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Zizous Auftritt. 2006 fand im sanierten Olympiastadion das WM-Finale statt. Frankreich verlor gegen Italien – und Zinédine Zidane sah wegen einer Tätlichkeit Rot.
© Imago

Champions League im Olympiastadion: Berlin macht sich fein fürs Finale

Im Olympiastadion findet am 6. Juni das Finale der Champions League statt. Dafür wurde die Arena noch mal modernisiert. Schon mit Blick auf 2024? Da gibt es nicht nur Olympia, sondern auch eine EM.

Im schwarzen Aktenschrank von Christoph Meyer ist eigentlich kein Platz mehr. Jede Großveranstaltung, jeder Sportverband hat hier einen eigenen Ordner, ob das der „Papstbesuch 2011“ ist oder die „Leichtathletik-WM 2009“, und die Regale sind lückenlos gefüllt. Christoph Meyer ist im Olympiastadion als Direktor für Veranstaltungen verantwortlich, von seinem Büro aus über dem Besucherzentrum sieht er auf das Osttor. Für das, was er seit langem vorbereitet, wird er sicher gerne noch etwas freiräumen. „Es ist genau das, was uns noch gefehlt hat“, sagt er. Seit 2002 hatte sich Berlin um das wichtigste Vereinsfußballspiel der Welt beworben. Am 6. Juni darf es das Finale der Champions League austragen und mit dem Beginn der K.o.-Phase in der nächsten Woche fängt auch der Countdown für das Endspiel im Olympiastadion an zu ticken.

Die Frauen sind schon drei Wochen früher dran: Bereits am 14. Mai findet ihr Champions-League-Finale im Jahnsportpark statt. Der frühe Termin soll verhindern, dass die Top-Spielerinnen wegen der WM Anfang Juni fehlen. Der Jahnsportpark wurde als Finalort gewählt, weil das Stadion mit knapp 20.000 weder zu wenig noch zu viele Sitzplätze hat. Der Senat hübscht die Arena im Prenzlauer Berg für 2,1 Millionen Euro auf, renoviert Kabinen und verlegt neuen Rasen. „Wir wollen den Rekord von 10 000 Zuschauern in Lissabon überbieten“ sagt Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball-Verbands, „dafür gibt es Kartenaktionen für Vereine und Gruppen.“

Bei den Männern im Olympiastadion läuft alles eine Nummer größer ab. „Das ist das Stadion-Superjahr“, sagt Christoph Meyer. Dafür macht er noch einen gelassenen Eindruck. Das liegt vielleicht daran, dass schon viel dafür gearbeitet wurde. Seit eineinhalb Jahren laufen die Vorbereitungen mit dem Europäischen Fußball-Verband (Uefa) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Fünf Mal waren Vertreter der Uefa schon für eine Woche zu Arbeitsbesuchen in Berlin. Die Planungen sind jetzt so weit, dass in der nächsten Zeit auch Telefonkonferenzen reichen.

Dabei ist das Finale für alle ein außergewöhnliches. Innerhalb von einer Woche muss das Olympiastadion umgerüstet werden vom DFB-Pokalfinale am 30. Mai bis zum wichtigsten Endspiel des europäischen Klubfußballs. Auf den ersten Blick ein Leichtes. Ist doch eine Sportart. Aber das ganze Stadion muss einmal abgeschminkt und wieder neu aufgehübscht werden, vom DFB-Grün auf Uefa-Blau. Alles muss neu beschildert werden, damit sich Zuschauer und Mannschaften sofort zurechtfinden. Käme Hertha BSC in die Relegation, wäre drei Tage vor dem DFB-Pokalfinale auch noch das Bundesliga-Rot im Schminkkasten.

Christoph Meyer muss mit DFB und Uefa die Arbeiten koordinieren. In der GmbH des Olympiastadions selbst arbeiten nur 25 Leute, davon sechs Handwerker und zwei Technische Leiter. Rund um das Finale der Champions League werden etwa 5000 Menschen im Olympiastadion zum Einsatz kommen, knapp 70 000 dürfen im Stadion zuschauen. Und wie bei jedem Finale ist die Frage nach den Tickets die populärste.

