Jens Redlich über die Lage bei Tennis Borussia: „Das ist reines Machtgeplänkel“
Der geschasste Vorstandschef Jens Redlich spricht über die chaotische Situation bei TeBe, einkassierte Unterlagen und den Saisonauftakt gegen Tasmania.
Jens Redlich, 38, wurde während seines Urlaubs in den USA als Klubchef beim Oberligisten Tennis Borussia entmachtet.
Herr Redlich, sind Sie denn überhaupt noch der Vorsitzende von Tennis Borussia?
Ich bin noch der Vorsitzende.
Sie sind also nicht zurückgetreten?
Es ist so: Ich habe im November in einer strittigen Situation den Rücktritt angeboten. Dieser Rücktritt wurde allerdings nicht angenommen. Man hat mich aufgefordert weiterzumachen. Somit ist nie ein offizieller Rücktritt zustande gekommen.
Wie kann es dann sein, dass das von anderen behauptet wird und das Vereinsregister entsprechend geändert wurde?
Worauf die Gegenseite jetzt abstellt, ist das Angebot zum Rücktritt. Hier wurde versucht, in einem Handstreich während meiner Abwesenheit durch Täuschungen und Weglassungen des Kontexts das Vereinsregister zu ändern. Herr Gaebler und Frau Hoffmann haben Unterlagen eingereicht, die in der Situation nicht in Gänze der Wahrheit entsprechen. Sie versuchen dort, eine E-Mail aus dem Kontext zu reißen, um den Registereintrag zu ändern.
Es hat offenbar funktioniert.
Es ist auch nicht so schwer, Vereinsregister zu ändern. Da sitzen Sachbearbeiter, die trifft keine Schuld, und wenn dort etwas vorgelegt wird, dann wird das einfach durchgewinkt und nicht noch mal nach inhaltlicher Richtigkeit geprüft. Aber wäre ich nicht im Amt gewesen, dann wäre es mir ja nicht möglich gewesen, den Verein bis zum jetzigen Zeitpunkt und auch die Mitgliederversammlung als Vorstandsvorsitzender zu leiten. Also bin ich in einer Situation, in der ich aufgrund meines Handelns im Amt bin. Ich habe ja gehandelt in den letzten acht Monaten.
Sie sehen sich weiter als den legitimen Boss?
Ich bin offiziell noch als Vorstandsvorsitzender im Amt. Wir haben das juristisch geprüft. Die Situation wird jetzt rechtlich verfolgt. Ich denke, wir werden dort in den nächsten 14 Tagen Klarheit erlangen. Man hätte mich sonst durch ein Amtsenthebungsverfahren aus der Position heben müssen. Das hat nicht stattgefunden.
Wie haben Sie denn in Ihrem Urlaub in den USA vom Putsch erfahren?
Zu meinem Antritt der Reise war ich noch aktiv, ich habe ja alle Rechtsgeschäfte des Vereins noch getätigt, egal ob das Sponsoring- oder Spielerverträge sind. Das war vom Aufsichtsrat komplett genehmigt, da war ich voll in Amt und Würden. Ich bin dann morgens aufgewacht, hatte etwas über 100 Anrufe auf meinem Handy und einige Nachrichten. Und erfahren habe ich es am Ende aus den Zeitungen.
Es heißt, Vertraute von Ihnen hätten auf der Geschäftsstelle Unterlagen einkassiert.
Das muss ich aufs Schärfste zurückweisen. Da wurde nichts rausgeräumt. Andreas Voigt hat als Geschäftsführer seinen Laptop mitgenommen und die Auszahlbelege, weil wir keinen Kontozugriff mehr hatten und dadurch noch drei, vier Spieler auszahlen konnten. Das ist reines Machtgeplänkel. Andreas Voigt wurde von den Leuten, die ihn vor meiner Zeit ins Amt gehoben haben, fristlos entlassen. Die fangen jetzt schon an, die Strukturen zu demontieren, weil sie panisch davor sind, wie sie sich für die Saison aufstellen sollen. Aber innerhalb der nächsten fünf, sechs Tage wird sich das wieder klären.
Wie denn?
Die ersten Reaktionen werden in der nächsten Woche erfolgen. Ich kann aber noch nichts im Detail dazu sagen, weil das vor dem ersten Punktspiel für Unruhe sorgen würde. Wir machen das in Ruhe, wir wollen hier nicht in eine Konfrontation reinlaufen. Die Mannschaft, der Trainerstab, wir alle sind uns darüber einig, wie es laufen wird in Zukunft und wie es auch nur funktionieren kann. Wenn sich etwas tut, werden wir uns dazu äußern.
Zuletzt gab es Aussagen von Ihnen, in denen Sie die weitere Sinnhaftigkeit Ihres Engagements anzweifeln. Jetzt klingen Sie aber eher so, als sollte es weitergehen.
Fußball ist ja nicht meine Einnahmequelle, sondern es ist eine Situation, in der man etwas aus einem Ehrenamt heraus macht. Ich will diesem Verein helfen. Es ist ja auch nicht sinnvoll, einen Oberliga-Verein mit 2,8 Millionen Euro zu sanieren. Das ist eine Sache der Leidenschaft. Aber wenn man sieht, wie sich fragmentierte Bereiche der Fanszene verhalten, da muss man natürlich schon nach Sinn und Unsinn fragen. Das unterliegt ja keiner konstruktiven sportlich-wirtschaftlichen Logik. Da wird versucht, ein Politikum zu erzeugen.
Sie wollen also weitermachen.
Das Kranke ist, dass der aktuelle Vorstand momentan überhaupt nicht in der Position ist, den Spielbetrieb wirtschaftlich und inhaltlich über eine ganze Saison aufrechtzuerhalten. Es kann ja nicht der Sinn sein zu sagen: Wir strippen den ganzen Verein jetzt nach unten, nur damit wir in unserer Position sind, und gucken danach, wie wir die Saison überleben. Ich könnte jetzt auch sagen: Nehmt den Verein und macht damit, was ihr wollt. Nur darf man nicht vergessen, dass viele Leute, mit denen wir Verträge geschlossen haben, uns vertraut haben. Von daher werden wir jetzt alle Rechtswege prüfen, und dann schauen, wie wir diese Situation in die richtige Richtung drehen.
Beim Saisonauftakt gegen Tasmania werden Sie dann auch wieder auf die Fanszene und den neuen Vorstand treffen. Ist am Sonntag dann also der große Showdown angesagt?
Überhaupt nicht. Wir wissen, da wird einiges los sein, da wird eine ordentliche Fanszene da sein. Aber wir sind dort voll konzentriert aufs Spiel. Wir haben jetzt natürlich ein riesigen Störfaktor dazu bekommen aufgrund dieses Manipulationsversuchs. Aber ich werde dort als Vorstandsvorsitzender hingehen und mir das Spiel anschauen. Alles andere läuft im Hintergrund.
Sie erwarten also auch keine Eskalation vor Ort?
Von meiner Seite gibt es keine Eskalation. Es wird sicherlich auch Sprüche unter der Gürtellinie geben oder „Redlich raus!“-Banner. Das wird man aber aushalten können. Ich bin kein Mensch, der da besonders empfindlich ist, das habe ich auch in der Vergangenheit gezeigt. Und ansonsten werden wir uns aufs Spiel konzentrieren und schauen, dass wir die drei Punkte mitnehmen.
Leonard Brandbeck