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Neustart. Beim Doppelvierer hat es nach Olympia 2016 Umbesetzungen gegeben. Dieses Jahr fahren Stephan Krüger, der Potsdamer Hans Gruhne, Philipp-André Syring und Ruben Steinhardt (v.l.) zusammen.
© Gian Ehrenzeller/dpa

Potsdamer Ruderer bei der WM: Wieder bereit für Vollgas

Nach einem Jahr der Besinnung setzte Ruder-Olympiasieger Hans Gruhne seine Karriere fort. Die Comebacksaison des Potsdamers endet nun mit der Weltmeisterschaft in Bulgarien. Dort gibt zudem eine 20-Jährige vom Seekrug ihr Debüt auf der ganz großen Ruder-Bühne.

Rudern ist ein schöner Sport. Draußen in der Natur. Das erhabene Gefühl, durch eigene Muskelkraft ein Boot über das Wasser zu treiben. „Ich liebe es“, sagt Hans Gruhne. Doch der Rudersport mit seinem harten Trainingspensum und der monotonen Bewegung kann auch zu einer Mühle werden, die einen Athleten zermahlt. Gruhne hatte nach zahlreichen Jahren in der deutschen A-Nationalmannschaft den Moment der körperlichen sowie mentalen Erschöpfung erreicht. 2015 war der Mann des RC Potsdam Weltmeister geworden, ein Jahr später holte er ebenfalls mit dem Doppelvierer Olympiagold. Alles, was er immer im Sport wollte, hatte er.

Und dann? Wohin, wenn man schon ganz oben ist? „Das habe ich mich auch gefragt“, erzählt der Bundespolizist. Für ihn wurde klar: „Ich musste erst einmal raus aus der Mühle.“ Vergangene Saison kletterte er deutlich seltener als sonst ins Boot, trainierte „ein bisschen locker herum“. Er habe es genossen. Die Entspannung. Das Leben außerhalb der Spitzensportblase. Die Zeit zum Nachdenken. „Ich habe viel reflektiert und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass ich trotz meines Alters von mittlerweile 30 Jahren immer noch Steigerungspotenzial habe. Sowohl athletisch als auch rudertechnisch“, sagt der Potsdamer. Also zog er ab vergangenem Herbst wieder im Training an. „Ich habe dieses Jahr Pause gebraucht, um wieder für Vollgas bereit zu sein.“ So düste er zurück ins Nationalteam. Seine Comebacksaison schließt der gebürtige Berliner nun bei der am Sonntag beginnenden Weltmeisterschaft im bulgarischen Plovdiv ab.

Auf dem Olymp. Hans Gruhne, Lauritz Schoof, Philipp Wende and Karl Schulze (v.r.) holten bei den Sommerspielen 2016 in Rio Gold.
Auf dem Olymp. Hans Gruhne, Lauritz Schoof, Philipp Wende and Karl Schulze (v.r.) holten bei den Sommerspielen 2016 in Rio Gold.
© Soeren Stache/dpa

"Mein Ehrgeiz ist ungebrochen"

Dann gehört Hans Gruhne erneut zur deutschen Doppelvierer-Crew. Allerdings ist es eine komplett andere als bei der Fahrt auf den Olymp 2016. Nur Gruhne ist von den Rio-Goldhelden noch dabei. Ein Neustart nach dem Neustart. Bereits bei der vorjährigen WM hatte es eine rundum veränderte Besatzung gegeben, doch das Verpassen des A-Finales sorgte für einen abermaligen Umbau. „Es braucht natürlich Zeit, um uns als Team zu finden, das System richtig abzustimmen“, erklärt Hans Gruhne, der nicht wie einst Schlagmann ist, sondern auf der zweiten Position sitzt. Hinter Stephan Krüger. Die beiden 30-Jährigen bringen die Erfahrung mit – Philipp-André Syring (21) als einziger Überbliebener aus dem 2017er-Quartett sowie Ruben Steinhardt (25) sind ambitioniert, aber bisher nur selten im Elitebereich auf internationalen Gewässern unterwegs gewesen. „Wir durchlaufen einen Prozess“, betont der dreifache WM-Medaillengewinner Gruhne.

Silber, Bronze und Rang vier kamen bei den diesjährigen Weltcups heraus. „Das war okay. Wir haben unser Potenzial angedeutet“, meint der RCP-Athlet. Als Zwischenstation hätten er und seine Kollegen auch gerne die Europameisterschaft in Glasgow mitgemacht. Doch aus finanziellen Gründen entschieden sich die Verantwortlichen dieses Bootes für ein WM-Vorbereitungstrainingslager in Österreich statt die EM-Teilnahme. Beides hätte nicht bezahlt werden können. „Darum können wir uns nur auf unsere Trainingseindrücke verlassen“, sagt Gruhne. Sie seien positiv. „Das Boot läuft immer besser und besser. Das gute Gefühl, das wir uns erarbeitet haben, müssen wir jetzt in die Rennen übertragen.“ Beim Studieren der WM-Meldeliste ist dem 1,93 Meter großen Recken aufgefallen, dass das Doppelvierer-Starterfeld besonders hochwertig sei. Viele Top-Leute, die schon im Einer oder Doppelzweier erfolgreich waren, säßen derzeit im vier Mann starken Boliden. „Es wird ein breites Feld von Nationen geben, das um die Medaillen kämpft“, prognostiziert Hans Gruhne. „Uns zähle ich dazu.“

Unabhängig vom Ausgang der bevorstehenden Welt-Titelkämpfe in Bulgarien ist er sich bereits sicher, mit der Fortsetzung seiner Karriere hinsichtlich Olympia 2020 die richtige Entscheidung getroffen zu haben. „Das Rudern macht mir einfach immer noch so viel Spaß. Und mein Ehrgeiz ist ungebrochen.“ Wo will also jemand hin, der schon ganz oben war? Erneut dorthin.

+++ Debüt für Isabelle Hübener bei der Elite-WM +++

Während Hans Gruhne bereits überaus erfahren im internationalen Geschäft der Ruder-Elite ist, wird Isabelle Hübener in Plovdiv ihr Debüt bei einer Erwachsenen-Weltmeisterschaft geben. Sie startet im Vierer ohne Steuerfrau. Die 20-Jährige wurde zweimal Junioren-Weltmeisterin und holte einen Junioren-EM-Titel. Vergangene und diese Saison war sie mit dem Deutschland-Achter bei der U23-Weltmeisterschaft dabei - Plätze vier und fünf.

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