Verlorenes Jahr für Berlins Sportnachwuchs: „Lassen Sie die Kinder raus, damit sie sich bewegen können“
Kein Schwimmunterricht oder Vereinssport: Die Vorsitzenden der Landessportverbände appellieren an den Senat, Beschränkungen für die Jüngeren aufzuheben.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Sport sind erheblich. „Für die Nachwuchssportler war dieses Jahr ein verlorenes Jahr“, sagte Kaweh Niroomand, Sprecher der Berliner Profivereine, am Freitag bei einer Anhörung im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses.
„Wir verlieren an Leistung. Wir werden riesige Belastungen für die Gesundheitskosten haben. Lassen Sie die Kinder, die Leute raus, damit die sich bewegen können“, appellierte Niroomand.
Neben Niroomand informierten auch Thomas Härtel (Präsident des Landessportbundes), Karsten Finger (Vorsitzender Landesruderverbands Berlin) und Jürgen Häner (Präsident des Berliner Hockey-Verbands) über die Situation im Sport. LSB-Präsident Härtel sprach von einen Schaden von zwölf Millionen Euro in den Vereinen. Von dem Rettungsschirm in Höhe von sechs Millionen Euro habe der LSB bisher fünf Millionen Euro als Unterstützung an Vereine weitergereicht.
Im Landessportbund sind rund 660.000 Mitglieder aktiv. Aber vor allem im Kinder- und Jugendbereich sei ein Mitgliederschwund erkennbar, sagte Härtel ohne Zahlen zu nennen. Dass zum Beispiel Schwimmunterricht nicht stattfinde, sei „nicht zu verantworten“, sagte LSB-Präsident Thomas Härtel im Sportausschuss. „Es ist dringend notwendig, dass die Schwimmkurse angeboten werden.“ Die Bundesnotbremse beinhalte nicht die Schließung der Schwimmbäder.
„Wir vermissen das Abwägen in der Politik“, sagte Härtel. Denn die sozialen Auswirkungen seien erheblich. Ungeachtet des Gesundheitsschutzes fehle ihm das Verständnis dafür, dass man die jungen Altersgruppen so beschränkt. Härtel hofft auf „Bewegung in den nächsten Tagen“ und vor allem auf Öffnungsstrategien.
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Auch Grünen-Politikerin Nicole Ludwig forderte, dass rund 80.000 betroffene Kinder dringend ihre „Schwimmberechtigung“ erhalten müssten. Der ehemalige Ruder-Olympionike Finger erzählte, dass in den Berliner Rudervereinen inzwischen rund 9200 Mitglieder organisiert sind. 500 Mitglieder traten während der Pandemie aus. „Uns geht der Nachwuchs verloren“, sagte Finger. Mit fehlendem zehn Zentimeter Abstand im Boot dürfe man nicht rudern. Der Mindestabstand beträgt 1,50 Meter, der Abstand zwischen den Ruderplätzen variiert je nach Boot zwischen 1,35 und 1,45 Metern.
Vereine fürchten Austritte und Einnahmenverluste
„Wir können unseren Sport nicht ausüben“, stellte Finger fest. Im letzten Jahr habe der Senat ab Mitte Juli bis November wieder Mannschaftssport zugelassen. Aktuell dürfen zwei Personen rudern. Ab Sonntag dürften dann nach den beschlossenen Entscheidungen auf Bundesebene auch Genesene und Geimpfte wohl wieder im Achter rudern, sagte Finger und forderte: „Geben Sie den Rudersport wieder frei.“
Jürgen Häner sagte, dass im Hockeysport mit 34 Berliner Vereinen Kinder bis 13 Jahre überhaupt nur am Mannschaftssport teilnehmen dürften. „Wir erwarten, dass das bis 19 Jahre möglich ist, wenn die Inzidenzen unter 100 sind.“ Ansonsten werde es verstärkt Austritte geben. Es sei seinen Vereinsmitgliedern nicht zu vermitteln, dass Kinder im Mannschaftssport nicht in Gruppen bis zu 20 Personen trainieren dürften. Im Gegensatz dazu sei das im Leistungssport möglich. Die fehlenden Trainingsmöglichkeiten hätten erhebliche Auswirkungen auf den Leistungsstand des Nachwuchs.
