75. Jahrestag der "Nacht von Potsdam": Warum ausgerechnet Potsdam?
Fragen und Antworten zum Bombenangriff vom 14. April 1945 aus Hans-Werner Mihans Standardwerk "Die Nacht von Potsdam".
Hans-Werner Mihan, gestorben 2008 im Alter von 81 Jahren – als 18-Jähriger Zeitzeuge des Angriffs und hochkundiger Historiker – hatte in seiner Wohnung an der Gutenbergstraße alles zur Hand: Karten, Pläne, Unterlagen, Bücher, Quellen, Schriften – auf Deutsch, auf Englisch. Er war einer, der alles über den Untergang Potsdams an jenem 14. April wusste. Sein Standardwerk „Die Nacht von Potsdam“ – angelehnt an den historischen Begriff vom „Tag von Potsdam“ im März 1933 – zählt heute zu den Raritäten auf dem Büchermarkt. Antiquariate rufen im Internet Preise bis zu 120 Euro für gebrauchte Exemplare seines Buches von 1997 auf. Wir beleuchten in Fragen und Antworten – basierend auf Original-Zitaten – die Fakten, Daten und Motive hinter dem Angriff auf Potsdam.
Weshalb ausgerechnet Potsdam?
In einer britischen Liste vom Frühjahr 1945 erscheint Potsdam an achter Stelle mit der Begründung: „Bedeutung für die Bewegung von Flüchtlingen von der Front und Truppenbewegungen zur Front im Osten ausgewählt worden.“ In einer weiteren Begründung, so Mihan, heißt es: „In erster Linie ein Wohnzentrum für Offiziere und für Behördenangestellte, auch ein militärisches Ausbildungszentrum von einiger Bedeutung.“ Zudem ist von einem ominösen Nitro-Zellulose-Werk die Rede.
Wann fiel die Entscheidung zum Angriff?
Vorgesehen war zunächst ein Tagesangriff für den Nachmittag des 14. April. Erst in letzter Minute sei der Angriff auf die Nacht verlegt worden, so Mihan.
Die Stadt, so heißt es oft, sei in England als Hort des „preußischen Militarismus“ kritisch gesehen worden. Wie reagierten die Flieger auf ihr zunächst geheimes Ziel?
Mihan zitiert aus den Erinnerungen eines Piloten: „Der Intelligence Officer unterstrich seinen Wunsch, Schrecken in unsere Herzen zu säen, indem er mit seinem Zeigestock dramatisch auf den Zielpunkt auf der Wandkarte stieß. Wenn Du dich erinnerst, hatte Curly, unser Navigator, immer einen Bleistift in seinem Mund – bei dieser Gelegenheit biss er ihn glatt durch!“
Stimmt es, dass die Piloten schon beim Angriff auf Dresden beteiligt waren?
Ja. Viele von ihnen waren schon bei dem Angriff im Februar dabei, der recht deutlich die inzwischen eingetretenen Schwächen der deutschen Abwehr offenbarte, schreibt Mihan. Die Besatzungen hätten aber auch gewusst, dass der Flug durchaus kein Spaziergang werden dürfte.
Gab es einen Feuersturm, wie ihn Hamburg 1943 heimsuchte?
Nein. Es ist unbestritten, dass große Teile der Altstadt in Flammen standen, aber von einem Feuersturm kann keinesfalls die Rede sein – einen solchen hätte keiner der Ausgebombten überlebt, sondern wäre er – schon bedingt durch die engen Straßen – durch den furchtbaren Sog in die nächsten brennenden Gebäude gezogen worden.
Stimmt es, dass eine völlige Auslöschung der Stadt nur daran scheiterte, dass die Markierungsbomben durch Wind nach Süden über die Havel trieben?
Diese Version hat sich am hartnäckigsten gehalten, schreibt Mihan. Laut Aufzeichnungen des Polizeireviers in der Leipziger Straße herrschte aber Ostwind – das hätte, auch in großen Höhen, allenfalls eine Abdrift nach Westen, keinesfalls aber in Richtung Süden bedeutet.
Was war mit den sogenannten „Christbäumen“, die viele Potsdamer in jener Nacht beobachteten?
Die Frage nach den – nachgewiesenen – 836 an Fallschirmen niedergehenden Beleuchtungsbomben ist laut Mihan umstritten. Es sei nicht bekannt, in welcher Höhe sie abgesetzt wurden, schreibt er: „Eine der ersten sah auch ich in jener Nacht. Anstatt aber mir zuerst einzuprägen, in welche Richtung sie drifteten, zog ich es vor, lieber sofort den schützenden Keller aufzusuchen.“
Sollte nach den britischen Plänen die gesamte Stadt zerstört werden?
Nein. Der Zielpunkt des Angriffs war der Bahnhof. Er bildet auch das Zentrum der durch den Angriff betroffenen Fläche, betont Mihan. Die Luftaufnahme der 90. Squadron zum Beispiel, aufgenommen um 22.50 Uhr, zeigt deutlich, dass weite Gebiete der Stadt bis dahin noch nicht bombardiert worden waren.
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Hans-Rüdiger Karutz
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