Unser Blog zum Bundesliga-Wochenende: Bayern oder Dortmund? Mats Hummels hat vielleicht Sorgen
Außerdem: Marcel Reif verteidigt RB Leipzig, Hannover 96 steigt ab, noch bevor Bayern München den Titel feiern kann. Erwischt es den VfL Wolfsburg auch noch?
15.40 Uhr - Was macht Mats Hummels? Wenn das eigene Einschätzungsvermögen nicht ganz täuscht, geht es beim nächsten Thema zwar auch ums Geld, aber nicht in erster Linie. Es geht wohl eher um die grundsätzliche Entscheidung, die Mats Hummels in den nächsten Tagen oder Wochen treffen muss: Will er in Dortmund bleiben und dort zur Vereinsikone aufsteigen? Zum FC Barcelona wechseln und eine neue Fußballkultur kennen lernen? Oder doch nach acht Jahren beim BVB zurück zum FC Bayern nach München, wo er schon in der Jugend gespielt hat, der Rest seiner Familie lebt und auch seine Frau, eine ehemalige „Miss Bayern“, herkommt. Mats Hummels hat die freie Auswahl.
Laut „Bild“ hat der Nationalspieler einen unterschriftsreifen Vierjahresvertrag der Bayern vorliegen, der ihm ein jährliches Grundgehalt von zehn Millionen Euro einbringen soll. Finanziell sind die Unterschiede zu den anderen Angeboten vermutlich nicht so groß – der entscheidende Unterschied ist, dass Hummels bei den Münchnern eine Titelgarantie mit unterschreiben würde. Rudi Völler hat schon vor ein paar Jahren gesagt: „Wenn du bei den Bayern einen Fünfjahresvertrag unterschreibst, wirst du drei oder vier Mal Meister. Das kannst du gar nicht verhindern.“ Inzwischen ist vier Mal eher noch untertrieben.
Hummels hat mit Borussia Dortmund schon seit vier Jahren keinen Titel mehr geholt, in dieser Zeit konnten die Bayern ihren Fans sechs Pokale auf dem Münchner Rathausbalkon präsentieren – und am Ende dieser Saison kommen noch ein bis drei Titel hinzu. (Wobei Hummels das mit den Dortmundern zumindest in einem Fall, dem DFB-Pokalfinale, verhindern kann.)
Wenn man den Ehrgeiz von Mats Hummels kennt, dazu seine familiäre Verwurzelung mit München, deutet einiges auf einen Wechsel zu den Bayern hin. Er wäre nach Mario Götze und Robert Lewandowski der dritte prominente Dortmunder, den die Münchner ihrem einzigen verbliebenen nationalen Rivalen abspenstig machen könnten. Die Reaktion in Dortmund kann man sich leicht ausmalen. Es wird ähnlich sein, wie 2013, als Mario Götze zu den Bayern wechselte. „Es hat mich geärgert“, hat einer seiner Kollegen damals gesagt. Es war – Mats Hummels.
14.15 Uhr - Sandro Wagner wird grundsätzlich. Wo wir schon beim Thema Geld sind, können wir uns gleich mal dem Aufregerthema des Wochenendes widmen. Es kommt ja gelegentlich vor, dass ein Fußballprofi die Öffentlichkeit mit dem Bekenntnis beglückt, dass Fußballprofis seiner Meinung nach viel zu viel verdienten. (Was ihm in der Regel den Vorwurf einbringt, ein Heuchler zu sein.) Eher selten kommt es vor, dass ein Fußballprofi die Ansicht äußert, dass Fußballprofis eher zu wenig verdienten, wie es Sandro Wagner am Samstag in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung getan hat.
Man muss sich jetzt keine konkreten Sorgen um den 28-Jährigen und seine finanzielle Situation machen. Als Angestellter des SV Darmstadt 98 zählt Wagner zwar definitiv nicht zu den Spitzenverdienern dieser Branche; weil er für den Aufsteiger jedoch schon 13 Tore erzielt hat, droht ihm im Sommer der Wechsel zu einem englischen Mittelklasseverein und damit ein exorbitanter Gehaltssprung. Nach oben, versteht sich.
