Vor Start zum Bürgerbegehren über Potsdams Mitte: Jakobs warnt vor Stillstand in der Mitte
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs geht vor dem Start des Bürgerbegehrens zur Potsdamer Mitte in die Offensive und warnt vor einem Stillstand. Dafür verspricht er ein "Quartier für alle".
Potsdam - Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) geht in der konfliktgeladenen Debatte um die Entwicklung der Potsdamer Mitte jetzt in die Offensive: Er warnt die Potsdamer vor den möglichen Folgen des Bürgerbegehrens, das die Initiatoren der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ diesen Freitag starten wollen. Dabei gehe es nicht nur darum, den Abriss des DDR-Plattenbaus des Hotel Mercure zu verhindern, schreibt Jakobs in seiner am Sonntag veröffentlichten Kolumne auf dem Internetportal der Stadt. Das neue Bürgerbegehren solle vielmehr einen „grundsätzlichen Stopp der Entwicklung in diesem innerstädtischen Bereich“ bewirken. Das lehnt Jakobs entschieden ab: „Stillstand wäre gerade jetzt das falsche Zeichen.“ Die wachsende Stadt müsse auch zunehmend attraktiver werden.
Die Potsdamer fordert Jakobs auf, sich vor einer Unterschrift unter das Bürgerbegehren über die möglichen Folgen Gedanken zu machen. Er kündigte auch eine Informations-Offensive zu den Plänen für die Mitte an. Anfang Mai werde die Verwaltung den Potsdamern und den Stadtverordneten ein „komplettes Konzept“ vorlegen, wie der innerstädtische Bereich inklusive des Areals der jetzigen Fachhochschule (FH) bebaut werden könne. Es gehe der Verwaltung dabei nicht „um einige wenige historische Fassaden“ oder eine „rückwärtsgewandte Annäherung an den alten Stadtgrundriss“. Potsdam brauche eine gesunde Entwicklung der Innenstadt „in angemessenen Proportionen und Dimensionen hin zu einem Quartier für alle“. Dazu gehörten neben Flächen für Gewerbe und Gastronomie auch öffentliche Plätze und dringend benötigte Wohnungen, darunter mindestens 15 Prozent Sozialwohnungen.
Bürgerbegehren: Mercure, FH und Staudenhof-Komplex sollen nicht abgerissen werden
Die Aktiven von „Potsdamer Mitte neu denken“ wollen mit ihrem Bürgerbegehren erreichen, dass keine kommunalen Grundstücke in der Innenstadt mehr verkauft und dass für den Abriss von Mercure, FH und Staudenhof-Komplex keine öffentlichen Fördergelder oder „städtischen Eigenanteile“ eingesetzt werden – im Klartext: Die drei Bauten aus der DDR-Zeit sollen nicht abgerissen werden. Wenn mindestens zehn Prozent der wahlberechtigten Potsdamer – das sind etwas mehr als 13 500 Menschen – diese Forderungen mit Name und Adresse unterschreiben, wäre das Begehren erfolgreich. Kommt diese Zahl zusammen, müssen sich die Stadtverordneten mit dem Anliegen des Bürgerbegehrens beschäftigen. Stimmen sie erwartungsgemäß dagegen, würde es zum Bürgerentscheid kommen, also einer Befragung aller Potsdamer. Bei einer solchen Bürgerbefragung müssten dann 25 Prozent aller stimmberechtigten Potsdamer dem Anliegen der Initiative folgen.
Anlass für das Bürgerbegehren ist der Beschluss der Stadtverordneten für neue Sanierungsziele im Lustgarten. Eine Mehrheit hatte sich jüngst dafür ausgesprochen, langfristig das Hotel Mercure zu kaufen und abzureißen. Der Beschluss steht allerdings unter Finanzierungsvorbehalt: Spätestens im Juli muss die Verwaltung mitteilen, wie sie die neue Gestaltung des Lustgartens mit der „Wiese des Volkes“ anstelle des Mercure bezahlen will. Das FH-Gebäude soll im Jahr 2017 leergezogen werden und weichen, der Staudenhof im Jahr 2022.
Jakobs: Genau hinsehen, worüber man entscheide
Oberbürgermeister Jakobs betont in seiner Kolumne, dass Bürgerbeteiligung ihm und der Verwaltung wichtig sei. Auch Bürgerbegehren als solche befürworte man. Konkret gehe es aber darum, genau hinzusehen, worüber man mitentscheide.
In der Sache verspricht Jakobs, dass die Stadt die besagten Grundstücke im Zentrum nicht im Höchstgebotsverfahren an Investoren verkaufen werde. Es gehe stattdessen um die besten Nutzungs- und Gestaltungskonzepte. Damit bestimme die Stadt, wer später in die Neubauten einziehe, und könne für Vielfalt sorgen. Verkauft werden sollen die Flächen laut Jakobs zudem erst, wenn die jeweilige Baugenehmigung vorliegt – damit die Investoren ihre Versprechen zu Gestaltung und Nutzung auch einhalten müssen.
Das Geld, das eingenommen wird, werde wie vorgeschrieben für die Entwicklung des öffentlichen Raums im Sanierungsgebiet Mitte eingesetzt. Allein aus dem Verkauf der FH-Fläche wird laut Experten eine Summe von rund zehn Millionen Euro erwartet. (mit Katharina Wiechers)
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