Schulentwicklungsplan Potsdam: Unterricht im Container, fehlende Plätze und Terminverschiebungen
Die Schulplanung in Potsdam steht vor neuen Problemen. Weil die Stadt stark wächst, gibt es zahlreiche Engpässe auch an weiterführenden Schulen. Die Wege werden für viele Schüler weiter und es wird länger im Container unterrichtet. Ein Überblick über die Situation.
Potsdam - Das Potsdamer Schuldezernat hechelt dem rasantem Wachstum der Stadt hinterher und muss weitere langjährige Provisorien planen. Nach den Grundschulen ist jetzt auch der weiterführende Bereich betroffen, also Gesamtschulen und Gymnasien. Im Stadtgebiet fehlen spätestens in zwei Jahren rund 100 Plätze für vier Klassen ab der sechsten Jahrgangsstufe. Ab dem Schuljahr 2021 sind es sogar sieben Klassen. Das räumte die Stadt am Freitag auf Nachfrage ein. Am Vorabend war bereits die mit Kommunalpolitikern, Eltern- und Schulvertretern besetzte Arbeitsgruppe Schulentwicklung informiert worden. „Ein stärkeres Wachstum als prognostiziert führt zwangsläufig dazu, dass die Bedarfe angepasst werden müssen“, erklärte Stadtsprecher Jan Brunzlow.
Doch die Bildungsverwaltung hat gegen den Engpass schon Ideen: Die jetzt noch von Grundschülern genutzte Containerschule an der Esplanade soll Mitte 2019 übergangslos zur weiterführenden Schule mit drei Klassenstufen umfunktioniert werden. Die bis zu 500 Grundschüler sollen dann in einen hoffentlich vom Kommunale Immobilienservice (Kis) rechtzeitig fertig gebauten Neubau hinter den Roten Kasernen ziehen. Ob der Zeitplan realistisch ist? „Ja“, sagte Brunzlow.
Grundschule in Bornim halbes Jahr später fertig als geplant
Allerdings hatte es in den vergangenen Jahren bei mehreren Neubauten des Kis Terminverzug gegeben, zuletzt erst wieder für die neue Grundschule Bornim, die ein halbes Jahr später fertig wird als geplant. Auch die im September öffnende Leonardo-da-Vinci-Schule an der Esplanade öffnet mit einem Jahr Verspätung. Pikant zudem: Noch vor wenigen Monaten hatte Kis-Chef Bernd Richter öffentlich überlegt, ob die neue Grundschule an den Roten Kasernen überhaupt nötig sei. Eine erste und dann auch dauerhafte Gesamtschule für den Norden soll parallel bis 2022 auf einem Landesgrundstück an der Pappelallee/Ecke Reiherweg errichtet werden, ebenso vom Kis.
Ein Provisorium allein reicht nicht aus. Eine weitere Übergangslösung soll in einem Containeranbau an der jetzt fünfzügigen Steuben-Gesamtschule entstehen. Diese würde auf sieben Züge erweitert. Die Schule gehört allerdings zu jenen weniger beliebten weiterführenden Schulen der Stadt, für die es oft weniger Anmeldungen als Plätze gibt. Zudem kommt die Schule, die gleichwohl viel Wert auf die Integration von Behinderten und Migrantenkindern legt, im Landesvergleich auf leicht unterdurchschnittliche Leistungen in den Kernfächern. Ein Beispiel: Die durchschnittliche Deutsch-Note lag bei den Abiturprüfungen im vergangenen Jahr bei 6,3 von 15 Punkten – im Land bei 9,0.
Nicht jeder kommt an seine Wunschschule
Schon jetzt kann aber im weiterführenden Bereich nicht jeder Potsdamer Schüler seine Wunschschule erhalten. „In diesem Jahr betraf das bereits 80 Schüler“, sagte der Stadtverordnete Clemens Viehrig (CDU/ANW), Vorsitzender des Bildungsausschusses. Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass auch einzelne Kinder aus dem Norden ins Kirchsteigfeld fahren müssen, weil anderswo die Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Stadtsprecher Brunzlow stellte allerdings klar: „Die Schule im Kirchsteigfeld wird nicht für den Norden erweitert. Es besteht eine freie Schulwahl, stadtweit.“ Die Beweggründe für die Anwahl einer bestimmten Schule seien meistens die Art der Schule und auch das Konzept, weniger der Weg.
Und Potsdams Bildungspolitiker halten sich mit Kritik zurück, auch mangels Alternativen. Schließlich müssen die Kinder irgendwo unterrichtet werden. „Es gibt keine anderen Kapazitäten“, sagte etwa Clemens Viehrig (CDU/ANW), der Vorsitzende des Bildungsausschusses. Notwendig sei es nun, den Standort Steuben-Schule zu unterstützen. „Mich ermutigt, dass die Schule die Erweiterung positiv begleiten will“, so Viehrig. Zudem entstünde mit der Montessori-Schule Am Stern zumindest eine weitere Alternative. Die neue Gesamtschule in der Waldstadt kommt dagegen erst 2023. Der Linke-Bildungsexperte und Kreischef Stefan Wollenberg begrüßte zumindest eine „tragfähige Lösung“. Allerdings müsse Potsdam als dynamisch wachsende Stadt von vornherein mit ausreichend Reserven planen, „damit nicht immer erst mit Provisorien reagiert werden muss, wenn die Schüler da sind“. Auch der Sprecher des Potsdamer Kreiselternrats, Markus Kobler, nannte die gefundenen Provisorien „nicht befriedigend“. Allerdings habe die Bildungsverwaltung zumindest „aus den verfügbaren Möglichkeiten noch das Beste rausgeholt“.
Schnelligkeit des Wachstums Potsdams wurde unterschätzt
Schon seit Jahren gibt es in Potsdam Engpässe im von der scheidenden Bildungsdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU) verantworteten Schulbereich. Die Mangelplanung liegt nach PNN-Informationen aus dem Rathaus auch daran, dass die Schnelligkeit des Wachstums statistisch unterschätzt wird, offenbar stets mit zu niedrigen Basisdaten aus dem Statistikbereich gehaushaltet werden muss.
So lernen Hunderte Potsdamer Kinder inzwischen in Unterrichtscontainern. Im Grundschulbereich ist in diesem Jahr besonders die Lage in Babelsberg problematisch. Dort müssen 19 Eltern ihre Kinder nun ab September täglich an eine Übergangslösung in der Grundschule am Humboldtring in Zentrum Ost bringen. Man habe bereits überlegt, inwiefern Hilfe der Stadt beim Schulweg möglich sei, teilte das Dezernat mit. Und weiter: „Ein Angebot an die Eltern war, einen Schulbus für die Kinder aus Babelsberg einzusetzen. Ein weiteres Angebot ist eine finanzielle Kompensation für die zusätzlich entstehenden Fahrtkosten.“
Für Babelsberg wird gerade debattiert, ob eine neue Grundschule im Filmpark oder auf dem Sportplatz Sandscholle, was ein paar Jahre länger dauern würde, entstehen kann (PNN berichteten). Nächste Woche soll eine Vorentscheidung fallen, hieß es gegenüber den PNN.
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