Potsdam: Shopping am Jahrestag der Bombennacht
Am 14. April soll Potsdams nächster verkaufsoffener Sonntag - zum Tulpenfest - stattfinden. Die evangelische Landeskirche will, dass die Stadt den Termin angesichts der Erinnerung an die Bombennacht von 1945 überdenkt.
Potsdam - Einkaufen und feiern am Gedenktag für die Opfer der Potsdamer Bombennacht: Die evangelische Landeskirche kritisiert den zum Tulpenfest im Holländischen Viertel geplanten verkaufsoffenen Sonntag am 14. April. In einem den PNN vorliegenden Schreiben an die Stadtspitze erklärt Oberkonsistorialrätin Heike Koster, der 14. April sei ein wichtiger Gedenktag, an dem an die mehr als 1400 Toten erinnert werde, die 1945 während des Bombenangriffs in der sogenannten Nacht von Potsdam ihr Leben verloren hatten.
„Damals wurden große Teile der Innenstadt in Schutt und Asche gelegt“, schreibt Koster. Daher erscheine diese Verknüpfung mit dem Tulpenfest und zusätzlich dem verkaufsoffenen Sonntag „als ausgesprochen unglücklich“. Man empfehle der Stadt, die Entscheidung zu überdenken, so Koster.
30.000 Gäste zum Tulpenfest erwartet
Am nächsten Mittwoch sollen die Stadtverordneten über die Termine für Sonntagsöffnungen entscheiden. Zum Tulpenfest im Holländischen Viertel – am 13. und 14. April – sollen laut Stadt umliegende Geschäfte in der Kurfürsten-, Mittel-, Gutenberg-, Benkert-, Friedrich- Ebert- und Hebbelstraße öffnen können. Man erwarte 30.000 Gäste, heißt es in der Beschlussvorlage für das Stadtparlament.
Veranstalterin des Fests ist die Geschäftsfrau Alice Paul-Lunow von der Fine Emotions Eventagentur. Sie räumte am Freitag auf PNN-Anfrage ein, dass ihr das heikle Datum bei der Terminfestlegung für das Tulpenfest nicht bewusst gewesen sei. Das Fest müsse aber diesmal, wegen des spät liegenden Osterfestes und der späten Ferien, eine Woche früher stattfinden als 2018. Mit dem Wissen um die Bedeutung des Datums sei es aber nun „selbstverständlich, dass wir den Toten mit einer Schweigeminute gedenken und an dieses tragische Ereignis erinnern“.
Veranstalterin will keine Absage des Tulpenfestes
Eine Absage am Sonntag kommt aber aus ihrer Sicht nicht infrage. Ebenso „wie diese tragischen Momente, die es in allen Jahrhunderten gab, gehört auch die Kultur im Holländischen Viertel zu unserer Geschichte“, so Paul-Lunow. Das Tulpenfest begeistere viele Besucher aus aller Welt, „welche versorgt werden müssen, weshalb es wichtig ist, die angrenzenden Geschäfte zu öffnen“, sagte Paul-Lunow.
Generell benötige Potsdam eher mehr verkaufsoffene Sonntage, um auch im Vergleich mit anderen Touristenzielen wettbewerbsfähig zu bleiben. Das gelte vor allem für von Inhabern selbst geführte Geschäfte, denen anderswo über die sogenannte Bäderordnung mehr Öffnungszeiten erlaubt würden. „Wir brauchen nicht über touristische Herausforderungen nachzudenken oder über den Wegfall des lokalen Einzelhandels klagen, wenn es da kein Umdenken gibt.“ In anderen Branchen, etwa in der Gastronomie oder im IT-Bereich, sei Arbeit am Sonntag „selbstverständlich und ein wirtschaftliches Erfordernis“, so Paul-Lunow.
Weitere verkaufsoffene Sonntage geplant
Als weitere verkaufsoffene Sonntage in der Innenstadt hat die Stadt Potsdam den 26. Mai und den 29. September zur Antikmeile vorgesehen, ferner wird noch an den Details für die Öffnung an zwei Adventssonntagen gearbeitet. Damit hat die Landeskirche kein Problem. Dennoch betont Koster, man müsse den „arbeitsfreien Sonntag vor kurzfristigen Kommerzialisierungsinteressen“ schützen. Denn dieser freie Tag stelle als „wichtiges Kulturgut“ auch „eine unbezahlbare kollektive Burn-out-Prophylaxe“ dar und sei gerade für Familien wichtig. Bestimmte Dienstleistungen müssten allerdings auch sonntags geleistet werden.
Kein Problem mit den Terminen hat in diesem Jahr übrigens die Gewerkschaft Verdi, die in der Vergangenheit mehrfach erfolgreich gegen verkaufsoffene Sonntage in Potsdam vorgegangen war. Die nun vorgeschlagenen Termine entsprächen der aktuellen Rechtsprechung, erklärte Verdi-Bezirkschefin Susanne Feldkötter in einem Brief an die Stadt, der ebenfalls den PNN vorliegt. Damit habe Potsdam die „ausufernde und zum Teil willkürliche Praxis“ bei den Sonntagsöffnungen endlich beendet.
Dagegen erklärte die Industrie- und Handelskammer, im Interesse der Kaufleute „wäre daher bei allen vorgeschlagenen Terminen eine Öffnung der gesamten Potsdamer Innenstadt wünschenswert“, denn die gesetzlich vorgeschriebenen Besucherströme, die für die Sonntagsöffnung notwendig sind, seien auch durch die vielen Nutzer der Parkhäuser am Luisenplatz, der Hegelallee und der Hebbelstraße zu erwarten.