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Die Visualisierung zeigt das geplante Olympiastadion auf dem Kleinen Grasbrook für die Olympischen Spiele 2024 in Hamburg.
© dpa

Olympische Sommerspiele 2024: Feilschen um Hamburgs Olympia-Pläne

Hamburg will die Olympischen Spiele 2024 zu großen Teilen vom Bund finanzieren lassen. Der sträubt sich bisher - und könnte die Bewerbung damit noch kippen.

Wenn die Hamburger an diesem Sonntag per Referendum abstimmen, ob sich ihre Stadt für die Olympischen Spiele 2024 bewerben soll, könnte die entscheidende Frage immer noch nicht geklärt sein: Was zahlt der Bund für das Milliarden-Spektakel? Ein Unding, dass diese Frage vor dem Bürgervotum noch nicht beantwortet ist, sagen Sportpolitiker in Berlin und schütteln den Kopf.

Mehr als sechs Milliarden Euro will Hamburg vom Bund. Was der rigoros ablehnt - bisher jedenfalls. Denn das Gefeilsche dauert an. Im Hause von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), dem für Sport zuständigen Minister, und im Ressort von Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU) heißt es, die Gespräche seien noch nicht beendet. Ob überhaupt intensiv verhandelt werden kann, scheint fraglich. Sowohl das Innen- als auch das Finanzressort sind mit der Flüchtlingskrise und den Milliarden-Kosten dafür mehr als ausgelastet.

6,2 Milliarden müssten vom Bund kommen

Den Hamburgern liegt seit Wochen ein Finanzplan zu den Kosten bis zu den Olympischen und Paralympischen Spielen vor. Nach Berechnungen der Stadt sind für das größte Sportereignis der Welt Kosten von gut 11,2 Milliarden Euro veranschlagt. Als Einnahmen sind gut 3,8 Milliarden Euro unterstellt. Der Rest von 7,4 Milliarden Euro für das Prestigeprojekt soll von der öffentlichen Hand gestemmt werden.

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat aber bereits klar gesagt, dass die Hansestadt maximal 1,2 Milliarden aufbringen könne - und keinen Cent mehr. 6,2 Milliarden müssten vom Bund kommen. Der würde also einen neuen Stadtteil - die „Olympia-City“ - größtenteils finanzieren. Etwas spitz hieß es in Berlin, man habe den Kostenplan zur Kenntnis genommen. Die Hansestadt habe ein „umfassendes Stadtentwicklungskonzept bis 2040“ erarbeitet.

Bisher war üblich, dass Kosten zu je einem Drittel von der Bewerberstadt (Kommune), dem Bundesland und dem Bund getragen werden. Es ging auch eher um „reine“ Olympia-Kosten. Der Stadtstaat Hamburg ist aber Land und Kommune zugleich. Ob da der Bund zwei Drittel schultert, ist mehr als offen. Zu Beginn des Finanzpokers hieß es, weder die Höhe des Bundeszuschusses noch die Aufteilung zwischen Bund und Hamburg würden mitgetragen.

Die Fußball-EM als Konkurrenz?

Deutschland will sich nicht nur für die Olympischen Spiele 2024 bewerben, sondern auch für die Fußball-EM im selben Jahr. „Wenn ich gezwungen werde zu antworten, was wichtiger ist, würde ich sagen: die Olympia-Bewerbung“, sagte de Maizière einmal. In seinem Ministerium hieß es zuletzt aber nur, der Bund habe früh signalisiert, sich bei der Finanzierung der Olympia-Kosten zu beteiligen - und großzügige Angebote gemacht, „die weit über die in der Vergangenheit zugesagten Beteiligungen hinausgingen“.

Geht es nach dem haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Johannes Kahrs, sollte der Bund die 6,2 Milliarden locker machen. Kahrs sitzt für Hamburg im Bundestag. Er schwärmt, es gehe um die bislang preiswertesten und nachhaltigsten Spiele. Der Stadtteil werde keine Investitionsruine. Vor allem aber: „Es bewirbt sich ja nicht Hamburg, sondern Deutschland mit Hamburg.“

Hamburg hat Kahrs zufolge angeboten, dass die Kosten für den Bund gedeckelt würden. Die Hansestadt übernimmt demnach alle Risiken für Mehrkosten. Was nicht unwichtig ist. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Budgets für Olympische Spiele am Ende häufig gesprengt. Kahrs argumentiert auch: Die 6,2 Milliarden würden über etwa acht Jahre fließen, also deutlich weniger als eine Milliarde pro Jahr.

„Der Bund muss sich hier klar positionieren“

Der sportpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Özcan Mutlu, findet die 6,2-Milliarden-Erwartung Hamburgs „mehr als gewagt“. Auch der sportpolitische Sprecher der Linksfraktion, André Hahn, sagt, er sei bei dieser Summe stutzig geworden. Dass der Bund so viel zuschießt, kann er sich nicht vorstellen. Hahn findet es denkbar ungünstig, dass die Kostenfrage kurz vor dem Referendum noch immer unbeantwortet ist. „Die Bürger haben eigentlich Anspruch darauf, vor ihrer Entscheidung zu wissen, ob die Finanzierung steht“, mahnt er. „Der Bund muss sich hier klar positionieren.“

Am Ende wird es eine politische Entscheidung. Schäuble war nicht nur selbst einmal Innen- und Sportminister. Er kommt auch gut klar mit Scholz. Beide kennen und schätzen sich - unter anderem von den Koalitionsverhandlungen 2013 und dem aktuellen Bund-Länder-Gefeilsche über die künftigen Finanzbeziehungen.

Scholz hat durchblicken lassen, dass er im Zweifel die ganze Olympia-Bewerbung absagen würde, falls der Bund nicht genug Geld zuschießt. Und das wohl auch im Fall einer deutlichen Zustimmung der Hamburger beim Olympia-Referendum. Ob die Drohgebärde nützt, wird sich zeigen. Fakt ist: Für Deutschland wäre die Sache abgehakt - möglicherweise auf Jahrzehnte hinaus. (dpa)

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