Bundesliga-Saisonvorschau (2): Fortuna Düsseldorf: Aufsteiger mit Rekordtrainer
Mit „Zweitligagott“ Friedhelm Funkel und 16 Neuzugängen wollen die Rheinländer den Klassenverbleib schaffen. Vor allem in der Offensive hat sich einiges getan.
Am 24. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Teil 2: Fortuna Düsseldorf.
Was hat sich verbessert?
Die Situation von Andre Hoffmans Reproduktionsorganen. Der Innenverteidiger erlitt am 26. Spieltag der Vorsaison einen Hodenriss, musste eine Not-OP über sich ergehen lassen und fiel den Rest der Saison aus. Jetzt spiele die Verletzung hingegen keine Rolle mehr, sagt Hoffmann, „sie ist auch völlig raus aus meinem Kopf.“ Besser so, denn der 25-Jährige ist enorm wichtig für die defensive Stabilität der Fortuna. Getan hat sich aber vor allem auf der anderen Seite des Feldes etwas: Drei Mittelstürmer wurden verpflichtet, dazu fünf Spieler für die Außenbahnen und drei für das offensive Mittelfeld. Düsseldorf braucht mehr Torgefahr. In den ersten vier Testspielen funktionierte das auch, insgesamt 23 Tore erzielte die Fortuna, allerdings gegen Fünft-, Sechst- und Siebtligisten. Gegen den FC Watford, Al-Hilal FC und zuletzt den AC Florenz waren es insgesamt nur noch vier. Dennoch: Nie blieb die Fortuna torlos.
Wer sind die Neuen?
Die Verantwortlichen bei der Fortuna haben den Kader ordentlich durchgewirbelt. Die einzigen Positionen, auf denen nichts getan wurde, sind Innenverteidigung und Torwart. 13 Abgängen stehen 16 Zugänge gegenüber. Bei einer Kadergröße von 30 Spielern ist dementsprechend über die Hälfte neu an den Rhein gekommen. Nun, so ganz stimmt das nicht. Die letztjährigen Leihspieler Jean Zimmer (VfB Stuttgart), Takashi Usami (FC Augsburg), Benito Raman (Standard Lüttich) oder Davor Lovren (Dinamo Zagreb) wurden allesamt fest verpflichtet oder erneut ausgeliehen. Der Umbruch in der Mannschaft klingt also erstmal radikaler, als er wirklich ist. Mit Lovren steht der Bruder des kroatischen Vize-Weltmeisters Dejan Lovren (FC Liverpool) bei der Fortuna im Kader. Der von Eintracht Frankfurt ausgeliehene Aymen Barkok kommt immerhin als amtierender DFB-Pokalsieger nach Düsseldorf.
Wer hat das Sagen?
Unglaublich, aber wahr: Friedhelm „Zweitligagott“ Funkel. Dass der 64-Jährige noch einmal Bundesliga trainieren würde, schien nach dem Aus beim VfL Bochum 2011 und anschließenden Stationen bei Alemannia Aachen und 1860 München unwahrscheinlich. Doch Friedhelm Funkel wäre nicht Friedhelm Funkel, wenn er nicht doch aufgestiegen wäre. Die Zweitligameisterschaft mit der Fortuna bedeutete seinen ersten Bundesligaaufstieg seit 2005, damals noch mit Eintracht Frankfurt. Der gebürtige Neusser ist damit als erster und bisher einziger Coach der hiesigen Fußballhistorie sechsmal in die Erste Liga aufgestiegen. Das macht ihn zum besten Zweitligatrainer aller Zeiten. Jetzt gilt es aber, auch eine Klasse höher zu bestehen.
Was erwarten die Fans?
Christian, der in seine zehnte Dauerkartensaison geht, sagt: „Die ganze Stadt ist seit dem Aufstieg euphorisiert. Die Neuverpflichtungen sind genau das, was sich die Fans vorgestellt haben. Ein junges, vielversprechendes Team ist ein schöner Kontrast zu dem, was früher war, als wir immer arrivierte Bundesligaspieler à la Andrej Woronin geholt haben.“ Funkel habe wie viele der alten Trainerhasen ein gutes Menschengefühl und wisse, wie man eine Mannschaft zusammenstellt. „Die Devise muss lauten: Machen lassen und abwarten. Die fünf Spiele in Folge ohne Sieg werden auf jeden Fall kommen. Die Frage ist dann, wie man damit umgeht“, sagt der 25-jährige Düsseldorfer. „Aber mit etwas Glück ist irgendwas zwischen Platz zehn und 13 drin.“
Was ist in dieser Saison möglich?
Im Gegensatz zur Zweiten Liga war Trainer Funkel in der Bundesliga nie ausgesprochen erfolgreich. Das beste Resultat am Ende einer Saison war Platz neun mit Eintracht Frankfurt vor zehn Jahren. Überhaupt stand Funkel zuletzt im Mai 2010 an einer Bundesliga-Seitenlinie. Dass viele in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt der Fortuna allerdings nicht mehr als den direkten Wiederabstieg zutrauen, könnte der Mannschaft auch einen kleinen Schub geben. Abwehrspieler Andre Hoffmann sagt: „Absteiger Nummer eins? Das motiviert uns höchstens noch mehr.“ Abgesehen vom SV Darmstadt 98 in der Saison 2015/2016 hat Motivation allein aber noch nie die Klasse gehalten. Immerhin: Erst ein einziges Mal ging es für Funkel nach einem Aufstieg in der Folgesaison direkt wieder runter – 1993 mit Uerdingen.
Und sonst?
Zur Feier der Bundesliga-Rückkehr wurde auch die Spielstätte der Düsseldorfer umbenannt. Die Multifunktionsarena, die seit 2009 unter dem Namen Esprit Arena firmierte, heißt künftig Merkur Spielarena. Toll. Aber Vorsicht, liebe Fortuna: Bundesliga kann süchtig machen.
Letzter Teil: 1. FC Nürnberg - Nächster Teil: VfL Wolfsburg
Tobias Finger