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Redebedarf. Die Hamburger Gotoku Sakai (hinten) und Bakery Jatta hatten vor dem Pokalspiel wenig Zeit, um die Blamage in München aufzuarbeiten.
© imago/Jan Huebner

Nach dem 0:8 beim FC Bayern: Der HSV und sein Wunsch nach Normalität

Der Hamburger SV will sich im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Mönchengladbach für das 0:8 in München rehabilitieren.

Um seinen Job muss Markus Gisdol noch nicht bangen. Trotz des desolaten Auftritts beim 0:8 am vergangenen Samstag in München steht der Trainer beim Hamburger SV nicht zur Debatte. Das ist die gute Nachricht für Gisdol, wurde sein Vorgänger Bruno Labbadia doch nach einem unglücklichen 0:1 am 4. Spieltag gegen den FC Bayern entlassen. Das war es aber auch schon mit Erbaulichem beim HSV. „Wir haben es zu keinem Zeitpunkt geschafft, ein angemessener Gegner zu sein“, sagte Gisdol. Sportchef Jens Todt sprach von einem herben Rückschlag.

Von der zwischenzeitlichen Euphorie nach den Siegen in Leipzig, gegen Köln und Leverkusen sowie einem 2:2 gegen Freiburg ist seit dem 0:8 jedenfalls nichts mehr zu spüren. Der Hamburger SV ist wieder zurück auf Relegationsplatz 16 und hat sich beim Tabellenführer fast schon traditionell das Torverhältnis ruiniert.

Viel Zeit, um über die Gründe für die willen- und hilflose Leistung nachzudenken, haben Gisdol und seine Mannschaft nicht. Schon an diesem Mittwoch (18.30 Uhr/live auf Sky) empfangen die Hamburger Borussia Mönchengladbach im Viertelfinale des DFB-Pokals. Es ist gleichsam Chance zur Rehabilitierung, aber auch mögliche nächste Etappe einer Niederlagenserie. Denn in der Bundesliga stehen in den kommenden Wochen schwere Spiele an. Gegen Hertha BSC, erneut gegen Gladbach, Frankfurt, Köln, Dortmund und Hoffenheim ist der HSV nicht gerade favorisiert. Eine Trotzreaktion im Pokal ist daher dringend notwendig, um sich nach dem 0:8 wieder etwas von dem zuvor aufgebauten Selbstvertrauen zurückzuholen.

Die Fans reagieren mit Galgenhumor

Die mitgereisten Hamburger Fans begleiteten die Schlussphase in der Münchner Arena mit Galgenhumor. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten sie, während ihr Team auf dem Rasen vorgeführt wurde. In Hamburg kann die Stimmung bekanntlich schnell kippen. Nach dem überraschenden 3:0-Sieg in Leipzig vor zwei Wochen hatten sie beim HSV schon vom Pokalfinale und der Europapokal-Qualifikation geträumt.

Nun wollen die Verantwortlichen den Blick schnell wieder nach vorne richten und gegen Gladbach „ein anderes Gesicht zeigen“, sagt Todt. Man vertraue der Mannschaft weiterhin. „Genauso wie vor einer Woche nicht alles ganz toll war, ist jetzt nicht alles in Schutt und Asche“, betonte der Sportchef. Der Pokal sei eine Chance, „außerhalb von Alltagsstress und ohne Tabellendruck zu spielen“, sagte Gisdol.

Auf publikumswirksame Aktionen wie 2013 nach dem 2:9 in München, als das Team rund 600 Fans zum Grillen einlud, wurde verzichtet. Auch am Tag nach dem Spiel mieden die Hamburger den Kontakt mit Fans und Medien. Trainiert wurde im Kraftraum, die Reservisten liefen weit entfernt von den wenigen Zuschauern.

Eine Videoanalyse des Debakels vom Samstag ersparte Gisdol seiner Mannschaft. „Wir wollen nicht die negativen Eindrücke verstärken, das macht keinen Sinn. Mit normaler Leistung hatte es gar nichts zu tun“, sagte der Trainer, der einzig Torwart René Adler von seiner Kritik ausnahm. In der Aufarbeitung stand, auch aufgrund der knappen Zeit zwischen den Spielen, die psychologische Komponente klar im Mittelpunkt. „Der eine oder andere braucht nun deutliche Worte“, sagte Gisdol, „wieder andere müssen aufgebaut werden.“

Wood und Papadopoulos wieder fit

Personell kann der HSV-Trainer am Mittwoch wahrscheinlich wieder auf alle Spieler zurückgreifen. Der ehemalige Union-Stürmer Bobby Wood ist nach seiner Oberschenkelverletzung ebenso wieder einsatzbereit wie Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos. Der kopfballstarke Grieche hatte sich gegen Freiburg an der Schulter verletzt und das Spiel in München verpasst. „Die Personallage entspannt sich, ich kann mir vorstellen, dass alle dabei sind“, sagte Gisdol.

Neben den wiedergenesenen Stammspielern kann den Hamburgern auch der Blick auf die nähere Vergangenheit etwas Hoffnung machen. Nach dem 0:8 bei den Bayern vor zwei Jahren, der höchsten Bundesliga-Niederlage der Vereinsgeschichte, hieß der nächste Gegner ebenfalls Mönchengladbach. Unter Joe Zinnbauer gelang dem HSV damals gegen den von Lucien Favre trainierten Europapokal-Teilnehmer ein 1:1-Achtungserfolg. Vier Spiele später war die kurze Ära Zinnbauer dennoch beendet – auf Tabellenplatz 16 und nach einer Niederlage gegen Hertha, den nächsten HSV-Gegner in der Bundesliga am Sonntag.

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