Es gibt in dieser Branche eine Menge Poser und Protzer. Sandro Wagner zählt mit Sicherheit nicht dazu. Ihm sind die üblichen Statussymbole eines Fußballprofis fremd. Er hat aber auch kein Problem damit, was ja in unserer sogenannten deutschen Neidgesellschaft schon mal ein sehr sympathischer Zug ist. Wagner ist in seiner Zeit bei Hertha BSC auch schon mal mit dem Motorroller zum Training gekommen. Seine Meinung zu Tatoos („Ich finde es hässlich“) ist vermutlich in breiten Teilen der aufgeklärten Bevölkerung auch mehrheitsfähig. Und was die Bezahlung angeht, hat Wagner ebenfalls Recht: Ein Zweit-, Dritt- oder Viertligaprofi verdient ganz bestimmt zu wenig Geld – wenn er denkt, er hätte nach seiner zeitlich und auch sonst beschränkten Karriere bereits ausgesorgt.
Dummerweise hat Wagner explizit auch den Bayern-Profi mit einem Jahresgehalt von zwölf Millionen Euro genannt – was dann vielleicht nicht mehr ganz so mehrheitsfähig ist und was er am Samstagabend bei seinem Auftritt im Aktuellen Sportstudio auch ein wenig revidiert hat. Die Argumentation, dass angehende Fußballprofis ihre komplette Jugend dem Sport opferten, zieht ebenfalls nur bedingt. Das gilt für angehende Hockeyspieler, Leichtathleten oder Schwimmer genauso, ohne dass die auch nur den Bruchteil dessen verdienen könnten. Der Unterschied für einen Fußballer ist: „Man steht in der Öffentlichkeit und hat Riesendruck. Jeder guckt einem auf die Finger – und das auch privat.“ Vermutlich weiß Sandro Wagner seit diesem Wochenende endgültig, was das bedeutet.
12.15 Uhr - Marcel Reif lobt Leipzig. Wo wir schon beim Thema „Beliebte Traditionsklubs“ sind, ein kurzer Schlenker in die Zweite Liga, zum künftigen Champions-League-Sieger R(etorten)B(aby) Leipzig. Vor dem Spiel der Leipziger beim 1. FC Kaiserslautern heute Abend hat die „Leipziger Volkszeitung“ den - trotz allem - bekennenden FCK-Fan Marcel Reif im Interview einvernommen. Die „Leipziger Volkszeitung“ verfolgt den Aufstieg der Rasenballsportler zur europäischen Fußballgroßmacht bekanntermaßen mit der gebotenen journalistischen Distanz, wie man schon an folgender Frage an Reif unschwer erkennen kann: „Sie hören im Sommer als Sky-Kommentator auf. Wie schade finden Sie es, dass Sie wohl kein Spiel von RB mehr kommentieren werden?“ (Reif kündigt bei dieser Gelegenheit übrigens an, dass es sehr wohl einen Rücktritt vom Rücktritt geben könnte, dementiert aber, vermutlich zum Leidwesen der „Leipziger Volkszeitung“, dass dies etwas mit Rasenballsports Aufstieg in die Fußball-Bundesliga zu tun haben könnte.)
Es soll an dieser Stelle aber jetzt nicht um die LVZ gehen, sondern um Reif. Der sagt nämlich über Rasenballsport: „Vieles, was in Richtung RB geäußert wird, ist heuchlerischer, läppischer, unreflektierter Populismus. Ich finde, dass in Ostdeutschland ein Erstligist zwingend notwendig ist. Und Leipzig hat dafür nun einmal die besten Voraussetzungen. Ich habe mir das RB-Nachwuchszentrum mal angeschaut und festgestellt, dass es auf Nachhaltigkeit beruht. Es ist ja nicht so, dass hier eine Heuschrecke landet, was mitnimmt und sich dann wieder dünne macht.“
Ich will jetzt an dieser Stelle nicht zum hundertsten Mal darauf rumreiten, dass es möglicherweise einen Unterschied gibt, zwischen einem bestehenden Fußballverein, den ein Unternehmen als Werbebotschafter nutzt, und einem Verein, den ein Unternehmen ausschließlich zu dem Zwecke gründet, sein Produkt zu vermarkten. Geschenkt. Ich will noch einmal näher auf die fein ziselierte Argumentation von Marcel Reif eingehen: „Ich finde, dass in Ostdeutschland ein Erstligist zwingend notwendig ist.“ Ja, das ist jetzt mal überhaupt nicht populistisch.
Ich nämlich finde, dass in Schleswig-Holstein jetzt zwingend mal ein Erstligist notwendig ist. Schleswig-Holstein hat in 53 Jahren noch nie einen Verein in der Bundesliga gehabt – anders als Ostdeutschland (bisher vier), ja selbst anders als Sachsen, das ja schon auf zwei Bundesligisten in lediglich 25 Jahren kommt.
Kann der VfL Wolfsburg eigentlich noch absteigen?
