Baumjohann muss bei Hertha BSC allein trainieren: Alexander Baumjohann: Und raus bist du!
Erst im März hat Hertha BSC den Vertrag von Alexander Baumjohann verlängert, doch inzwischen spielt er keine Rolle mehr und muss auf einem Nebenplatz trainieren.
Der Schenckendorf-Platz am westlichen Ende des Berliner Bezirks Charlottenburg zeichnet sich durch eine besondere Topografie aus. Er ist flach, unbebaut und weitgehend ungeschützt, so dass der Wind ungebremst über ihn hinwegfegen kann. Spätestens ab Mitte Oktober fluchen all die, die das Training von Hertha BSC besuchen, über ungewohnt schneidige Temperaturen. Alexander Baumjohann, der Profi des Berliner Fußball-Bundesligisten, dürfte den Wind am Dienstag geliebt haben. Die Sonne brannte auf den Platz, aber Baumjohann wurde bei seiner schweißtreibenden Tätigkeit wenigstens ein bisschen Abkühlung zuteil. Während seine Kollegen auf dem Platz mit dem Ball übten, musste Herthas Mittelfeldspieler am hinteren Ende des Trainingsgeländes unter der Obhut des Fitnesstrainers Henrik Kuchno der Arbeit nachgehen. Baumjohann bewegte sich durch einen Wald von Stangen, sprintete den originalgetreuen Nachbau des Wolfsburger Mount Magath hinauf und durfte zum Abschluss seiner individuellen Einheit auch noch ein paar Liegestützen machen.
Herthas Cheftrainer Pal Dardai wollte sein Team „Elf gegen elf“ spielen lassen, da ihm aber 23 Spieler zur Verfügung standen, musste einer separat trainieren. Und das war eben Baumjohann. Als fußballspezifische Belastung für dessen Position hat Dardai Baumjohanns Programm später bezeichnet, mit Sprints und Umschaltbewegungen, wie sie auch im Spiel vorkommen. Die Liegestützen dienten dann vermutlich zur Kräftigung der Oberarmmuskulatur für weite Einwürfe.
Der Einsatz von John Anthony Brooks gegen Schalke 04 ist fraglich
Möglichen Deutungen, dass es sich um eine Strafmaßnahme handeln könnte, trat Dardai entschieden entgegen. „Bei ,Elf gegen elf‘ kann ich nicht zwölf spielen lassen“, sagte er. Und als Innen- oder Außenverteidiger habe er Baumjohann eben nicht einsetzen wollen. Auf diesen Positionen hätte durchaus Bedarf bestanden: Sebastian Langkamp, John Anthony Brooks und Mitchell Weiser fehlten beim Training. Während Langkamp (Rückenprobleme) und Weiser (Fußprellung) bereits am Mittwoch wieder ins Training einsteigen sollen, kann es bei Brooks im Hinblick auf das Heimspiel am Sonntag gegen den FC Schalke laut Dardai eng werden. Der Innenverteidiger hat muskuläre Probleme im Oberschenkel.
Bei Alexander Baumjohann kann man sich schon jetzt festlegen, dass er gegen seinen früheren Verein Schalke wohl nicht im Kader stehen wird – genauso wie in allen bisherigen fünf Pflichtspielen dieser Saison. Obwohl die Berliner erst im März seinen auslaufenden Vertrag um ein Jahr verlängert haben, wollte der Verein ihn im Sommer auf mehr oder weniger subtile Weise schon wieder zu einem Wechsel bewegen. Zeitweise musste der 29-Jährige mit Ronny alleine auf einem Nebenplatz trainieren, doch während der Brasilianer das Angebot einer Vertragsauflösung schließlich annahm, hat Baumjohann die recht deutlichen Signale geflissentlich ignoriert und die Möglichkeiten eines Wechsels Ende August ungenutzt verstreichen lassen. Er glaubt offenbar immer noch, dass er bei Hertha eine Chance besitzt, ins Team zurückzukehren.
Dass diese Hoffnung illusorisch ist, hat sich am Wochenende gezeigt, als Dardai ein Lob für den erfolgreichen Joker Julian Schieber (zwei Kurzeinsätze, zwei Tore) indirekt zu einer deutlichen Kritik an Baumjohann nutzte. Während Schieber sich mit seiner Jokerrolle angefreundet hat, habe Baumjohann nach seiner Rückkehr auf den Platz zu schnell zu viel gewollt. Wenn man aber nicht zufrieden mit seiner Situation sei, könne man auch nicht seine Leistung bringen. Das fällt auch regelmäßigen Trainingsbeobachtern auf. Baumjohann, der sich selbst als Künstlernatur sieht, sind die profanen Tätigkeiten eines Fußballprofis, eine geordnete Teilnahme an der Defensive zum Beispiel, eher fremd. Beim wöchentlichen Futsalturnier im Training zählt seine Mannschaft daher eher selten zu den Gewinnern.
Zu seinem Sondertraining am Dienstag wollte sich Alexander Baumjohann nicht äußern. Als er vom Platz kam, wedelte er nur mit dem Zeigefinger.