Corona-Ausbruch im Klinikum: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung
Im Potsdamer Klinikum gab es einen schweren Corona-Ausbruch. 47 Menschen starben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei leitende Ärzte und die beurlaubte Geschäftsführung.
Potsdam - Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat gegen drei leitende Mediziner und die zwischenzeitlich beurlaubte Geschäftsführung des Potsdamer "Ernst von Bergmann"-Klinikums ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch im Klinikum eingeleitet. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit.
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Seit dem 26. März sind in dem kommunalen Klinikum 47 Menschen mit oder an Covid-19 gestorben. 44 der Toten waren nach Angaben des Klinikums Patienten, die nicht wegen einer Coronainfektion, sondern mit einer anderen Diagnose in das Krankenhaus gekommen waren. Insgesamt infizierten sich laut Klinikum 138 aus anderen Gründen aufgenommene Patienten mit dem Coronavirus – jeder Dritte (32 Prozent) starb mit oder an der Infektion.
Es bestehen nach Angaben der Staatsanwaltschaft "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, dass sich Patienten während ihrer stationären Behandlung in dem Krankenhaus durch pflichtwidrige Versäumnisse der Beschuldigten mit dem Sars-CoV-2-Virus vermeidbar infiziert haben und ein Teil von ihnen infolge der hervorgerufenen Infektion an Covid-19 verstorben sind".
Dies gehe aus den Erkenntnissen und Feststellungen des Potsdamer Gesundheitsamts sowie aus der Ausbruchsanalyse des Klinikums selbst hervor, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann mit. Die Analyse hatten die Interimschefs in Auftrag gegeben und am 20. Mai auch öffentlich vorgestellt.
Ermittelt wird gegen Grebner und Fischer
Ermittelt wird nun gegen den kaufmännischen Geschäftsführer Steffen Grebner und gegen die medizinische Geschäftsführerin Dorothea Fischer. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte als alleiniger Gesellschaftervertreter beide am 24. April zunächst für sechs Monate beurlaubt. Die beschuldigten Geschäftsführer Grebner und Fischer stehen laut Staatsanwaltschaft im Verdacht, "schon im Vorfeld des Ausbruchsgeschehens" und auch danach "die geeigneten und ihnen möglichen organisatorischen Maßnahmen entweder nicht oder nicht rechtzeitig ergriffen zu haben".
Außerdem haben sie es aus Sicht der Staatsanwaltschaft möglicherweise versäumt, "im Ausbruchsmanagement kompetente Personen in die Krankenhauseinsatzleitung zu integrieren". Wie berichtet, waren weder Krankenhaushygiene noch betriebsärztlicher Dienst im Klinikum-Krisenstab vertreten. Auch einen Ausbruchsmanager gab es zunächst nicht.
Zudem sollen nach Feststellung der Staatsanwaltschaft "strukturelle Defizite" wie eine mangelhafte strukturierten Testung und nachvollziehbare Dokumentation der Tests und Ergebnisse mögliche Ursache dafür sein, dass der Ausbruch zunächst nicht verhindert und später nicht zügig eingedämmt werden konnte.
Gegen die drei Ärzte wird ermittelt, weil sie Covid-19-Erkrankungen oder Verdachtsfälle entgegen ihrer Pflicht nach Infektionsschutzgesetz nicht oder verspätet an das Potsdamer Gesundheitsamt gemeldet haben sollen. Dadurch sei es dem Amt womöglich nicht möglich gewesen, Rückschlüsse auf ein Ausbruchsgeschehen zu ziehen und entsprechende Maßnahmen dagegen zu ergreifen oder anzuordnen, mit denen Infektionen oder der Tod von Patienten hätten verhindert werden können.
Möglicherweise hätten sich die Ärzte durch ihr Verhalten auch wegen eines Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz strafbar gemacht, so die Staatsanwaltschaft. Auch dieser Vorwurf werde in dem nunmehr eingeleiteten Verfahren geprüft.
Staatsanwaltschaft seit 7. April befasst
Die Staatsanwaltschaft Potsdam ist bereits seit dem 7. April mit dem Fall Bergmann-Klinikum befasst. An diesem Tag hatte das Gesundheitsamt unter Leitung der Amtsärztin Kristina Böhm fünf dort eingeleitete Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz der Staatsanwaltschaft vorgelegt, weil sie Anhaltspunkte für Straftaten gesehen hatte. Die Staatsanwaltschaft habe von der Stadt Potsdam dann weitere Unterlagen erbeten. Die letzten seien am 29. Mai eingegangen.
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