Profiklubs beklagen verminderte Einnahmen
Kaweh Niroomand, Sprecher der Berliner Profivereine, sagte im Ausschuss, die Profiklubs hätten sich sehr verständnisvoll gezeigt. „Die Gesundheit der Bevölkerung hat an oberster Stelle gestanden.“ Bislang habe es eine große Solidarität gegeben. Der Spielbetrieb habe aufrecht erhalten werden können. Das Ausfallen der Übungseinheiten für Nachwuchskader sei allerdings sehr schwierig. Das Ausbleiben der Zuschauereinnahmen, die bis zu 40 Prozent der Einnahmequellen in den Vereinen ausmachen, habe „erhebliche Auswirkungen“ auf die Klubs. Hinzu kämen rund zehn Prozent Ausfall durch Sponsorengelder.
„Verminderte Einnahmen, erhöhte Kosten“ hätten den Spielbetrieb erheblich beeinflusst. Für die Nachwuchssportler sei 2020 „ein verlorenes Jahr“ gewesen, betonte Niroomand.
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„Sie würden uns helfen mit Planung und Perspektive“, sagte Niroomand. Die Perspektive mit Zuschauern bei Liga-Spielen habe man im Auge. „Wir planen vorsichtig“, sagte Niroomand, „wir wollen vorsichtig einsteigen“. Es gebe Testsysteme und digitalisierte Kontrollmaßnahmen, die eingesetzt werden könnten.
Entsprechende Modellprojekte in Sport und Kultur müssten ausgewertet werden, wandte sich Niroomand an Sport-Staatssekretär Aleksander Dzembritzki. Der Aufwand durch das Testen sei kostenintensiv gewesen, betonte Niroomand.
Staatssekretär hält Öffnungen für Getestete und Geimpfte für möglich
„Die Lösung der Zukunft wären Test-Standards mit einem QR-Code, mit dem man auch zum Sport gehen könnte.“ Sport-Staatssekretär Aleksander Dzembritzki (SPD) sagte, eine Öffnung für Geimpfte und Getestete, die „zum Sport kommen, primär Außensport“, betonte Dzembritzki, sei ein „Ansatz“. Er stellte in Aussicht, dass Wettkämpfe bei einer stabilen Inzidenz unter 100 wieder stattfinden könnten. „Wir müssen die Daumen drücken, dass die Inzidenz nun fünf Tage unter 100 bleibt.“ Der Senat werde darüber am Dienstag sprechen. Sport für Kinder bis 14 Jahren könnte auf Gruppen mit einer Größe von 20 erhöht werden, für Jugendliche über 14 Jahre könnte Sport in einer Größe von zehn wieder möglich sein.
Im Bereich Wettkampfsport könnten Wettkämpfe bei einer stabilen Situation unter Inzidenz 100 wohl wieder stattfinden. „Wie die Entscheidung am Dienstag im Senat fällt, kann ich noch nicht voraussehen“, sagte Dzembritzki. Der Staatssekretär bedankte sich beim Berliner Sport im Sportausschuss am Freitag über die Mitwirkung bei der Eindämmung der Pandemie. „Wir müssen mit Augenmaß sehen, dass Sachen geöffnet werden sollen“, sagte Dzembritzki über Öffnungsstrategien. Eine Öffnung für Geimpfte und Getestete, die „zum Sport kommen, primär Außensport“, betonte Dzembritzki, sei ein „Ansatz“.
Dzembritzki stellte in Aussicht, dass Wettkämpfe bei einer stabilen Inzidenz unter 100 wieder stattfinden könnten. „Wir müssen die Daumen drücken, dass die Inzidenz nun fünf Tage unter 100 bleibt.“ Der Senat werde darüber am Dienstag sprechen.
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