zum Hauptinhalt
Lass dich mal drücken. Grischa Prömel (rechts) jubelt mit Torschütze Max Kruse.
© Bernd Thissen/dpa

Eine Saison wie ein Traum: Dem 1. FC Union ist mittlerweile alles zuzutrauen

Der 1. FC Union geht auf einem Champions-League-Rang in die Pause. Der Sieg in Gladbach war zwar glücklich, die herausragende Platzierung ist es nicht.

So richtig rund lief es am Samstag für den 1. FC Union nicht. Bei Borussia Mönchengladbach taten sich die Berliner am Nachmittag spielerisch sehr schwer und einige Stunden später traf Grischa Prömel an der Sportstudio-Torwand nur einen von sechs Versuchen. Beide Leistungen reichen normalerweise nicht für einen Sieg, doch was ist schon normal bei Union im Januar 2022. „Es läuft gerade recht gut. Alle, die es mit Union halten, erleben eine gute Zeit“, sagte Prömel im ZDF. Der 27 Jahre alte Mittelfeldspieler freute sich über seinen Doppelsieg auf dem Bundesligarasen und im Sportstudio.

Ob in der Meisterschaft, dem Pokal oder im Fernsehen, momentan macht es den Anschein, als könne bei Union einfach nichts schiefgehen. Dass das 2:1 in Gladbach am Samstag glücklich zustande kam, darüber waren sich nachher alle einig. Eine Überraschung ist ein solcher Sieg aber schon lange nicht mehr. „Klar war Gladbach spielerisch überlegen, aber wir stehen mit drei Punkten da und haben eine perfekte Woche gespielt“, sagte Prömel und sein Kollege Max Kruse, der das Spiel mit zwei Toren entschied, brachte es prägnant auf den Punkt: „Im Moment haben wir einfach einen Lauf.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Nach der kurzen Weihnachtspause hat Union vier Spiele bestritten und drei davon gewonnen. Beim Tabellendritten in Leverkusen gab es „nur“ ein 2:2. Lohn der starken Serie ist Platz vier in der Tabelle – zum ersten Mal beenden die Berliner einen Spieltag auf einem Champions-League-Platz. Wumme, der bei Union für die Stadionmusik zuständig ist, fragte auf Twitter schon mal vorsorglich, ob jemand die entsprechende Einlaufhymne als Audiodatei parat habe. Da die Bundesliga am kommenden Wochenende pausiert, dürfen die Fans dieses außergewöhnliche Hochgefühl mindestens zwei Wochen lang genießen.

Trainer und Mannschaft legen nach eigenem Bekunden nicht viel Wert auf derlei Zwischenstände und sprechen immer noch vom Klassenerhalt. Einen Grund, diese Kommunikationsstrategie zu ändern, gibt es angesichts der starken Ergebnisse nicht. Aber natürlich ist auch den Profis bewusst, dass noch nie ein Klub abgestiegen ist, der nach 20 Spieltagen so weit oben stand. Mit 34 Punkten hat Union noch mal fünf mehr geholt als zum gleichen Zeitpunkt in der bereits herausragenden Vorsaison. „Wir wollen so schnell wie möglich die 40 Punkte erreichen. Wenn wir die haben, bin ich der Letzte, der sagt, wir stellen den Spielbetrieb ein“, sagte Prömel. „Dann schauen wir nach oben.“

Grischa Prömel am Samstagabend im ZDF-Sportstudio.
Grischa Prömel am Samstagabend im ZDF-Sportstudio.
© imago images/Martin Hoffmann

So absurd, wie es im ersten Moment klingt, Union und die Champions League in einem Satz zu verwenden, muss man der Mannschaft mittlerweile alles zutrauen. Unabhängig von der Belastung, von Ausfällen und individuell besseren Gegnern reihen die Berliner ein starkes Ergebnis an das nächste. Auch ohne die von Urs Fischer so ungeliebte Favoritendiskussion aufzumachen, kann man festhalten, dass Siege von Union gegen Mannschaften wie Hoffenheim oder Gladbach aktuell kaum noch als Überraschung gelten.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die Internetplattform „FiveThirtyEight“, die auf Basis von Statistiken und Marktwerten Prognosen für diverse Ligen erstellt, beziffert die Wahrscheinlichkeit einer Champions-League-Qualifikation Unions mittlerweile auf 27 Prozent, für einen Platz im Europapokal sogar auf 74 Prozent. Solche Prognosen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, denn der Fußball ist ja gerade so schön, weil er sich der Logik immer wieder entzieht.

Doch ein Zufall sind die herausragenden Leistungen der Berliner in ihrer erst dritten Bundesliga-Saison sicherlich nicht. „34 Punkte nach 20 Spielen können nicht nur Glück sein“, sagte Kruse. Der Stürmer verwandelte gegen seinen früheren Verein einen Elfmeter und traf kurz vor Schluss mit der einzigen Torchance der zweiten Hälfte zum Sieg. „Wenn man die Entwicklung der letzten Jahre sieht, muss man sagen, dass es herausragend ist, was wir geleistet haben und was wir leisten. Aber das Gute an diesem Verein ist, dass hier keiner überheblich wird oder zu träumen anfängt.“

Zur Startseite