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Sein großer Abend. Ilija Aracic (re.) läuft nicht nur Kjetil Rekdal davon, er schießt auch zwei Tore für TeBe. Und wechselt zwei Monate später zu Hertha.
© dpa

Berliner Derbys: Vorzeitiger Höhepunkt

Heute in der Serie "Berliner Derbys": Tennis Borussia gegen Hertha BSC am 28. Oktober 1998. TeBe schlägt Hertha im Pokal – dann geht’s bergab.

Auf dieses Spiel freuen sich die Berliner Fußballfans seit Wochen: Am Freitag empfängt der 1. FC Union in seinem Stadion An der Alten Försterei Hertha BSC zum Duell in der Zweiten Liga. Bis dahin erinnern wir jeden Tag an ein historisches Berliner Derby. Heute: Tennis Borussia gegen Hertha BSC am 28. Oktober 1998.

In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ist die Hackordnung im Berliner Fußball klar definiert. Oben thront Hertha BSC, attackiert vom neureichen Charlottenburger Rivalen Tennis Borussia, ein Stück weiter unten kämpft der 1. FC Union gegen den Konkurs. Tennis Borussia hat es dank der Trainerkunst von Hermann Gerland und der Zuwendung der obskuren Finanzholding „Göttinger Gruppe“ an die Tabellenspitze der Zweiten Liga geschafft und träumt, ausgestattet mit erstligaerfahrenem Personal, von der Champions League. Im Achtelfinale des DFB-Pokals darf TeBe schon mal gegen den Erstligisten Hertha üben.

Gut 40 000 Zuschauer kommen an diesem kühlen Herbsttag ins Olympiastadion. Zunächst läuft alles wie erwartet, mal abgesehen davon, dass Herthas Führungstor ausgerechnet durch einen Kopfball des kleinen Andreas Thom fällt. TeBe aber lässt sich weder von der großen Kulisse noch von dem schnellen Rückstand irritieren und stürmt munter drauflos. Es wird der Abend des Ilija Aracic, eines kroatischen Stürmers, den Tennis Borussia vom Chemnitzer FC verpflichtet hat. Der lange und schnelle Aracic ist von Herthas Abwehr nie zu fassen, sodass es nicht weiter verwundert, dass er nach einer halben Stunde zum 1:1-Ausgleich trifft.

In diesem Stil geht es weiter. Francisco Copado, zuvor beim Hamburger SV und Real Mallorca unter Vertrag, gelingt noch vor der Halbzeitpause das 2:1 für den Außenseiter. Hertha drängt wütend auf den Ausgleich, aber auch das dritte Tor schießen die Borussen, dieses Mal durch Aracics Sturmpartner Kreso Kovacec. Als Ilija Aracic nach einer Stunde sogar auf 4:1 erhöht, skandieren die TeBe-Fans: „Nur noch sechs!“ Herthas Nationalspieler Dariusz Wosz verkürzt noch auf 2:4, aber mehr ist nicht drin für den Favoriten.

Bei Tennis Borussia ahnt im Augenblick des Triumphes niemand, dass es fortan nur noch abwärts gehen wird. Trainer Gerland verlässt den Verein nach einem Streit mit den Financiers von der Göttinger Gruppe. Als er im folgenden Jahr von Winfried Schäfer beerbt wird, ist auch Ilija Aracic schon ein Haus weiter gezogen. Herthas Manager Dieter Hoeneß erinnert sich des Erfolgsrezeptes seines Münchner Bruders Uli und kauft in der Winterpause den besten TeBe-Stürmer, er wird es weitgehend von der Ersatzbank aus miterleben, wie Hertha auf Platz drei und damit in die Champions League einzieht. TeBe scheitert im Pokalhalbfinale an Bremen und stürzt in der Zweiten Liga auf Platz sechs ab. Ein Jahr später schießt Aracic abermals im Pokal das 3:2-Siegtor gegen Tennis Borussia, aber das ist eine andere Geschichte.

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