Vereinssport in der Krise: Es droht der Verlust einer ganzen Generation
Die Corona-Pandemie hat dem Vereinssport in Berlin stark zugesetzt. Besonders bei den Kindern und Jugendlichen gab es einen Mitgliederschwund.
Sport und Bewegung haben positive Auswirkungen auf die Gesundheit und steigern die Lebenszufriedenheit. Heißt es. Trotzdem haben viele Eltern ihre Kinder in den vergangenen Jahren vom Vereinssport abgemeldet. „Der Verlust bei den Kindern und Jugendlichen beschäftigt uns sehr“, sagt der Vorsitzende des Landessportbundes Berlin (LSB), Thomas Härtel. Entweder gab es durch die Pandemie schlichtweg kein Trainingsangebot mehr oder das Risiko einer Coronainfektion mit anschließender Quarantäne war den Eltern zu hoch.
Insgesamt hatte der Berliner Vereinssport durch die Pandemie zu Beginn des Jahres 2021 schon 33 117 Mitgliedschaften verloren, davon waren ungefähr die Hälfte Kinder und Jugendliche. Besonders stark betroffen sind Hallensportarten, wie Judo, Turnen oder Schwimmen, weil dort zeitweise kein Training stattfinden konnte.
„Im Laufe dieses Jahrs, kurz vor der vierten Welle, haben viele wieder den Zugang zum Verein gefunden“, sagt Härtel. Die genauen Zahlen des aktuellen Jahres müsse man aber noch abwarten, der LSB-Chef hofft aber ein Ende des Abwärtstrends. „Wir sind etwas erleichtert, dass die zu Beginn der Pandemie befürchtete Austrittswelle in der Größenordnung nicht eingetreten ist“, sagt Härtel, „Fünf Prozent ist eine Menge klar, aber wir sind aufgrund der Erfahrung im Sommer optimistisch, dass wenn wir die Pandemie in den Griff kriegen auch diejenigen, die gekündigt haben wieder zu uns kommen.“
Besonders bei den Kindern und Jugendlichen gab es einen großen Schwund. Härtel begründet die insgesamt über 15.000 Vereinsaustritte bei den Jüngeren mit der fehlenden festen Bindung zu einem Verein: „Wenn die Angebote wegfallen, gehen eher die Kinder als Vereinsmitglieder, die schon seit etlichen Jahren den Sport ausüben und auch eine tiefere Bindung mit dem Klub aufgebaut haben."
Kinder haben noch keine festen Bindungen an die Vereine
Gerade in der Gruppe der Kinder bis sechs Jahre, von denen während der Pandemie knapp 30 Prozent ihre Vereinsmitgliedschaften aufgegeben haben, droht eine ganze Generation für den Sport verloren zu gehen. „Wir werden Jahrgänge erleben, die den Zugang zum Sport erst später finden werden. Das ist außerordentlich bedauerlich und hat nachhaltige Auswirkungen auf die Psyche und die Motorik der Kinder“, befürchtet Härtel.
Kinder, die sich vom Vereinssport abgemeldet haben, will der Landessportbund durch Kitaprojekte und Schul-AGs wieder zurückgewinnen. „Ein großes Sportangebot in den Schulen ist sehr wichtig. Wir wollen in erster Linie, dass die Kinder sich bewegen, freuen uns aber natürlich auch über Mitgliedschaften in Vereinen“, sagt Härtel. Insgesamt gibt es über 800 Kooperationen seitens des Landessportbundes, mittels derer Kinder Bewegungsangebote an ihrer Schule wahrnehmen können.
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Auch die Berliner Vereine leiden unter dem Mitgliederschwund. Um sie finanziell zu unterstützen hat der Berliner Senat einen Rettungsschirm von insgesamt 6,5 Millionen Euro beschlossen und unterstützt sowohl kleinere Sportvereine mit Geldern zum Beispiel für Masken und Tests als auch die großen Profivereine wie Alba oder die Füchse Berlin als Trikotsponsor auf der Brust. „Den Rettungsschirm haben wir sehr begrüßt. Die Vereine haben auch Gebrauch von den Geldern gemacht und wir sind sehr froh, dass der Senat eine Fortführung beabsichtigt“, sagt Härtel.
Im kommenden Jahr soll der Rettungsschirm Sport auf sieben Millionen Euro erhöht werden. Zwar kann Härtel besorgte Eltern verstehen, hofft aber, dass sie ihren Kindern weiterhin den Sport in Vereinen ermöglichen. „Am wichtigsten ist, dass die Kinder in Bewegung bleiben“, sagte Härtel und wünscht sich, dass in den Vereinen alle gemeinsam dazu beitragen. Wie schwer sich die Pandemie tatsächlich auf den Vereinssport und die motorischen Fähigkeiten der Kinder auswirkt, wird sich jedoch erst in den kommenden Jahren wirklich zeigen.
Laurin Snigula
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