11.30 Uhr - Der bemerkenswerte Absturz des VfL Wolfsburg. Kommen wir zum nächsten Absteiger, bleiben wir in der Region. Wenn das so weiter geht mit dem VfL Wolfsburg, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass der – ja – Pokalsieger, der – ja, ja – Vizemeister und der – ja, ja, ja – nach Bayern vermutlich teuerste Kader der Liga noch auf den Relegationsplatz zurückfällt. Nur noch acht Punkte Vorsprung bei noch neun zu vergebenen Punkten: Da geht doch noch was! Immerhin, der direkte Abstieg ist für den VfL nicht mehr drin, da Werder Bremen und Eintracht Frankfurt am letzten Spieltag noch aufeinander treffen. Da wird zumindest einer von beiden Punkte einbüßen.
Die Tendenz ist alarmierend: „Die Mannschaft ist vom Kopf her leer, das merkt man ihr an“, hat Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking am Wochenende gesagt, nachdem sein Team das Heimspiel gegen den FC Augsburg 0:2 verloren hatte. Seit sechs Spielen sind die Wolfsburger in der Bundesliga jetzt schon sieglos, erstmals in dieser Saison findet sich der VfL in der unteren Tabellenhälfte wieder (hinter dem FC Ingolstadt), und in der Rückrundentabelle liegt er punktgleich mit dem Vorletzten Eintracht Frankfurt auf dem drittletzten Platz. „Eine Mannschaft löst sich auf“, schreibt die „Wolfsburger Allgemeine“.
In den vergangenen Wochen ist das durchaus vorhandene Potenzial des teuren Kaders nur einmal aufgeflackert: im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid. Schon im Rückspiel hat sich die Mannschaft dann nahezu widerstandslos ergeben, und alles, was danach noch gekommen ist, diese Augsburgs und Bremens, scheint unter der Würde des natürlichen Champions-League-Anwärters zu sein.
Ich stelle jetzt mal die steile These auf, dass diese Haltung ein bisschen auch mit dem Standort Wolfsburg zu tun hat. Die Malochermentalität, die im Automobilwerk um die Ecke des Stadions sehr wohl anzutreffen ist, wird man in der Mannschaft eher nicht finden. Wo soll sie auch herkommen? Wo, in Wolfsburg, soll sich ein Spieler mit der Leidenschaft für diesen Verein infizieren?
Vor ein paar Wochen ist in der „tz“ ein schönes Interview mit einem (anonymen) Berater erschienen, der sich über das viele Geld aus England und China auslässt und dabei auch einen Link zum Standort Wolfsburg hergestellt hat: „Aber es gibt auch Spieler wie Draxler oder Schürrle, die nach Wolfsburg gehen und dann im Ritz Carlton sitzen – und zwar auch für viel Geld. Das ist ja dieselbe Nummer, wir haben ja ein kleines England bei uns. Oder meinen Sie, es geht irgendjemand freiwillig nach Wolfsburg? Der Effe ist am Ende der Karriere hingegangen, um ein bisschen Geld abzuholen. Warum Schürrle, der auch noch andere Optionen hatte, bleibt mir verborgen. Jedem meiner Spieler, der ein Angebot von Wolfsburg hat, würde ich sagen: Fahr da mal hin, lauf da mal einen Tag rum, und dann sagst du mir, ob du dir das drei Jahre lang antun willst.“
Also werden sie in Wolfsburg im Sommer wieder den halben Kader austauschen. Geld dürfte trotz Abgaskrise beim Hauptanteilseigner ja noch ein bisschen vorhanden sein. Um fair zu sein: Geld, das der Verein durch die Verkäufe von Kevin de Bruyne, Ivan Perisic und Timm Klose auch selbst erwirtschaftet hat.
Wolfsburgs Standortnachteil ist, dass der Klub – selbst auf höchstem Niveau – für die Spieler nur ein Sprungbrett ist. Perisic zum Beispiel hätte beim VfL Champions League spielen können, hat sich aber für Inter Mailand entschieden und damit für eine Saison ganz ohne Europapokalteilnahme. Dass er bei Inter wesentlich mehr verdient als in Wolfsburg, darf man zumindest bezweifeln. Selbst ein nicht mehr besonders leistungsstarker Innenverteidiger wie der Brasilianer Dante, der ja schon im vergangenen Sommer deutlich über seinen Zenit hinaus war, soll beim VfL ein Grundgehalt von sieben Millionen Euro bekommen.
