Potsdamer Rudersport: Von der Tradition in die Zukunft
Potsdam hat den Status als Ruder-Bundesstützpunkt erhalten. Dadurch sind Modernisierungen auf dem Seekrug-Gelände nötig - und Ideen zur Weiterentwicklung des Standorts. Oberbürgermeister Mike Schubert möchte dieses Jahr Lösungen.
Potsdam - Das Seekrug-Gelände am Ufer des Templiner Sees hat eine bewegte Geschichte. Ganz maßgeblich mit dem Potsdamer Rudersport verknüpft, ist es gekennzeichnet von Entwicklungen, Umbrüchen, Dissonanzen, Unsicherheiten – aber vor allem auch großen internationalen Erfolgen in der Vergangenheit. „Wir wollen dort auch in Zukunft wieder an Stärke gewinnen“, sagte Rolf Holzschuher, Präsident des Landesruderverbands Brandenburg, unlängst beim traditionellen Siegerbrunch des RC Potsdam.
Vorige Saison hatte sich der RCP im Nachwuchs zum besten deutschen Verein gekürt. In die Nationalmannschaften schafften es – hauptsächlich bei den Junioren und der U23-Klasse – 15 Aktive. Eine beachtliche Zahl. Edelmetall brachten Klas Ole Lass (Gold) sowie Mattes Schönherr, Marvin Paul und Felix Braband (Bronze) von der U19-Weltmeisterschaft nach Hause, an den Seekrug.
Investitionen von rund 200.000 Euro für den Trainings-Standort
Jener Standort hatte nach vielen Befürchtungen, aus dem nationalen Förderraster zu fallen, doch die Anerkennung bis 2024 als einer von vier Ruder-Bundesstützpunkten erhalten. Von Potsdam aus soll durch den leitenden Trainer Sven Ueck der im Weltmaßstab zuletzt abgehängte deutsche Frauen-Riemenbereich neu aufgebaut werden. Dazu sind Investitionen nötig. Wie die Stadt Potsdam auf PNN-Anfrage mitteilte, sind bereits rund 200.000 Euro aus Finanztöpfen des Bundes, Landes und der Stadt geflossen.
Unter anderem ist vor Kurzem der sogenannte Ruderkasten auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden. Die Anlage besteht aus einem Wasserbecken, über das sich ein Mittelsteg zieht. Darauf können bis zu acht Sportler auf Rollsitzen Platz nehmen und je nach Disziplin die Skulls oder Riemen durch das stehende Wasser ziehen. „Verschiedene Sensoren ermitteln dabei Werte wie die Kraftleistung oder Schlagweiten“, erklärt Volkmar Schmidt, der den Potsdamer Ruderkasten Mitte der 1970-er-Jahre konzipierte. Die letzte größere Modernisierung fand vor 20 Jahren statt. Nunmehr sei die Anzeige der Daten und die Handhabung verbessert worden. Auf hochauflösenden Bildschirmen können die Athleten auch ihre Bewegungen selbst genau unter die Lupe nehmen. „Andernorts wurden in Deutschland solche Ruderbecken schon wieder zugeschüttet, weil man meinte, lieber nur auf Ergometer mit Messtechnik setzen zu wollen“, sagt Schmidt. „Doch da zieht man ja nur gerade an einer Strippe.“ Besonders der Riemen-Bewegung wird das nicht vollends gerecht. Bei dieser Disziplin arbeitet jeder Aktiver nur mit einem Ruderblatt und dreht sich dabei seitlich ein. „Das lässt sich auf dem Ergometer nicht simulieren“, so Schmidt. Für die Mission, in Potsdam die deutschen Riemen-Damen zurück in die internationale Spitze zu führen, sei das Ruderbecken daher unerlässlich: „Darin werden effektiv die Grundlagen gelernt. Es geht um das Verständnis für den richtigen Einsatz der Kräfte und die optimalen Schlagweiten.“
Probleme: Geförderte Baumaßnahmen noch nicht fertig umgesetzt
Optimal sind derweil noch nicht alle Bedingungen am Potsdamer Bundesstützpunkt. Es gibt Problemfälle. Diese zu beheben, war das Ziel, als im September 2017 ein umfangreicher Förderbescheid zugunsten des Ruder-Standorts überreicht wurde. Mit den Mitteln sollten etwa die benachbarte alte Judohalle in eine Ergometrie-Trainingstätte umgewandelt sowie die Gästezimmer im Seekrug-Gebäude saniert werden. Beide Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Vor allem die fehlenden Zimmer stellen ein Erschwernis dar. Für zentrale Lehrgänge sollen die Riemen-Ruderinnen aus ganz Deutschland nach Potsdam zusammenkommen – ihre Unterbringung ist im Seekrug geplant, doch bisher muss auf andere Optionen ausgewichen werden, was zum Teil kostenintensiv ist. Es seien Auflagen im Brandschutz, die die Sanierung der Zimmer verzögern, erklärte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) den PNN. „Wir sollten da aber soweit sein, dass die letzten Schritte bald erfolgen können“, zeigt er sich optimistisch.
