Hertha-Manager Bobic schimpft über Corona-Maßnahmen: „Bin ich im falschen Film? Müssen wir juristisch vorgehen?“
Herthas Sportgeschäftsführer Fredi Bobic übt harsche Kritik an den Maximalgrenzen bei den Zuschauern - gerade mit Blick auf England.
In knapp 14 Tagen beginnt die Fußball-Bundesliga. Noch eine Woche früher der DFB-Pokal. Das ist normalerweise ein Zeitpunkt, an dem die Freude auf das steigt, was bald kommt. Bei den Fans, aber auch bei den Verantwortlichen der Vereine. Endlich geht es wieder los!
Doch Fredi Bobic, Sportgeschäftsführer von Hertha BSC, sagte am Freitag in einer Medienrunde im Trainingslager in Leogang: „Die Freude auf die Bundesliga ist bei mir persönlich noch nicht so groß.“ Und zwar nicht, weil „der Transfermarkt immer noch sehr träge“ daherkommt, wie Bobic sagt.
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Es ist ein anderes Thema, das Bobic verärgert. Eines, über das schon lange und auch aktuell wieder kontrovers diskutiert wird: die Zahl der zugelassenen Zuschauer in den Stadien. „Die Gesundheitsämter sagen: Ihr habt Superkonzepte, ihr könnt zum Beispiel das Olympiastadion zu 50 oder 60 Prozent vollmachen, wenn ihr alle Vorgaben einhaltet. Aber die Politik sagt: Ihr dürft das nicht.“
Die aktuelle Höchstgrenze für Zuschauer in den Stadien liegt bei 25 000. Darauf haben sich die Senats- und Staatskanzleien der Länder Anfang Juli geeinigt. In den großen Stadien, zu denen eben auch das Berliner Olympiastadion gehört, wäre die Auslastung damit auf maximal etwa ein Drittel gedeckelt.
Solche Regelungen seien „Wasser auf die Mühlen von jedem, der sich nicht impfen lassen möchte“, findet Bobic. Viele Menschen hätten sich impfen lassen: „Wir wollen doch keine Sonderrechte. Wir wollen nur normale Rechte.“ Am Rande des Testspiels gegen den FC Liverpool am Donnerstag hat sich Bobic lange mit Liverpools Trainer Jürgen Klopp unterhalten. Daher führt er nun England als Beispiel an: „Dort liegt die Inzidenz um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Und die Stadionauslastung soll bei 75 Prozent liegen.“
Bezogen auf die Regeln in Deutschland frage er sich daher: „Bin ich im falschen Film? Müssen wir juristisch vorgehen? Muss das sein? Aber es ist so, dass wir wahrscheinlich in der Liga und auch mit anderen Verbänden diesen Weg gehen müssen.“
Der Fortgang in dieser Thematik ist völlig offen. Für den Fußball, für andere Sportarten. „Das bereitet uns Kopfschmerzen“, sagt der 49-Jährige. Deswegen sei die „Strategie der etwas ruhigeren Art“ bei Transfers genau richtig. „Wir müssen schauen, dass wir unsere Liquidität behalten, unseren Kader und die Mitarbeiter bezahlen können.“
In Sachen Transfers könnte es bald Bewegung geben
In Sachen Transfers „haben wir in allen Richtungen viel angeschoben“, sagt Bobic. Für den Bundesligisten ist es aber wegen des ruhigen Transfermarktes schwer, die Vorstellungen zu verwirklichen. Vor allem offensiv wird intensiv nach Verstärkungen geschaut. In dieser Woche gab es bei einer weiteren Personalie nach den langen feststehenden Transfers von Suat Serdar und Kevin-Prince Boateng Vollzug: Stevan Jovetic – vereinslos, davor bei der AS Monaco – kam ablösefrei.
Auch in Sachen Abgänge könnte es bald Bewegung geben. Allerdings bei einem Spieler, den Hertha eigentlich gar nicht abgeben will: Die „Bild“-Zeitung hat den Wechsel des Ausnahmetalents Luca Netz zu Borussia Mönchengladbach bereits als fix vermeldet. Das bestätigte Bobic nicht, sagte aber: „Es geht in die Richtung.“ Der Verein habe alles versucht, den Vertag des 18-Jährigen so anzupassen, „wie es sich für einen jungen Burschen in seinem Alter gehört“. Eine Einigung sei nicht zustande gekommen: „Irgendwann ist dann eine Grenze erreicht.“
Zudem bestätigte Bobic das Interesse an Jurgen Ekkelenkamp. Der Mittelfeldspieler ist 21 Jahre alt und steht derzeit bei Ajax Amsterdam unter Vertrag: „Wir wägen ab, was möglich ist.“ Zuletzt hatte es außerdem geheißen, Feyenoord Rotterdam mache sich Hoffnungen, Herthas Offensivspieler Javairo Dilrosun ausleihen zu können. Die Tür sei angelehnt, hatte Feyenoords Sportdirektor Frank Arnesen dazu gesagt. Bobic erwiderte nun: „Diese Tür habe ich noch nicht gefunden.“ Bei Hertha BSC habe sich in dieser Abgelegenheit niemand gemeldet.
Keinen neuen Stand gäbe es bei Jerome Boateng. Da könne man nur abwarten, hat Bobic zuletzt gesagt. Der vereinslose Innenverteidiger wird vor allem mit dem spanischen Erstligisten FC Sevilla in Verbindung gebracht. Und bei Herthas Kapitän Dedryck Boyata stehen die Zeichen auf Vertragsverlängerung. Dann wäre der Verein auf dieser Position ohnehin sehr gut besetzt. Unabhängig von allen möglicherweise noch stattfindenden Transfers findet Bobic: „Wir sind in der Vorbereitung auf einem guten Weg.“