10.40 Uhr - Slomka, Runjaic - oder doch lieber Stendel? Vielleicht sollten sie in Hannover nach einmal ihren Zeitplan überarbeiten. Im Moment sieht er so aus: erst die Mitgliederversammlung, dann die Trainerfrage. Andersherum könnte man die Wogen der Empörung vielleicht ein wenig glätten – wenn die Antwort auf die Trainerfrage nämlich Daniel Stendel lautet. In Hannover scheint sie ja so etwas wie eine Volksbewegung zu formieren, die sich eindeutig für einen Verbleib des Interimstrainers ausspricht. Stendel hat nachweislich gute Arbeit geleistet. Wieso also nach einem Trainer arbeiten, von dem man nur zweifelsfrei weiß, dass er einen großen Namen mitbringt.
In drei Spielen unter Stendel hat Hannover 96 fünf beeindruckende Halbzeiten hinbekommen, und als die Mannschaft am Wochenende in Ingolstadt nach einer weniger beeindruckenden Halbzeit 0:2 zurücklag, bewies der Trainer, der eigentlich für Hannovers U 19 verantwortlich ist, laut „Kicker“ erneut seine Fähigkeit, Prozesse im Team positiv zu steuern. Auch in der Mannschaft genießt der Neue wohl eine Menge Ansehen. „Irgendwas ist passiert mit der Mannschaft. Wir treten als Einheit auf, spielen mutig, spielen leidenschaftlich. Das Gesamtbild ist ein anderes“, sagte Torwart Ron-Robert Zieler. „Es funktionieren Dinge, die vorher nicht funktioniert haben. Es ist schön zu sehen, dass die Mannschaft über weite Strecken umsetzt, was wir erarbeitet haben.“ Auch wenn Zieler im nächsten Jahr wohl nicht mehr für den Zweitligisten Hannover 96 spielen wird, darf man seine Aussagen wohl als Plädoyer für eine Weiterbeschäftigung Stendels deuten.
Der Mann hat, wie man so schön sagt, Stallgeruch, er identifiziert sich mit dem Verein, für den er früher selbst gespielt hat, und er ist als Trainer erfolgreich (die U 19 hat er übrigens ins DFB-Pokalfinale gegen Hertha BSC geführt). Was also will braucht es mehr für eine dauerhafte Anstellung?
Stendel zu befördern wäre für Sportdirektor Martin Bader mit Sicherheit die bequemste Lösung. Es spricht für ihn, dass er sich in der aktuellen Situation das Recht herausnimmt, trotzdem noch einmal ein bisschen genauer nachzudenken – auch weil es möglicherweise zu viel Bequemlichkeit war, die den Klub dahin gebracht hat, wo er jetzt ist.
So paradox sich das anhört: Natürlich hat Stendel auch von der Situation profitiert, die er bei seinem Amtsantritt vorgefunden hat. Nach Thomas Schaaf konnte es gar nicht mehr schlimmer werden und der neue Trainer im Grunde nur gewinnen. Ein paar personelle Veränderungen – abgehalfterte Stars raus, junge, hungrige Spieler aus dem eigenen Nachwuchs rein –, etwas mehr Spaß im Training, ein paar feurige Motivationsreden, und schon läuft es eben. In der kommenden Saison aber, in der es für 96 um nichts anderes gehen kann als den direkten Wiederaufstieg, wird mehr gefragt sein. Da wird Hannover 96 der große Favorit sein, der es mit ultradefensiven Gegner zu tun bekommen wird. Dieser Herausforderung gilt es mit einem klugen Konzept zu begegnen. Ob Stendel in der Lage ist, der Mannschaft ein tragfähiges Konzept zu verpassen, vermag ich aus der Ferne nicht zu beurteilen. Ich würde mich allerdings zu der Aussage hinreißen lassen, dass Bader den Fans von 96 schon ein bisschen mehr präsentieren müsste als die zuletzt am intensivsten gehandelten Kandidaten Kosta Runjaic oder Mirko Slomka.
Wird es jetzt eng für Martin Kind?
9.50 - Und morgen ist Mitgliederversammlung. Das nennt man wohl perfektes Timing. Morgen Abend, fast auf die Minute genau 48 Stunden nach Vollzug des Abstiegs, kommt es zur Jahreshauptversammlung des Vereins Hannover 96. Auf das operative Geschäft der ausgegliederten Profigesellschaft hat diese Veranstaltung keinen direkten Einfluss – einen indirekten möglicherweise aber schon. „Es könnte zum großen Knall und dem Sturz von 96-Präsident Martin Kind kommen“, schreibt die „Neue Presse“ aus Hannover.
