Bundesliga-Saisonvorschau (10): Borussia Mönchengladbach: Hauptsache gesund
Borussia Mönchengladbach will nach einer schwierigen Saison wieder Erfolg. Doch das geht nur, wenn die Verletzungsmisere endlich gestoppt werden kann.
Am 24. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil 10: Borussia Mönchengladbach.
Was hat sich verbessert?
Nichts. Zumindest werden das viele Fans gedacht haben, als sie vor drei Wochen erfahren haben, dass Michael Lang, Neuzugang vom FC Basel und WM-Teilnehmer mit der Schweiz, sich gleich in seinem ersten Training am Knie verletzt hat. Geht das also schon wieder los? Kein Bundesligist wurde zuletzt derart von Verletzungen geplagt wie die Gladbacher. In der Vorsaison hatte das Verletzungspech zeitweise das Ausmaß einer biblischen Plage. Auf sechs, sieben, acht, manchmal sogar neun Spieler musste Trainer Dieter Hecking verzichten; weniger als fünf waren es nie. Entsprechend weit oben stand das Thema in diesem Sommer auf Borussias Prioritätenliste. Die medizinische Abteilung wurde neu sortiert, zusätzliche Fachkräfte engagiert. Trotzdem fehlen Laszlo Benes und Ibrahima Traoré derzeit wegen Muskelverletzungen. Und auch Nico Elvedi verpasst den Saisonstart: Er musste am Blinddarm operiert werden. Aber dagegen helfen selbst neue Physiotherapeuten und Athletiktrainer nicht.
Wer sind die Neuen?
Max Eberl hat den Hattrick geschafft: Zum dritten Mal hintereinander hat Borussias Sportdirektor den teuersten Transfer der Vereinsgeschichte getätigt. Nach Christoph Kramer (2016, 15 Millionen Euro) und Matthias Ginter (2017, 17 Millionen) ist jetzt Alassane Plea mit 23 Millionen Euro Ablöse neuer Rekordhalter. Der 25-Jährige kommt vom OGC Nizza und wurde dort zuletzt von Lucien Favre trainiert – was in Mönchengladbach immer noch als Qualitätsmerkmal gilt. Plea ist ein Stürmer, wie ihn die Borussia lange nicht hatte, weil er mit dem Spielsystem, das noch auf Favre zurückgeht, schwer kompatibel ist. Der Franzose hat laut Eberl „eine große Qualität im und rund um den Strafraum“. Seine Verpflichtung geht einher mit einer Systemänderung vom bisherigen 4-4-2 zu einem 4-3-3. Plea erzielte in der Vorbereitung keinen einzigen Treffer, ihm fehlt erkennbar noch die Bindung, und auch athletisch muss er noch zulegen. Vermutlich wird der Rekordtransfer daher zu Saisonbeginn noch nicht in der Startelf stehen. Genauso wenig wie die anderen Neuen: Lang ist verletzt; Andreas Poulsen, 18, Torben Müsel, 19, und Keanan Bennetts, 19, sind eher für die mittelfristige Zukunft vorgesehen. Beste Chancen hat Florian Neuhaus. Den U-21-Nationalspieler haben die Gladbacher schon vor einem Jahr von 1860 München geholt und gleich an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen. „Wir sehen für ihn eine realistische Chance, dass er sich bei uns in die erste Elf spielt“, sagt Trainer Hecking.
Wer hat das Sagen?
Heckings Vertrag läuft nur noch bis zum Ende der Saison, Verhandlungen über eine Verlängerung gibt es derzeit nicht. Spricht nicht gerade für eine machtvolle Position des Trainers, der zudem gegen Vorbehalte der Fans ankämpfen muss. Hecking wird vorgehalten, in der vergangenen Rückrunde nicht genügend aus dem Kader herausgeholt zu haben. „Aus welchem Kader?“, könnte Borussias Trainer entgegnen. Waren doch immer alle verletzt. Immerhin hat das rheinische Boulevardblatt „Express“ Hecking jetzt zum „Gewinner der Vorbereitung“ gekürt. Seine Arbeit in diesem Sommer stößt auf mediale Zustimmung, die Systemänderung erscheint schlüssig, um wieder mehr Schmiss ins eigene Spiel zu bekommen. Jetzt muss der Plan nur noch in der Praxis funktionieren.
Was erwarten die Fans?
Gladbachs Anhang ist mit den Erfolgen der jüngeren Vergangenheit anspruchsvoller geworden. Deswegen war die Vorsaison von deutlichem Grummeln untermalt; eine anhaltende Unentspanntheit und latente Gereiztheit lag über dem Verein. Gemessen daran sind die Erwartungen in diesem Sommer fast bescheiden. Borussias Fans wünschen sich eigentlich nur das, was sich jeder 80-Jährige zu seinem Geburtstag wünscht: Gesundheit. Aber weniger für sich als für die Spieler. Vielleicht auch deshalb, weil Trainer Hecking nach der vergangenen Saison gesagt hat: Mit dem kompletten Kader hätte er einen Platz im Europapokal angestrebt.
Was ist in dieser Saison möglich?
Hinter den Gladbachern liegt ein Jahr, in dem sie zum ersten Mal seit 2011 ihr Saisonziel verfehlt haben. Der Mut von Sportdirektor Eberl hat sich also nicht ausgezahlt. Anders als sonst hat er vor einem Jahr nicht die Einstelligkeit als Ziel ausgerufen, sondern explizit eine Verbesserung im Vergleich zu Platz neun in der Saison zuvor. Am Ende wurde es: Platz neun. Wahrscheinlich tut sich Eberl auch deshalb jetzt so schwer mit einem quantifizierbaren Ziel: „Ich möchte, dass die Leute wieder ins Stadion gehen und sagen: ,Hey, der Klub und die Mannschaft haben alles dafür getan, um wieder erfolgreich zu sein’", sagt er. Gelingt das, dürfte ein einstelliger Tabellenplatz – der achte hintereinander – drin sein. Auf mehr haben Klubs wie Gladbach auch weiterhin keinen Rechtsanspruch.
Und sonst?
Beweist die Borussia ein Herz für Nostalgiker. Fast ein Vierteljahrhundert bestand zwischen den Gladbachern und Puma eine beinahe symbiotische Beziehung, die Raubkatze war das inoffizielle Emblem für die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte. Nach 26-jähriger Unterbrechung ist Puma nun wieder Ausrüster des Teams. Das neue Heimtrikot erinnert ganz bewusst an das der letzten Meistersaison (1976/77). Dumm nur, dass der Verkauf nach gerade mal einer Woche wegen Mängeln beim Material für gut einen Monat gestoppt werden musste.
Bisher erschienen: 1. FC Nürnberg, Fortuna Düsseldorf, VfL Wolfsburg, SC Freiburg, FSV Mainz 05, Hannover 96, FC Augsburg, Werder Bremen. Hertha BSC. Nächste Folge: Eintracht Frankfurt.