Perspektive: Profi: Die großen Talente von Hertha BSC
Sechs Talente verstärken Hertha BSC im Trainingslager auf Mallorca. Sie könnten mittelfristig tragende Rollen bekommen. Wir stellen sie vor.
Sidney Friede hat in dieser Woche wichtige Erfahrungen für sein Berufsleben gesammelt. Der 18-Jährige ist mit den Profis von Hertha BSC ins Trainingslager nach Mallorca geflogen und hat dort ein paar Tage mit den großen Jungs üben dürfen. Es sollte ihm ein paar Aufschlüsse gegeben haben, was ihm noch fehlt, um selbst auf diesem Niveau Fußball zu spielen. Einen besonders wertvollen Tipp hat ihm Rainer Widmayer, der Assistent von Cheftrainer Pal Dardai, gegeben, nachdem Friede im Training ein schönes Tor erzielt hatte. Die Kollegen applaudierten – und Widmayer sagte: „Beim nächsten Mal musst du das bestätigen.“ Genau darum geht es für die sechs Nachwuchsspieler, die mit nach Mallorca geflogen sind: nicht nur punktuell zu glänzen, sondern sich dauerhaft zu behaupten. Der aktuellen Generation wird das durchaus zugetraut, auch wenn sich die jungen Spieler am Donnerstag beim 1:0 (1:0)-Sieg im Test gegen den spanischen Drittligisten UD Poblense (Torschütze: Julian Schieber) nach einer harten Trainingswoche nicht besonders positiv hervortun konnten. „Großes Lob gibt es nicht für das Spiel“, sagte Dardai.
DENNIS SMARSCH
Der U-18-Nationalspieler spielte gegen den spanischen Viertligisten immerhin zu null. Smarsch bringt vieles mit, was ein guter Torhüter braucht: Er hat die richtige Größe, eine gute körperliche Präsenz, ist furchtlos – und er kann in extremen Situationen alles ausblenden, was um ihn herum passiert. Das hat er auch im Trainingslager bewiesen. Wie alle Neulinge musste auch Smarsch, der am Samstag 18 wird, vor der versammelten Mannschaft ein Lied zum Besten geben. Er entschied sich für „Hamma“ von Culcha Candela. „Das war schon traurig, wie er gesungen hat“, sagt Torwarttrainer Zsolt Petry. Smarsch begann nah am Falsett, wechselte schließlich in den Bass, und untermalte seinen Auftritt mit ausladenden Gesten. Aber selbst als ein Hagel von Servietten auf ihn niederging, hörte er nicht auf. „Natürlich war das lustig, aber du kannst auch in solchen Situationen etwas über seine Persönlichkeit erfahren“, sagt Petry. „Er hat sich nicht unterkriegen lassen.“
JORDAN TORUNARIGHA
Der Innenverteidiger aus der U 23 hat kurz vor Weihnachten einen Profivertrag (bis 2020) bei Hertha unterschrieben. Eine Überraschung war das nicht mehr. Der 19-Jährige, Sohn des früheren Zweitligaprofis Ojokojo Torunarigha, wurde intern schon seit einiger Zeit als möglicher Nachrücker für John Anthony Brooks geführt, sollte der sich tatsächlich einmal seinen Traum von der Premier League erfüllen. Torunarigha ist Linksfuß (wie Brooks) und beherrscht genau wie der den öffnenden Diagonalpass auf die entlegene Seite des Spielfelds. „Ich war hoch zufrieden mit ihm“, hat Trainer Dardai nach seinem Einsatz im Testspiel gegen RCD Mallorca (1:1) gesagt.
UGUR TEZEL
Der Rechtsverteidiger hat im Trainingslager gleich große Aufmerksamkeit erregt – allerdings unfreiwillig. Nach einem Zweikampf mit Tezel stürzte Sinan Kurt so unglücklich, dass der am Sprunggelenk operiert werden musste. „Das war Pech“, sagt Dardai. Und ohne das Pech von Mitchell Weiser, der wegen einer Viruserkrankung im Trainingslager fehlt, wäre Tezel jetzt vermutlich auch nicht auf Mallorca. Dardai wollte noch einen Spieler dabei haben, der die rechte Seite beackern kann. Tezel, knapp 20 Jahre alt, hat in dieser Saison zwölf Spiele für die U 23 bestritten, sieben Mal befand er sich in der Startelf. Ganz oben stand er bei Hertha bisher nicht auf der Liste.
Der zentrale Mittelfeldspieler aus der U 19 verfügt über alle Voraussetzungen, um ein erfolgreicher Profi zu werden, unter anderem über ein ausgezeichnetes Timing. Vor eineinhalb Monaten hat sich Maier am Knöchel verletzt, kurz vor dem Abflug ins Trainingslager kehrte er auf den Platz zurück, auf Mallorca nun konnte er das komplette Programm absolvieren. Maier, seit Sonntag volljährig, gilt als das Ausnahmetalent bei Hertha. „Er ist unheimlich ballsicher, dominant und kann ein Spiel lenken“, sagt Meikel Schönweitz, der Trainer der U-18-Nationalmannschaft. Im Sommer noch hat Maier Alexander Baumjohann als einen der Spieler genannt, von denen er sich am meisten abgucken könne. Inzwischen ist er an ihm vorbeigezogen. Während Baumjohann bei Hertha allenfalls noch gelitten ist, wird Maier fortan fest mit den Profis trainieren.
SIDNEY FRIEDE
Der 18-Jährige spielt wie Maier in der U 19, ist in dieser Saison aber auch schon fünf Mal in Herthas U 23 zum Einsatz gekommen. U-19-Nationaltrainer Frank Kramer hält einiges von Friede, den er als offensiven Part einer Doppelsechs oder als Achter am besten aufgehoben sieht. „Er ist trotz seiner Größe ein guter Fußballer, hat ein unglaublich gutes Näschen und eine ordentliche Dynamik“, sagt Kramer. Hinzu kommt sein Tordrang. Für Herthas U 19 hat Friede in 13 Bundesligaspielen sieben Tore erzielt. „Er versteckt sich nicht“, sagt Kramer. Allerdings fehle ihm manchmal noch die Balance zwischen Positionstreue und Verspieltheit.
NIKOS ZOGRAFAKIS
Nikos Zografakis ist immer ein bisschen schneller als seine Konkurrenz. Er war schon im Sommer mit den Profis im Trainingslager – unmittelbar vor seinem 17. Geburtstag. „Er ist ein schneller, dynamischer Außenstürmer mit Zug zum Tor“, sagt U-18-Nationaltrainer Schönweitz, bei dem Zografrakis zum erweiterten Kader zählt. In Herthas U 19 spielt der Rechtsfuß meistens auf der linken Außenbahn, um von dort nach innen zu ziehen und mit seinem starken Fuß den Abschluss zu suchen. So war es auch gegen Poblense, als er in der Anfangsphase nur knapp das Tor verfehlte.