Nach dem „Putschversuch“: Der Kampf um Tennis Borussia hat begonnen
Bei Tennis Borussia geht es jetzt drunter und drüber. Mal wieder. Wir beantworten die wichtigen Fragen zu den Vorfällen rund um den Fußball-Oberligisten.
Am Dienstag überschlugen sich die Ereignisse bei Tennis Borussia. Alles, was von morgens bis zum späten Abend passierte, wird den Verein noch eine Weile beschäftigen. Im Zentrum stehen der Aufsichtsrat um die Vorsitzende Franziska Hoffmann und der entmachtete Vorstandsvorsitzende Jens Redlich. Die Verwirrung ist groß, wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Dienstag um 18.08 Uhr kommt eine Pressemitteilung des Vereins mit der Überschrift „TeBe-Vorstand komplett, neuer Vorsitzender im Amt“. Sieben Worte mit gewaltiger Wirkung. „Der Aufsichtsrat hat Günter Brombosch zum Vorstandsvorsitzenden und Steffen Friede zum Vorstand bestellt“, steht dort. Weiter heißt es, dass unter anderem Redlich vorzeitig zurückgetreten war. Der mächtige Vorstandsboss, der Chef einer Fitnessstudiokette, der Hauptsponsor, der schon 2,5 Millionen Euro in den Verein gesteckt hat. Er soll also zurückgetreten sein. Weitere Informationen dazu werden nicht genannt.
Kurze Zeit später sagt Redlich am Telefon: „Ich bin nicht zurückgetreten. Das stimmt alles nicht. Wir werden das alles rechtlich prüfen lassen.“ Redlich ist zurzeit im Urlaub in den USA, kommt an diesem Donnerstag zurück. Wieder kurze Zeit später gibt es eine Mitteilung auf der Webseite des Vereins. Absender: „die Mehrheit des Aufsichtsrates, der komplette Vorstand und der Ältestenrat“. Der Rücktritt wird dementiert.
Stattdessen ist von einem „Putschversuch“ die Rede. Namentlich werden in dem Zusammenhang Franziska Hoffmann und ihr Aufsichtsratskollege Christian Gaebler genannt. Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung Ende Januar waren fünf weitere Mitglieder in den Aufsichtsrat gewählt worden, sie stehen alle Redlich nahe. Doch aufgrund der chaotisch verlaufenen Versammlung hatten Hoffmann und Gaebler die dortigen Ergebnisse für nichtig erklärt. Aus ihrer Sicht gab es nachweisliche Ungereimtheiten.
Wieso gab es widersprüchliche Mitteilungen?
Erst teilte der Verein den Rücktritt Redlichs per Pressemitteilung mit, dann dementierte der Verein genau diesen Rücktritt auf der Webseite. Chaos pur! Grund ist, dass der neue Vorstand zwar schon die Pressemitteilung über einen Account des Vereins schicken konnte, die Daten hatte man morgens beim Berliner Fußball-Verband rechtmäßig besorgt. Der alte Vorstand hatte aber noch Zugriff zur Webseite. Mittwochvormittag war die Meldung von dort verschwunden. Denn inzwischen besitzt die Gruppe um Franziska Hoffmann die Zugangsdaten für die Webseite, allerdings noch nicht für die Facebookseite.
Was war auf der Geschäftsstelle los?
Vom „unerlaubten Besetzen“ der Geschäftsstelle spricht die Gruppe um Redlich. Der Platzwart habe aufgeschlossen, sagt die andere Seite. Der ersten Gruppe ist Geschäftsführer Andreas Voigt zuzurechnen, der ebenfalls zugegen war. Augenzeugen berichten, dass mehrere Personen Kisten mit unbekanntem Inhalt aus der Geschäftsstelle herausgetragen hätten. Die Polizei wurde gerufen, nachmittags wurden die Schlösser ausgetauscht. Am Mittwoch berichtete Franziska Hoffmann, dass unter anderem PCs fehlen.
Wie kam es zur Neubesetzung des Vorstandes?
