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Deutschlands Alexandra Popp geht nach dem Spiel in Rennes enttäuscht über den Rasen.
© Sebastian Gollnow/dpa

Nach dem WM-Aus gegen Schweden: Mehr Kopf und Mut zum Risiko wagen

Spielerische Klasse und Kombinationsfreude gingen dieser deutschen Auswahl ab, jedenfalls über eine längere Distanz. Aber es gibt auch Hoffnung. Ein Kommentar.

Von David Joram

Als alles vorüber war, blieb nur noch das, was immer übrig bleibt. Frust, Enttäuschung, Leere. Und viele Erklärungsversuche. Die deutschen Fußballerinnen sind bei der Weltmeisterschaft in Frankreich früher gescheitert, als sie dies eingeplant hatten. Das Halbfinale wollte die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg erreichen, mindestens. Dies auch in dem Wissen, dass ein früheres WM-Aus auch das Aus für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio bedeuten würde. So ist es nun gekommen – weil nur die besten drei europäischen Teams dieser WM nach Japan reisen dürfen. Die Deutschen, einst weit führende Macht auf dem Kontinent, sind nicht darunter. Warum bloß?

Eines ist diesem Team jedenfalls nicht vorzuwerfen: mangelnder Einsatz. Die Spielerinnen liefen viel, eine für die andere, Kapitänin und Stürmerin Alexandra Popp gar weite Wege nach hinten, weshalb sie bald schon gar keine Stürmerin mehr war. Die Deutschen kämpften auch ordentlich, wirkten engagiert - das aber ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr, sondern Grundvoraussetzung für erfolgreichen Fußball.

Wer erfolgreich sein will, braucht zusätzlich noch ein paar gute Ideen oder Unterschiedsspielerinnen, am besten beides. Und beides fehlte dem deutschen Team. Gegen Teams wie China oder Spanien wurden diese Mängel nicht bestraft, gegen Schweden schon.

Es fehlte am nötigen Risiko

Spielerische Klasse und Kombinationsfreude gingen dieser deutschen Auswahl ab, jedenfalls über eine längere Distanz. Und dann fehlte es auch am nötigen Risiko, generell, aber speziell nach dem frühen Rückstand in der zweiten Halbzeit gegen Schweden. Bälle in die Spitze fanden kaum statt, weil das Spiel durch die Mitte lahmte. Übrigens trotz einer ballgewandten Spielerin wie Dzsenifer Marozsan, die aber häufig auf den linken Flügel auswich – um von dort den Ball wieder nach hinten zu passen. Rückpässe aber bringen nur selten den entscheidenden Moment.

Die scheue Angriffsweise hat die Trainerin zu verantworten. So lobenswert Voss-Tecklenburgs Ansatz eines um defensive Kontrolle bemühten Stils ist, so sehr fehlt der offensive Esprit, ein Baukasten mit verschiedenen Angriffsoptionen. Gegen Schweden kassierten die Deutschen das erste Gegentor in diesem Turnier, Lösungen fanden sie danach keine mehr, noch weniger nach dem 1:2. Zu zögerlich und verunsichert wirkten die Aktionen.

Jung sei das Team, hieß es stets – und deshalb Drucksituationen nicht gewachsen? Gegen Schweden schien es so, wobei gerade in solchen Spielen erfahrene Kräfte wie Popp, Svenja Huth oder eben Marozsan den Takt vorgeben müssten. Eben nicht nur mit Herz und Kampfkraft, sondern auch mit Kopf und Mut zum Risiko.

Dass nun auch die Olympischen Spiele ohne das deutsche Team stattfinden ist ein Rückschlag – für das Team, das im nächsten Jahr an keinem großen Turnier teilnehmen wird, wie für den Frauenfußball in Deutschland generell. Hoffnung machen die jungen Spielerinnen wie Klara Bühl, Giulia Gwinn oder Lena Oberdorf. Sie sollen die Zukunft gestalten, an der Martina Voss-Tecklenburg als Trainerin fleißig mitarbeiten will. Selbstverständlich kritisch, wie sie versprach. Dies ist schon mal die erste gute Nachricht nach dem Scheitern von Rennes.

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