Die Uefa wollte schon im Januar bekannt geben, wie viele Tickets an die Fans der beiden Vereine, an die Verbände und Sponsoren gehen und wie viel im freien Verkauf landen. Erst im März will sich der Verband jedoch dabei festlegen, bis dahin kann man schon einmal hochrechnen. Es helfen die Zahlen aus den vergangenen Jahren. Lissabon bot 61 000 Zuschauern Platz, 24 000 Karten gingen an Verbände und Sponsoren, 17 000 jeweils an die beiden Finalisten und 3000 in den freien Verkauf. Ein Jahr zuvor gab es dreimal so viele Tickets für den freien Verkauf. Ins Wembley-Stadion von London passten 86 000 Zuschauer, 9000 Tickets wurden frei verkauft. Man kann nur hoffen, dass die Zahl in Berlin näher an den 9000 von London ist als an den 3000 von Lissabon.

Dieser Verkauf findet auch dieses Mal über die Internetseite der Uefa statt. Die Uefa sagt, dass über die Zuteilung allein das Los entscheide, nicht die Reihenfolge der Anmeldung. Wie viele Interessenten sich im vergangenen Jahr um Tickets bemüht hatten und leer ausgingen, will der europäische Verband nicht sagen.

Um seine Chancen auf ein Ticket wenigstens etwas zu erhöhen, geht man am besten mehrgleisig vor. Bewirbt sich also sowohl auf der Internetseite der Uefa als auch bei einem der beiden Finalteilnehmer, ansonsten bleiben noch die üblichen Portale, auf denen die Karten oft um ein Vielfaches teurer sind.

Die offiziellen Preise stehen fest. Die günstigsten Tickets für Fans kosten 70 Euro, die teuersten Logenplätze inklusive internationalem Catering in der Kategorie „Super Platinum Plus“ 8900 Euro. Nicht für die ganze Loge. Sondern für einen einzigen Platz. Zum Vergleich: Die teuerste Logenkarte für das DFB-Pokalfinale ist für 950 Euro zu haben.

Auch der Berliner Fußball-Verband (BFV) macht sich keine Hoffnungen auf Karten. „Es werden verschwindend wenige sein“, sagt Präsident Bernd Schultz. Dafür sei das Finale eine gute Gelegenheit, um auf den Fußballstandort Berlin aufmerksam zu machen, der Welt Bilder aus dem Olympiastadion zu zeigen und Nachwuchswerbung zu betreiben. Gerade hat der BFV einen Aufruf für das Volunteer- Programm gestartet, dafür ist er bei diesem Finale zuständig. Mehrere hundert Freiwillige werden dafür gesucht und Präsident Schultz sagt: „Da haben dann auch Berliner eine Chance, dabei zu sein und sich für dieses Ereignis einzubringen.“

Das Stadion hat schon profitiert. Es ist nun LTE-fähig, und an den Kosten für diese neuen technischen Möglichkeiten hat sich auch die Uefa beteiligt. Für eine Aufrüstung auf W-Lan-Empfang im ganzen Stadion wären dagegen noch einmal zwischen 3,5 und 5,5 Millionen Euro nötig, das ginge nur mit einem Sponsor. Der Senat von Berlin hat 300 000 Euro ins Olympiastadion investiert, vor allem in die Stadiontechnik, in Parkplätze für Schwerbehinderte und ein Leitsystem für Sehbehinderte. „Das Champions-League-Finale hat als Krone des europäischen Vereinsfußballs eine außerordentliche Bedeutung und ist für Berlin von allerhöchstem Imagewert“, sagt Sportsenator Frank Henkel. Schließlich werde das Finale in mehr als 200 Länder übertragen.

Was aus dem Finale am 6. Juni wird, hängt ganz von der Perspektive ab. Zu welchem Verein man hält. Ob man es als Zuschauer verfolgt oder als Arbeiter wie Christoph Meyer, der sich vor, während und nach dem Spiel als zentraler Ansprechpartner des Olympiastadions mit Polizei und anderen Behörden austauscht und vom Spiel wenig zu sehen bekommt. Das Finale könnte für Berlin auch ein Trostpflaster sein, falls der Deutsche Olympische Sportbund sich im März für Hamburg als Bewerberstadt für die Sommerspiele 2024 oder 2028 entscheidet.

Auf jeden Fall kann es Werbung sein für das nächste große Finale, für das Berlin mit seinem Olympiastadion in Frage käme: das Endspiel der Fußball-Europameisterschaft 2024. (Mitarbeit: Dominik Bardow)

Friedhard Teuffel

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