Das ist einer der spannendsten Fragen. Die Änderung im Vereinsregister erfolgte am 24. Juli. Davon wusste nur ein sehr kleiner Kreis. Der bisherige Vorstand erfuhr davon jedoch erst am Dienstag. Nun kann das Vereinsregister natürlich nicht nach Belieben von jedem geändert werden. Der neue Vorstand hält sich bei diesem Thema bedeckt. Auf Anfrage teilt Tobias Schulze von der Abteilung Aktive Fans (TBAF), der den Vorstand in Pressefragen berät, mit: „Herr Redlich hat bereits vor mehreren Monaten schriftlich seinen Rücktritt erklärt. Diese Erklärung liegt schriftlich vor und wurde von Anwälten, Notar und Amtsgericht als wirksam erachtet. Die kommissarische Vorstandstätigkeit von Herrn Voigt endete satzungsgemäß mit der Mitgliederversammlung vom 30. Januar. Der Aufsichtsrat musste deshalb handeln und dafür sorgen, dass der Vorstand wieder ordnungsgemäß besetzt ist.“
Woher kommen die Konflikte?
Auf der einen Seite steht Jens Redlich. Der kantige 1,90-Mann, dem seine Gegner seit langem einen autokratischen Führungsstil vorwerfen. Und die andere Seite? Wie in Vereinen üblich ist die Fanszene heterogen. Es gibt auch Leute, die Redlich unterstützen. Schließlich hatte der Verein unter ihm wieder sportlichen Erfolg, der Aufstieg in die Regionalliga gelang jedoch nicht. Am größten ist die Ablehnung Redlichs bei TBAF. Das Verhältnis zwischen Redlich und der Abteilung Aktive Fans verschlechterte sich seit dessen Einstieg als Hauptsponsor 2016 immer weiter.
Zum großen Knall kam es bei der von den Fans erzwungenen außerordentlichen Mitgliederversammlung Anfang 2019. Redlich soll viele Leute in den Verein geholt haben, die nicht wussten, was sie bei der Versammlung sollten, aber bei den Wahlen der neu zu besetzenden Posten im Aufsichtsrat für Redlichs Kandidaten gestimmt hätten. Der Vorstandschef bestritt dies. Spätestens da war klar, dass beide Lager derart weit auseinander sind, dass das Wort „unversöhnlich“ eine maßlose Untertreibung ist. Die Aktiven Fans reisten fortan als „Caravan of Love“ durchs Land und unterstützten andere Vereine.
Wie geht es weiter?
Stand jetzt hat der neue Vorstand das Sagen. Und sieht sich rechtlich auf der sicheren Seite. Aufsichtsratschefin Franziska Hoffmann spricht von einer langen To-do-Liste, die abzuarbeiten sei. Redlich entgegnet: „Ich sehe mich noch vollumfassend im Amt.“ Es ist davon auszugehen, dass er um seinen Posten kämpfen wird.
Und, nicht ganz unwichtig: Am Sonntag startet TeBe beim SV Tasmania (14 Uhr, Werner-Seelenbinder-Sportpark) in die Oberligasaison, dann sind vermutlich auch wieder die Fans dabei, die zuletzt nicht zu den Spielen gingen. Vorher soll es ein Gespräch mit der Mannschaft sowie Trainer Dennis Kutrieb geben, in der sich der neue Vorstand vorstellt, seine Pläne und Ziele erläutert. Laut Hoffmann sei man in guten Gesprächen mit kleinen und mittleren Sponsoren. Darunter auch einige, die in der Redlich-Ära ihr Engagement eingestellt hatten. „Wir werden einen schmaleren Etat haben, aber wir werden damit durch die Saison kommen“, sagt Hoffmann. Von der Regionalliga ist nicht mehr die Rede. Auf den Trikots steht noch der Schriftzug von Redlichs Fitnessstudios. Ob weiterhin Geld fließt, bleibt abzuwarten. „Ich hoffe, Herr Redlich steht zu seinem Wort“, sagt Hoffmann.