Handel in Potsdam: "Wir kämpfen noch für Karstadt"
Der Potsdamer Oberbürgermeister und die Gewerkschaft Verdi haben die Hoffnung auf eine Kehrtwende im Karstadt-Fall noch nicht aufgegeben.
Potsdam - Das Schicksal der Potsdamer Karstadt-Filiale hält Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) noch nicht für besiegelt. Nach einem Gespräch mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK) und des Handelsverbands Berlin-Brandenburg stellte er sich am frühen Montagnachmittag vor dem Rathaus den Fragen von Fernsehteams und Reportern. „Wir kämpfen noch für Karstadt”, sagte er und kündigte zeitnahe Gespräche mit den Eigentümern und dem Management des an der Brandenburger Straße residierenden Kaufhauses an. Er werde, so der Oberbürgermeister, für die Vorzüge des Standorts „in einer prosperierenden Stadt mit wachsender Bevölkerung” werben.
Am Freitag war wie berichtet bekannt geworden, dass die Unternehmensgruppe, zu der Karstadt gehört, bundesweit 62 von insgesamt 172 Filialen, darunter auch die Potsdamer, schließen will. Allein in der Landeshauptstadt würden rund 100 Arbeitsplätze verlorengehen. Angeblich fusionierten Galeria Kaufhof und Karstadt 2019 unter dem Dach der Signa Holding. Aber der Stadt Potsdam sind die komplexen Unternehmensstrukturen noch unklar. „Welche der Gesellschaften Eigentümer des Potsdamer Hauses ist, darum kümmern wir uns gerade”, hieß es aus der Pressestelle.
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Die Nachricht habe Schubert "kalt erwischt"
Schubert, der sein Arbeitsleben vor seinem Studium mit einer Lehre zum Einzelhandelskaufmann begonnen hatte, war anzumerken, dass ihn die geplante Schließung des einzigen Kaufhauses der Stadt berührt. Auch, als er sagte, dass die Nachricht das Management dort „eiskalt erwischt” habe, und ebenso, als er versuchte, sein Unverständnis darüber im Zaum zu halten, „dass hier eine Filiale geschlossen werden soll, die in den vergangenen Jahren ständig wachsende Umsätze verbucht” habe.
In den Gesprächen mit den Eigentümern will der Oberbürgermeister alle Trümpfe ausspielen, die er hat, um sie zu einer Kehrtwende zu bringen. Die Brandenburger Straße sei „die stärkste Einkaufsstraße” in Brandenburg, die Stadt habe bereits beschlossen, sie mit einem Aufwand von 2,5 Millionen Euro „noch attraktiver” zu gestalten.
Schubert kündigte weiteres Entgegenkommen an. Wenn man mit dem örtlichen Management und den Eigentümern an einem Tisch sitze, „können wir gemeinsam darüber nachdenken, was man im Zentrum“, in der Brandenburger Straße und ihren Nebenstraßen, außerdem noch verbessern könne. Er vertraue auf die Händler der Stadt, „die sich mehr als einmal berappelt haben, wenn sie vor neue Situationen gestellt wurden”, so der OB. Und weiter: „Wir werden auch diese Situation schaffen.”
Denkbar seien andere Nutzungskonzepte für das Stadtpalais
Und wenn die Hoffnung zuletzt doch stirbt? Zwei Tage nach der Nachricht über die Schließung sei es, so Schubert, „zu früh”, über konkrete Alternativen nachzudenken. Denkbar seien andere Nutzungskonzepte für das Stadtpalais in dem Karstadt Handel treibt, „von Frische-Märkten bis zum Shop-in-Shop-System”, in dem viele kleine Läden in einem größeren Komplex untergebracht werden. Man müsse darüber nachdenken, ob die Brandenburger Straße eher für Touristen oder für die Potsdamer da sein solle, alle Szenarien müssten „die gesamte Innenstadt einbeziehen”. Auch auf die gelegentlich diskutierte Frage, ob ein sogenannter City-Manager helfen könne, die Innenstadt zu beleben, ging Schubert ein, wenn auch ablehnend: „Was kann der leisten in einer Stadt, die über keine Immobilien verfügt?” Aber, schloss der Oberbürgermeister, „das ist jetzt alles viel zu früh”.
Auch Erika Ritter, Leiterin des Fachbereichs Handel der Gewerkschaft Verdi für Berlin und Brandenburg, hat sich noch einen Rest Optimismus für Karstadt in Potsdam und an anderen Standorten bewahrt. „Die Liste mit den geplanten Streichungen kann noch leben”, sagte sie den PNN am Montag auf Anfrage. Dafür müsse es gelingen, den Vermieter dazu zu bewegen, sich auf faire Mietkonditionen einzulassen. Es sei inakzeptabel, wenn – wie in Berlin geschehen – eine Karstadt-Filiale 18 Prozent ihres Umsatzes „als Miete abdrücken” müsse und dennoch die Kosten für Instandhaltung trage. Das beispielsweise für die Wartung der Sprenkleranlage, „obwohl das klar zu den Pflichten eines Vermieters gehört”. Die Zeiten hoher Mieten seien vorbei, sagte Ritter, „wer den Schuss angesichts sinkender Umsätze jetzt noch nicht gehört hat, dem ist nicht zu helfen”.
Lage in der Innenstadt ist schwierig
Die Lage in der Potsdamer Innenstadt ist schwierig, etliche Geschäfte, ob das Restaurant Pfeffer & Salz, Starbucks, C&A, WMF oder Leonardo, haben ihren Standort aufgegeben. Die C&A-Filiale immerhin wird nicht verwaisen, dort soll künftig Ikea einziehen. Bemerkenswert ist, dass die Chefs der anderen beiden Publikumsmagneten, der Bahnhofpassagen und des Stern-Centers, auf die Schließung von Karstadt nicht mit heimlicher Freude über möglicherweise zu erwartende Umsatzzuwächse reagieren. Ein Besuchermagnet wie Karstadt sei „für eine Innenstadt exorbitant wichtig”, sagt Jana Strohbach, Centerchefin der Bahnhofspassagen. Zwischen ihrem Unternehmen und dem Kaufhaus habe es ohnehin keinen direkten Wettbewerb gegeben: „Wir sehen uns eher als Tor zur Innenstadt und als Bindeglied.” In den Bahnhofspassagen gebe es durch Pendler, Touristen und Nahversorger „eine andere Kundenklientel” als in der Innenstadt.
Stern-Center-Chef Frank Kosterka hat die schlechte Nachricht von Karstadt nicht verunsichert: „Bei unserem Konzept mit mehr als 85 verschiedenen Mietpartnern ist das Risiko viel breiter gestreut.” Sollte das Kaufhaus geschlossen werden, sei das „ein Verlust für die Potsdamer Handelslandschaft”.
Wie die MAZ als erste berichtete, geht die im Karstadt-Gebäude untergebrachte Filiale der Drogeriekette dm davon aus, dass sie ihren Standort behalten kann.