Bei der Mitgliederversammlung steht die Neuwahl des Aufsichtsrates an. Außer den fünf aktuellen Mitgliedern des Gremiums treten neben einem Fanvertreter auch drei Kandidaten der Initiative „Pro Verein“ an. Werden alle drei Kandidaten gewählt, hätten sie die Mehrheit im Aufsichtsrat und könnten Einfluss nehmen auf die anstehende Komplettübernahme der Profigesellschaft durch Martin Kind and Friends, die 2018 endgültig vollzogen werden kann. Wie immer die Wahl ausgehen wird, sie wird zumindest einen Eindruck vermitteln von der Stimmung rund um den Verein.
9.00 - Abschied nach 14 Jahren. Vier Spieltage vor Schluss ist in der Fußball-Bundesliga nun also die erste Entscheidung der Saison 2015/16 gefallen (wenn man mal davon absieht, dass Bayern und Dortmund sich bereits für die Champions League qualifiziert haben). Und, nein, anders als in den vergangenen Jahren ist es diesmal nicht die Entscheidung im Titelkampf. Die Bayern brauchen immer noch drei Punkte aus drei Spielen, um die letzten theoretischen Zweifel an ihrer 26. Meisterschaft zu beseitigen. (Da müsste mal eigentlich langsam mal die Trainerfrage stellen. Ich finde, die Bayern sollten sich diesen Guardiola nicht noch eine Saison antun. Aber das nur am Rande.)
Entschieden ist seit Sonntagabend, exakt 19.22 Uhr, dass Hannover 96 zum fünften Mal nach 1974, 1976, 1986 und 1989 aus der Bundesliga absteigt. Und es passt ganz gut zu ihrer blamablen Saison, dass es die Hannoveraner am Sonntagabend erwischt hat, als sie selbst unbeteiligt waren. Böse Zungen behaupten ja: Sogar wenn Hannovers Spieler auf dem Platz standen, wirkten sie oft seltsam unbeteiligt.
Jetzt ist es also vorbei, obwohl es noch nicht vorbei ist. In den ausstehenden drei Saisonspielen geht es für die 96er nur noch um den Rest ihrer Ehre. „Wir müssen uns komplett von der Tabelle lösen“, hat Hannovers Nationaltorhüter Ron-Robert Zieler nach dem 2:2 am Samstag in Ingolstadt gesagt. „Wir wollen den Verein Hannover 96 bis zum Ende würdig präsentieren.“ Das ist den Spielern in den vergangenen drei Wochen sogar schon auf recht beeindruckende Weise gelungen. Seitdem Daniel Stendel das Traineramt von Thomas Schaaf übernommen hat, ist die Mannschaft noch ungeschlagen. Aus drei Spielen (unter anderem gegen die Champions-League-Anwärter Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach) hat die Mannschaft fünf Punkte geholt. Doch dieses – nun ja – Aufbäumen kommt ein bisschen zu spät. Weil Eintracht Frankfurt am Sonntag, etwas überraschend, den FSV Mainz 05 besiegt hat und die Frankfurter noch gegen Bremen spielen, werden es die 96er trotz ihres aktuellen Zwischenspurts nicht mehr schaffen, bis zum Saisonende noch zwei Mannschaften hinter sich zu lassen.
Wirklich überraschend ist das nicht mehr. Schon in der vergangenen Saison ist Hannover nur knapp dem Abstieg entronnen. Und bis auf eine kurze Phase, in der die 96 im und um den Europapokal spielten, ist der Abstiegskampf für den Verein schon länger das alltägliche Geschäft. „Verantwortlich für den Abstieg ist die Summe der Fehlentscheidungen in der Vergangenheit“, kommentiert die „Neue Presse“ aus Hannover. Der Traum von Präsident Martin Kind, Hannover 96 zur „nationalen Marke“ zu machen (schon seltsam, wovon manche Menschen träumen), dieser Traum also muss zunächst einmal auf Wiedervorlage gelegt werden.
Am Sonntagabend hat Michael Preetz, der Manager von Hertha BSC, in einem Interview mit dem RBB gesagt, Herthas Ziel sei es weiterhin, sich in der Bundesliga zu etablieren. Der Fall Hannover 96 zeigt, wie anspruchsvoll diese vermeintlich läppische Aufgabe ist. 14 Jahre am Stück war 96 jetzt in der Bundesliga. Das haben im selben Zeitraum weder Mainz noch Gladbach, weder Köln noch Frankfurt geschafft. Und Hertha BSC ist – seit Gründung der Bundesliga – nie länger als 13 Jahre erstklassig gewesen. Was wir daraus lernen? Auch wer sich vermeintlich in der Bundesliga etabliert hat: Ein paar Fehler zu viel, und es kann ganz schnell vorbei sein. Dass Hannover 96 in den vergangenen Jahren nicht nur ein paar Fehler zu viel gemacht hat, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten.