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Nur gemeinsam geht's. In Mainz überzeugte Hertha durch mannschaftliche Geschlossenheit.
© dpa

Erfolgreicher Re-Start nach der Quarantäne: Hertha BSC beruhigt sich

Vor dem Re-Start von Hertha BSC nach zwei Wochen Quarantäne gab es viele offene Fragen. Die Antworten fielen beim 1:1 gegen Mainz erstaunlich positiv aus.

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Und dass Hertha BSC gerade besondere, weil besonders schwierige, Zeiten durchmacht, das wird wohl niemand bestreiten. Also tat Pal Dardai, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, am Montagabend etwas, was er nach eigener Aussage sonst nie tut.

Nach dem Schlusspfiff des Nachholspiels in Mainz versammelte er seine Mannschaft noch auf dem Platz um sich, um ein paar Worte an sie zu richten. Es waren Worte des Lobes. „Wir sind einfach zufrieden“, sagte Dardai. „Alle haben Respekt verdient.“

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Seit Montagabend, seit dem 1:1-Unentschieden in Mainz, ist die Situation für Hertha zumindest ein bisschen weniger schwierig. Auf den ersten Blick hat sich für die Berliner im Abstiegskampf nicht allzu viel verändert. Die Mannschaft belegt in der Tabelle weiterhin den vorletzten Platz. Bei genauerem Hinsehen aber lassen sich durchaus relevante Unterschiede erkennen.

Hertha ist wieder dran. Bereits am Donnerstag – mit einem Sieg gegen den SC Freiburg im zweiten von insgesamt drei Nachholspielen – kann die Mannschaft die Abstiegszone verlassen und sogar auf Platz 14 springen. Das hieße auch: Die Berliner gingen dann am Sonntag nicht als Jäger, der unbedingt gewinnen muss, in das Duell mit dem direkten Konkurrenten Arminia Bielefeld. Sie wären dann schon wieder der Gejagte, während der größere Druck bei den Bielefeldern läge.

Ja, das ist natürlich die maximal optimistische Sicht auf die Dinge. Aber genau die hat Hertha in den vergangenen Wochen immer eingenommen. Im Unterschied zu vielen Zweiflern und Skeptikern im Umfeld. Und trotzdem hat die Ungewissheit am Montag in Mainz natürlich mitgespielt.

Die Mannschaft überzeugte als Mannschaft

Wie würde die Mannschaft nach zwei Wochen in Quarantäne den Wiedereinstieg in den Berufsalltag meistern? Wie sehr leidet das Ballgefühl, wenn man in den eigenen vier Wänden nur auf dem Band laufen kann? Wie sieht es mit der körperlichen Fitness aus, wenn im Spiel plötzlich ganz andere Belastungen hinzukommen? Und kann nach 14 Tagen Individualtraining wirklich schon wieder eine Mannschaft auf dem Platz stehen?

Auf all diese Fragen gab es am Montag erste und durchaus zufriedenstellende Antworten. „Die Anfangsphase war schwierig, aber die haben wir überlebt“, sagte Trainer Dardai. Seine Mannschaft wirkte zu Beginn in der Tat ein wenig orientierungslos, Herthas Spielaufbau fahrig und wenig strukturiert. „Die Koordination ist das Schwierigste, wenn du aus dem Wohnzimmer kommst“, sagte der Ungar. „Das haben wir auch im Training gesehen.“

Die Mainzer hatten diese Schwierigkeiten offenbar erwartet. Jedenfalls versuchten sie das Gefühl einer gewissen Überforderung bei ihrem Gegner noch zu verschärfen, indem sie ihn permanent unter Druck setzten. Mit etwas Glück überstanden die Berliner diese Phase, in der Mainz drei hundertprozentige Chancen ungenutzt ließ. In der Folge aber fand Hertha besser ins Spiel. „Der Plan ist aufgegangen. Wir haben uns reingebissen“, sagte Dardai. „Du hast den Willen gesehen.“

Unter erschwerten Bedingungen zeigte die Mannschaft eine Qualität, die sie in dieser Saison nicht immer gezeigt hat: Sie funktionierte als Mannschaft. „Es geht nur, wenn du merkst, da steht eine Familie auf dem Platz“, sagte Herthas Mittelfeldspieler Sami Khedira. „Ich glaube, dass wir das nicht immer hatten.“ Viel Talent, aber auch viel Ego – das war Hertha in dieser Saison. Gegen Mainz überzeugte das Team durch Gemeinsinn und Geschlossenheit und hielt anders als in manch anderen Spielen dadurch auch dem Druck stand. „Das Spiel hat gezeigt, dass nicht alles rund läuft, aber dass wir kämpfen und als Team auf dem Platz stehen“, sagte Khedira.

Die Fitness bereitete Hertha keine Probleme

Und es hat gezeigt, dass die Mannschaft offenbar über die nötige Fitness verfügt, um das anspruchsvolle Programm mit fünf Spielen in 13 Tagen zu bewältigen. „Wir haben das Maximale rausgeholt“, sagte Dardai über die Möglichkeiten des Homeschoolings. Ein körperlicher Einbruch war in Mainz nicht zu erkennen. Hertha blieb bis zum Schluss ein gleichwertiger Gegner, war in der zweiten Halbzeit sogar das bessere Team mit den besseren Chancen.

In der Pause hatte Dardai die Positionierung seiner beiden Stürmer etwas korrigiert und dadurch mehr Kompaktheit hergestellt. Zudem machte er – wie bereits in den Tagen der Quarantäne angekündigt – von all seinen fünf Wechseloptionen Gebrauch, um die Belastung möglichst gleichmäßig zu verteilen. Denn so wie es für den Wiedereinstieg in den Spielbetrieb nach 14 Tagen Quarantäne keine Erfahrungswerte gab, so gibt es eben auch keine Erfahrungswerte, was passiert, wenn man nach 14 Tagen Quarantäne in kurzer Zeit viele Spiel hintereinander bestreiten muss.

Wie schnell und wie gut regenerieren die Spieler? Steigt die Verletzungsanfälligkeit? Das sind die nächsten Fragen, die es zu beantworten gilt. „Wenn du aus dem Nichts kommst, kannst du richtig fighten. Aber das ist wieder eine neue Situation“, sagte Dardai. „Jetzt sind wir gefragt: der Trainerstab und die Physios.“

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