Deutscher Frauenfußball: Der Erfolg der Anderen
Das deutsche Frauen-Nationalteam ist nicht mehr Spitze. Wenn der DFB mit den Frauen zurück in die Weltspitze will, müsste er künftig mehr investieren.
Martina Voss-Tecklenburg weiß schon, dass sie weitermachen darf. Das ist die gute Nachricht für die Bundestrainerin der Nationalmannschaft der Frauen. Aber es gibt auch eine andere. Die WM in Frankreich, gewonnen von den USA, ist vorbei – doch die Diskussionen um das enttäuschende Ausscheiden der deutschen Auswahl sind noch nicht vorbei, auch wenn einige im Verband das anders sehen. Rainer Koch sagte schon nach dem Viertelfinal-Aus gegen Schweden, das deutsche Team habe eine tolle WM gespielt. Koch ist Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), wenn auch nur interimsmäßig. Auch Oliver Bierhoff, Direktor der Nationalmannschaften, wollte nicht allzu streng sein. „Viel Freude“ habe die Elf bereitet, „Frische und Leidenschaft“ vermittelt.
Solche Aussagen mögen für Voss-Tecklenburg angenehm sein, doch sie sprechen nicht unbedingt für den mitgliederstärksten Sportverband dieser Welt. Vielmehr sagen sie viel über den Umgang des DFB mit dem Thema Frauenfußball aus. Leitende Personen wie Bierhoff und Koch scheuen offenbar die kritische Auseinandersetzung. Andere außerhalb des Verbands üben dagegen ganz offen Kritik. „In den vergangenen Jahren hat man sich zu sehr auf den Erfolgen ausgeruht und den Prozess, der sich schon länger angedeutet hat, nicht wirklich ernst genommen“, schreibt etwa der Sportchef des Bundesligisten VfL Wolfsburg, Ralf Kellermann, in der Montagsausgabe des „Kicker“.
Das Problem ist, dass die Konkurrenz enteilt ist. Vor der WM sagte Voss-Tecklenburg, sie zähle sieben bis acht Teams zum Kreis der Titelkandidaten. Nach der WM muss sie feststellen: Erst kommen die USA, danach England und Frankreich – und dann erst jene Teams, die zwar noch mitspielen können, aber eben keine Weltklasse mehr verkörpern. Dazu zählt inzwischen auch Deutschland.
Hilfreich wäre ein Blick nach England
Wenn der Verband mit seinen Frauen zurück in die Weltspitze will, müsste er künftig mehr investieren. Ob sie beim DFB dazu gewillt sind, ist fraglich. Der Verband hatte bislang auch wenig zu befürchten, wenn ein Turnier seiner Spielerinnen misslang. Breiten Teilen der Bevölkerung scheinen fußballspielende Frauen immer noch fremd zu sein. Die „Bild“ titelte nach Giulia Gwinns Siegtor im Auftaktspiel gegen China: „Hässlicher Auftaktsieg dank unserer Hübschesten“. Die Aufregung über diese Zeile war groß, auch wenn der Titel auf einer Aussage von Kapitänin Alexandra Popp beruhte.
Hilfreich wäre ein Blick nach England. Dort wie hier dominieren Männer den Fußball, die lange und traditionsreiche Geschichte dieses Sports bringt es mit sich. Sie lässt dem Frauenfußball wenig Raum (anders als in den USA etwa), sie bietet aber auch enorme Chancen. Um die Frauen in die Weltspitze zu führen, nutzt England Kapital und Know-how seiner Männerklubs. Es ist eine Verzahnung, die auch der DFB forcieren könnte – im Spitzen- wie im Breitensport.
Die künftigen Erfolge werden meistens an der Basis gelegt, die in Deutschland 24 544 Vereine bilden. Wenn dem DFB Weltmeisterinnen wichtig sind, sollte er das Geld also auch weit unten investieren: in die Ausbildung von Trainerinnen, in neue Trainingsmöglichkeiten, in weibliches Führungspersonal. Attraktivere Rahmenbedingungen würden vermutlich auch mehr sportbegeisterte Mädchen zum Fußball bringen. Und je größer die Auswahl, desto stärker die Spitze. Die Infrastruktur dazu ist bereits vorhanden, einst gelegt von Männern für Männer. Dem DFB sollte eigentlich daran gelegen sein, die Männerwelt Fußball so auszubauen, dass auch Frauen darin ausreichend Platz finden. Dazu ist viel Frische und Leidenschaft nötig, auch von Oliver Bierhoff und Rainer Koch