesamt blieb Hertha in der ganzen Vorbereitung ungeschlagen – taten sich einige Hindernisse auf. Unwetter mitsamt Abbruch gegen Gaziantep, ein um 50 Minuten verspäteter Beginn gegen Al-Hilal Riad, weil der Gegner im Verkehrsstau stand. Aber wenn der Ball rollte, sah es ansehnlich aus, was Dardais Mannschaft anbot.

Das 4:3 gegen Liverpool war beachtlich – und könnte Hertha einen Schub geben

Das galt besonders für das Spiel gegen den FC Liverpool. Zwar wird das 4:3 in Innsbruck in Zukunft nur eine Fußnote dieser Vorbereitung sein, beachtlich war es allemal. „Das war ein schöner Abend und wird einen Extraschub geben“, sagte Sportgeschäftsführer Fredi Bobic. Vor anderthalb Wochen hatte sich Dardai nach dem 1:1 gegen den Regionalligisten VfB Lübeck besorgt geäußert. Nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der personellen Probleme im Kader. Nach dem Sieg gegen Liverpool sprach er von einem „ordentlichen Kader“, sah zwölf bis 14 Spieler auf Bundesliganiveau. Die erweitere Stammelf besitzt viel Qualität. Vor allem Neuzugang Suat Serdar hob Dardai mehrmals lobend hervor.

In Österreich hat auch Dodi Lukebakio ansteigende Form gezeigt. Sowohl gegen Liverpool als auch gegen Gaziantep zeigte er eine starke Leistung. „Er macht das gerade richtig gut. Ich hoffe, die Gehirnwäsche hat funktioniert“, sagt Dardai schmunzelnd. Der Coach ließ durchblicken, dass dem Stürmer von mehreren Seiten eindringlich ins Gewissen geredet worden ist. Lukebakio, einst für 20 Millionen Euro geholt, ist einer der Spieler, von denen sich Hertha bei einem passenden Angebot trennen würde. Dardai hatte Lukebakio zuletzt öffentlich kritisiert. Nun sagt er: „Der Verein hat in ihn investiert. Wenn er so spielt wie derzeit: herzlich Willkommen. Wenn nicht, haben wir Probleme.“

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In der vorigen Saison war in Herthas Spiel nur eines beständig: die Unbeständigkeit. Dardai ist optimistisch, endlich Konstanz reinzubringen: „Wir wollen uns nicht nach dem Gegner richten, sondern eine eigene Spielweise haben.“

Ein Problem ist weiterhin die fehlende Tiefe im Kader. Der nach dem Abgang von Stürmer Jhon Cordoba verpflichtete Offensivspieler Stevan Jovetic hat insbesondere im Spiel gegen Liverpool angedeutet, dass er eine große Verstärkung sein kann. Weil er torgefährlich ist und auf mehreren Positionen eingesetzt werden kann. Trotzdem sind weitere Transfers nötig, vor allem auf den Flügeln.

Zudem ist die lange Abstinenz mehrerer Spieler durch die EM und Olympia äußerst nachteilig. „Wenn alle zurück sind, müssen wir über den Laptop die Dinge nochmal zeigen. Es wird praktisch die Vorbereitung Nummer zwei“, sagt Dardai. Am Montag haben die Spieler frei, am Dienstag werden sie individuell laufen. Am Mittwoch beginnt die letzte Phase der Vorbereitung auf den Pflichtspielstart am Sonntag im DFB-Pokal beim SV Meppen. Auch Elfmeterschießen wurde in Leogang trainiert.

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