zum Hauptinhalt
Davie Selke hat bei Hertha BSC einen Fünfjahresvertrag unterschrieben.
© Hendrik Schmidt/dpa

Herthas neuer Stürmer Davie Selke: Ein Transfer, mit dem nicht viele Fans gerechnet haben

Langjährige Hertha-Fans werden sich im Fall Selkes an früher erinnert fühlen. Man könnte ihn als eine Art Dieter-Hoeneß-Gedächtnis-Transfer bezeichnen.

Irgendwie könnte man den Eindruck gewinnen, Hertha BSC drehe am ganz großen Rad. Kaum, dass die knapp 20 Millionen Euro aus dem Verkauf von John Anthony Brooks zum VfL Wolfsburg eingenommen sind, kauft der Bundesligist für die Hälfte der Summe ein. Am Donnerstagvormittag segnete das Hertha-Präsidium den Kauf Davie Selkes von RB Leipzig ab. Der Preis für den deutschen U-21-Nationalstürmer soll bei unter zehn Millionen Euro liegen. Dem Vernehmen nach hat der hoch gewachsene Mittelstürmer einen Fünfjahresvertrag erhalten. „Wir freuen uns sehr, dass wir einen weiteren talentierten deutschen Nationalspieler für uns gewinnen konnten“, sagte Manager Michael Preetz.

Es ist ein Transfer, mit dem nicht viele Hertha-Fans gerechnet haben. In den vergangenen Wochen wurde der 22 Jahre alte Selke als Zugang beim SV Werder Bremen gehandelt. Doch dessen Manager Frank Baumann bestätigte am Donnerstag, dass sein Klub aus dem Rennen sei. Vor zwei Jahren war Selke von Bremen zum damaligen Zweitligisten Leipzig gewechselt – für acht Millionen Euro.

Es war eine Investition, die sich für die Sachsen insofern lohnte, als Selke mit zehn Saisontoren einen maßgeblichen Anteil zum Aufstieg Leipzigs in die Bundesliga hatte. Diese Transfersumme hat nun RB-Sportdirektor Ralf Rangnick auch für den Fall eines Weiterverkaufs aufgerufen. Anfragen hat es zuletzt nicht nur aus Bremen gegeben , sondern auch von den englischen Klubs West Ham United, FC Everton und Swansea City – am Ende machte Hertha das Rennen.

Langjährige Hertha-Fans werden sich im Fall Selkes an frühere Transfers ihres Klubs erinnert fühlen. Wenn man so will, kann man diesen als eine Art Dieter-Hoeneß-Gedächtnis-Transfer bezeichnen. Als Hoeneß noch Manager der Berliner war, wurde immer mal wieder ein Spieler geholt, der gegen Hertha besonders gute Auftritte hatte. Erinnert sei an Ilija Aracic. Im Oktober 1998 hatte der kleine Lokalrivale Tennis Borussia im DFB-Pokal dem großen Charlottenburger Nachbarn eine schmerzhafte 2:4-Niederlage zugeführt. Aracic hatte zwei Tore erzielt. Nur zwei Monate später unterschrieb er einen Vertrag bei Hertha. Doch passen sollte es am Ende nicht, nach einem Jahr zog Aracic weiter, nach Bielefeld.

In nur 430 Spielminuten erzielte Selke vier Tore, die Hälfte davon gegen Hertha

Davi Selke haben die meisten Hertha-Fans in guter, wenn auch nicht bester Erinnerung. Im vorletzten Heimspiel der abgelaufenen Saison Anfang Mai erzielte der eingewechselte Selke in den Schlussminuten die Tore zum 1:3 und 1:4 aus Berliner Sicht.

Natürlich werden heutzutage keine Millionentransfer mehr unter dem Eindruck eines Spiels gemacht. Michael Preetz hatte angedeutet, dass er in Ergänzung zu den beiden alternden Stürmern Vedad Ibisevic, 32, und Salomon Kalou, 31, noch einen jungen, aufstrebenden Angreifer sucht. Noch am Dienstagabend hatte Preetz auf der Mitgliederversammlung Verstärkungen angekündigt. „Gerade im Hinblick auf die anstehenden Aufgaben national sowie international ist Selke eine wichtige Verstärkung im Offensivbereich“, sagte Preetz.

Ins Blickfeld war Selke vor drei Jahren gerückt. Bei der U-19-EM 2014 schoss er das deutsche Team zum Titel und wurde mit sechs Treffern bester Torschütze. Zuvor hatte der Sohn eines Äthiopiers und einer Tschechin, der in Baden-Württemberg geboren wurde, alle Jugend-Auswahlteams durchlaufen. Höhepunkt war der Gewinn der olympischen Silbermedaille vor einem Jahr in Rio, wo er in fünf Spielen zwei Tore erzielte.

In der abgelaufenen Saison aber, in der RB Leipzig als Aufsteiger die Bundesligakonkurrenz förmlich überfiel und als Vizemeister die Champions League erreichte, blieb für Selke die Rolle als Ergänzungsspieler. Zwar lief er in 21 Bundesligaspielen auf, davon allerdings nur zweimal in der Startelf. In nur 430 Spielminuten erzielte er vier Tore, die Hälfte davon gegen Hertha. „Wir sehen noch eine Menge Entwicklungspotenzial bei Davie Selke“, sagte Preetz.

Unbestritten ist, dass Selke einen ausgeprägten Tor-Instinkt hat. In seiner Spielweise erinnert er ein wenig an Mario Gomez und Sandro Wagner. Von der Statur und den Bewegungsabläufen ähnlich, hat Selke seine Stärken ebenfalls im Torabschluss im Strafraum. 2012 war Wagner mit der Empfehlung als erfolgreicher Stürmer der deutschen U-21-Europameistermannschaft von 2009 nach Berlin gewechselt. Aber erst als Wagner nach Hoffenheim weiterzog, zeigte er mit elf Treffern in der abgelaufenen Saison echte Torjäger-Qualitäten. Bleibt zu hoffen, dass Selke schon in Berlin zündet.

Folgen Sie der Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite