Emotionsloser Abstieg: Wer war Hannover 96?
Hannover 96 verabschiedet sich aus der Bundesliga – und hinterlässt bei vielen nur ein Schulterzucken. Wie sich ein Verein selbst verlieren kann - und neu erfinden könnte. Unser Blendle-Tipp.
Die Sache ist ihm peinlich. „Außer Sievers könnt Ihr alle gehen“ – dieses böse Liedchen wird seit Wochen angestimmt, wenn es die nächste Niederlage für den Tabellenletzten Hannover 96 setzt. Torwarttrainer Jörg Sievers, seit 27 Jahren Angestellter des Vereins, würde am liebsten im Erdboden versinken, sobald es ertönt. „Die Sprechchöre machen mich stolz und wütend“, sagt der 50-Jährige. „Es ist ein Zeichen für ganz bittere Zeiten. Aber ich stehe offenbar für etwas Positives.“ Mit dem Elfmeterhelden Sievers im Tor gewann Hannover 1992 den DFB-Pokal. Es ist bis heute der letzte Titel eines Vereins, der sich gerade still und heimlich aus der Fußball-Bundesliga verabschiedet. Der Frühling in Hannover sieht in diesen Tagen trist aus. Rund um das Stadion ist es merklich ruhiger geworden. Aber die Passanten grüßen freundlich, wenn Sievers auftaucht. Der Mann lächelt, aber innerlich kocht er.
Seine ehrliche Art und seine besondere Vereinstreue geben den Leuten offenbar Halt. Wenn Sievers seinen täglichen Gang von der Umkleidekabine am Stadionbad vorbei zum Trainingsplatz antritt, klopfen ihm die Leute auf die Schulter. In Hannover stellt er etwas dar, was von außen nur schwer zu erkennen ist. Er steht für Hannover 96, was immer das sein mag. Außer Sievers kann man alles andere austauschen, scheint der Subtext des bösen Liedes zu lauten.
Er ist eine Marke, wie Präsident Martin Kind sie gerne aus 96 gemacht hätte.
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