Überhaupt sei der Seekrug eine „Baustelle“, die er mit seinem Amt geerbt habe, sagte Schubert. Das 1937 errichtete Fachwerk-Gebäude im städtischen Besitz beheimatete bis vor wenigen Jahren auch ein beliebtes Ausflugslokal. Eine Wiederbelebung wird durch die Stadt befürwortet, wie mehrfach zu Protokoll gegeben wurde. Konkrete Visionen für das Haus sowie das gesamte Gelände sollen nun schleunigst entwickelt werden, so Schubert. Seinen ersten Stadtteilspaziergang als Oberbürgermeister werde er nicht zuletzt deshalb in Potsdam-West auf dem Gelände des Luftschiffhafens inklusive Seekrug durchführen, kündigte er an. „Wir wollen eine gemeinsame Idee für die Heimstätte des Ruderns in Potsdam finden – auch hinsichtlich der Sondersituation mit zwei Vereinen, die mal einer waren.“
"Problemfreies Nebeneinander" der beiden Clubs
Damit verwies Schubert darauf, dass sich nach internen Spannungen 2011 der RC Potsdam aus der Potsdamer Ruder-Gesellschaft abgespalten hatte. „Inzwischen ist das aber ein problemfreies Nebeneinander“, betont Harald Kirsch, der seit April 2018 neuer Präsident des RCP ist. Sein Verein habe den Fokus auf den Leistungssport, die PRG widmet sich besonders der Anfängerausbildung und dem Breitensport. „So eine Teilung ist in anderen Städten gang und gäbe“, meint Kirsch. Und statt auf Konfrontation setze man längst auf Kommunikation.
Mike Schubert empfindet diese Einstellung als wichtig, um den Standort weiterzubringen – gerade im Hinblick darauf, dass er vielleicht perspektivisch zu einem neuen Stadtviertel gehört. Es gibt Pläne für ein Wohnbau-Großprojekt in der Pirschheide, das sich über viele Jahre ziehen könnte. Wie der Seekrug zukunftsfähig werden soll, möchte Schubert nach eigener Aussage aber noch 2019 mit Lösungen definieren: „Das sind wir der traditionsreichen Stätte schuldig.“
+++ Beruhigte Zone für Leistungssportler-Training? +++
Noch ist wenig los auf den Potsdamer Gewässern. Doch wenn der Frühling und spätestens der Sommer kommt, wird es wieder richtig voll – und das ist ein Problem für die Leistungssportler der Bundesstützpunkte Rudern und Kanu. „Das Training wird dadurch beeinträchtigt“, sagt Ruder-Stützpunkttrainerin Uta Salomon. „In den vergangenen Jahren hat der Bootsverkehr massiv zugenommen. Die Sportler haben mit den Wellen zu kämpfen. Außerdem stellt das teilweise rücksichtslose Fahren von Booten und Flößen eine richtige Gefahr dar“, erklärt sie. Deshalb wird von der Leistungssportzunft angeregt, eine beruhigte Zone für das Training einzurichten, in der die Aktiven – womöglich durch wellenbrechende Schwimmelemente abgegrenzt – ungestört arbeiten können.
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) weiß um die Problematik. Er wolle sich dem annehmen, sagte er den PNN. „Wir müssen gucken, wie wir die unterschiedlichen Nutzungen des Wassers vernünftig zueinander bringen“, so Schubert. „Wir sind eine Sportstadt und wollen natürlich vernünftige Trainingsbedingungen schaffen.“ Eine Beruhigungssituation könne eine Lösung sein, meinte er. „Oder wir müssen Alternativen entwickeln. In nächster Nähe haben wir zum Beispiel gute, wenig befahrene Kanäle, die als Ausweichstandorte für das Training genutzt werden könnten.“
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