Zweifel an Bürgerbegehren zur Potsdamer Mitte: Veto statt Votum
Das Rathaus Potsdam hält die Fragestellung zum Bürgerbegehren für unzulässig, weil sie die Bauleitplanung berührt. Doch auch daran gibt es Zweifel.
Potsdam - Die Stadtverwaltung zweifelt an der Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens gegen den Abriss von Hotel-Mercure, Fachhochschulgebäude und Staudenhof-Wohnhaus, die alle zu DDR-Zeiten errichtet wurden. Hintergrund ist die brandenburgische Kommunalverfassung, in der es heißt: „Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über die Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen.“ Doch genau das könnte nun der Knackpunkt sein, teilte Rathaussprecher Stefan Schulz auf PNN-Anfrage mit.
Bürgerbegehren könnte für unzulässig erklärt werden
„Bereits der Beschluss der Satzung über das Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte von 1999, die Annahme der Ergebnisse der ,Planungswerkstatt Potsdamer Mitte’ von 2006 sowie das Leitbautenkonzept als Konkretisierung der Sanierungsziele von 2010 waren Schritte zur Vorbereitung der Bauleitplanung für die Blöcke III und IV“, so Schulz. Bleibt es nach einer abschließenden rechtlichen Prüfung bei diesem Standpunkt, könnten die bereits mehr als 14 600 gesammelten Unterschriften für das Begehren umsonst gewesen sein. Dann würde das Bürgerbegehren aus formalen Gründen für unzulässig erklärt werden.
Die Stadtverordnetenversammlung hatte vor einer Woche mit dem Beschluss zur Konkretisierung des sogenannten Leitbautenkonzepts für die Potsdamer Mitte auch die Aufstellung von zwei Bebauungsplänen für das Areal des jetzigen Fachhochschulgebäudes beschlossen. Damit ist das Verfahren zur Bauleitplanung für diese Fläche in Gang gesetzt – das allerdings erst fast zwei Monate nach Beginn des Bürgerbegehrens.
Wohnhäuser mit historisierenden Fassaden statt Fachhochschule
Das konkretisierte Leitbautenkonzept sieht für die künftige Potsdamer Mitte ein ganz anderes Gesicht vor: Die historischen Kaiser- sowie die Schwertfegerstraße sollen wiederhergestellt werden. Auf der Fläche der Fachhochschule sollen überwiegend private Investoren Wohnhäuser mit teilweise historisierenden Fassaden errichten.
Die Stadtverwaltung nennt auf Anfrage noch einen weiteren Beschluss, der in die Bauleitplanung fällt: „Auch der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans für den Lustgarten vom März 2016 widerspricht bereits den Zielen der Initiatoren des Bürgerbegehrens, welches erst im April gestartet wurde“, so Rathaussprecher Schulz. Seinerzeit hatten die Stadtverordneten beschlossen, die Sanierungsziele für den Lustgarten so zu ändern, dass langfristig das Hotel Mercure gekauft und abgerissen werden kann, um an seiner Stelle eine „Wiese des Volkes“ anzulegen.
Jakobs will an den Abrissplänen für Mercure festhalten
Mittlerweile hat sich gezeigt, dass das lange dauern kann. Denn der bisherige Eigentümer, der US-Investmentfonds Starwood, hat das Gebäude mit neun anderen ehemaligen DDR-Interhotels an die französische Holding FDM Management verkauft – der städtische Sanierungsträger bekam einen Korb. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) will jedoch langfristig an den Abrissplänen für das Hotelhochhaus festhalten.
Die Stadtverwaltung hatte in Sachen Bürgerbegehren von Anfang an eine harte Haltung gezeigt. Der Oberbürgermeister selbst hatte dazu aufgerufen, das Bürgerbegehren nicht zu unterschreiben. Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens muss der Wahlleiter entscheiden. Bisher ist das noch nicht geschehen. Da die Initiatoren des Begehrens die Landeshauptstadt bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit nicht eingebunden haben, habe bisher auch keine abschließende rechtliche Bewertung stattgefunden, heißt es aus dem Rathaus. Die finde erst statt, wenn das Begehren mit den gesetzlich benötigten Unterschriften bei der Stadtverwaltung eingereicht wird.
Verwaltungsrechtler: Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zulässig
Dass die Fragestellung des Bürgerbegehrens tatsächlich in die Bauleitplanung eingreift, wird von anderer Seite angezweifelt. Der Verwaltungsrechtler Thorsten Ingo Schmidt von der Uni Potsdam hatte den PNN zum Start des Begehrens gesagt, dass die Fragestellung zulässig und mit der Kommunalverfassung vereinbar sei. Die Formulierung des Begehrens würde die Bauleitplanung nicht berühren, meinte Schmidt.
Wird das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt, würde den Stadtverordneten auch die Abstimmung darüber erspart werden. Würden sie die Forderungen der Abriss-Gegner entsprechend ihres bisherigen Abstimmungsverhaltens ablehnen, würde dies einen Bürgerentscheid zur Folge haben. Wenn dann mehr als 25 Prozent aller stimmberechtigten Potsdamer – also rund 35 000 Personen – Ja ankreuzen und es außerdem weniger Nein-Stimmen gibt, ist der Entscheid erfolgreich und verbindlich.
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