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Zu viel gezahlt?: Potsdamer Kita-Beiträge im Visier der Justiz

Awo hat gegen die Kitagebühren-Satzung der Stadt geklagt: Die Stadt Potsdam berechnet womöglich höhere Elternbeiträge für die Kitabetreuung als erlaubt.

Die Stadt Potsdam berechnet womöglich höhere Elternbeiträge für Kitabetreuung als gesetzlich erlaubt. Die Satzung für die Berechnung der Gebühren ist zum Fall für die Justiz geworden. Der Kitaträger Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat eine Klage gegen die Stadt beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, wie eine Gerichtssprecherin den PNN am Mittwoch bestätigte. Demnach will die Awo die Satzung für nichtig erklären lassen. Die Festlegung der Beträge sei „vollkommen willkürlich“, inhaltlich nicht nachvollziehbar und intransparent, heißt es in der den PNN vorliegenden Klageschrift. Zudem stellen Elternvertreter die Gebührenhöhe infrage. 

Ob Eltern bei einem Erfolg der Klage zu viel gezahlte Gebühren zurückfordern können, ist allerdings noch unklar. Womöglich müssten die Gebühren dann aber gesenkt werden.

Kita-Gebühren im Vergleich mit anderen Gemeinden in Brandenburg am höchsten

Die aktuelle „Satzung für die Inanspruchnahme von Kindertagesbetreuungsangeboten“ gilt seit Januar 2016. Sie wurde noch in der Amtszeit der damaligen Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) erstellt. Damals hatte die Stadt speziell für Besserverdienende die Kita-Gebühren um bis zu 60 Prozent erhöht ("Zahlen & Fakten" unten). Wenige Monate später war bereits eine Statistik-Analyse im Auftrag der Bundeselternvertretung von Kindern in Kitas (Bevki) und der Initiative für kostenlose Kitas in Brandenburg zu dem Schluss gekommen, dass die Kita-Gebühren in Potsdam im Vergleich zu den anderen rund 400 Städten und Gemeinden in Brandenburg mit am höchsten sind – obwohl für alle Kommunen das gleiche Landeskita-Gesetz als Rechtsgrundlage gilt und festlegt, welche Leistungen eine Kommune bezahlen muss und welche sie den Eltern über Beiträge aufbürden kann (PNN berichteten). 

Dieser Fragen haben sich nach PNN-Informationen inzwischen auch die Vertreter des seit diesem Jahr bestehenden Kita-Elternbeirates angenommen und unter anderem Aktensicht beantragt. Sie wollen wissen, wie die Stadt die Gebühren errechnet hat. Die diversen Unregelmäßigkeiten, Widersprüche und Fragen, die die Elternvertreter dabei herausgefunden haben wollen, sind am heutigen Donnerstag das wichtigste Thema im Jugendhilfeausschuss. Nach PNN-Informationen geht auch der Beirat der Frage nach, ob die Stadt zu hohe Gebühren verlangt. 

AWO-Kritik: Warum berechnet die Stadt die Kita-Gebühren nicht nach Netto-Einkommen?

Insgesamt gibt es in der Stadt 119 privat betriebene Kitas und 13 weitere Betreuungsangebote, das alles kostet in diesem Jahr 105 Millionen Euro. 57 Millionen davon trägt die Stadt, 30 Millionen das Land, weitere 18 Millionen Euro kommen durch die Elternbeiträge zustande.

Auch die Awo, mit 3000 Kitaplätzen in Potsdam einer der größten Träger, hatte an den seit 2016 geltenden Beitragssätzen bereits heftige Kritik geübt. Bemängelt wurde etwa, dass die Stadt vom Brutto- statt vom Nettoeinkommen ausgehe und die Satzung in vielen Punkten unklar und auslegungsbedürftig sei. Diese Kritik mündete nun in die bereits im vergangenen Jahr eingereichte Normenkontrollklage. 

Ungereimtheiten bei der Gebührenerhebung

Erstellt hat die Awo-Klageschrift die auf Verwaltungsrecht spezialisierte und renommierte Anwaltskanzlei Dombert aus Potsdam. Diese stellt unter anderem fest, dass Potsdam als Kommune ohne selbst betriebene Kita laut dem Kita-Gesetz nicht einmal eine eigene Beitragsordnung festlegen dürfe. Denn ohne eigene Kitas könne eine Stadt auch nicht die Berechnung der angemessenen Personal- und Sachkosten leisten, so die Anwälte. Die teils um 200 Euro gestiegenen Beiträge pro Kind habe die Stadt allgemein nur mit dem Wachstum Potsdams, vor allem bei der Zahl der Kinder, erklärt. Es fehle aber der Nachweis, inwiefern sich die Gebühren an den tatsächlichen Betriebskosten orientierten.

Eine von der Stadt angeführte Betriebskostenabrechnung von 2010 für Kitas sei jedenfalls keine genügende Grundlage, so die Anwälte. Zudem habe die Stadt die Gesamtkosten des pädagogischen Personals von über 37 Millionen Euro in die Kalkulation der Elterngebühren einfließen lassen – gesetzlich dürfe aber nur der „nicht geförderte Anteil“ dieser Kosten einbezogen werden. Klagebefugt sieht sich die Awo, weil sie auf diese als rechtswidrig erachtete Satzung zurückgreifen muss – sonst würden von der Stadt ihre Betriebskostenzuschüsse gekürzt. Die Gerichtssprecherin sagte, es gebe bisher noch keinen Termin für den Prozess.

Schubert: Kita-Gesetz für Brandenburg soll rechtssicherer werden

Die Stadtverwaltung glaubt nicht an einen Erfolg der Klage. Man halte diese für schlicht nicht zulässig, sagte ein Rathaussprecher: „Wir hoffen auf eine zügige Entscheidung.“ Zur im Raum stehenden Frage, ob die Stadt zu hohe Gebühren verlangt und dadurch selbst Geld für Kitas spart, erinnerte der Sprecher an einen Auftrag der Stadtverordneten, wonach die Kitagebührensatzung ohnehin evaluiert werden soll. Dazu wolle man am heutigen Donnerstag im Jugendhilfeausschuss einen Vorschlag machen. Zudem will Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) nach PNN-Informationen auch darauf drängen, dass das Kita-Gesetz des Landes geändert und für Kommunen rechtssicherer wird. 

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Kita-Beiträge in Potsdam: Zahlen & Fakten

Die Potsdamer Kita-Beiträge berechnen sich laut der Satzung nach einer einkommensgestaffelten Gebührentabelle. Der Höchstsatz wird bei einem Jahresbruttogehalt von 149 501 Euro fällig – dann kosten zehn Betreuungsstunden in der Krippe 584 Euro pro Monat, in der Kita 347 Euro und im Hort 267 Euro. Zum Vergleich: Bei einem Jahresbrutto von 100 000 Euro werden beispielsweise pro Familie für die Krippe 432 Euro, für die Kita 303 Euro und für den Hort 239 Euro fällig. Bei einem Jahresbrutto von 50 000 Euro sind für die Krippe 238 Euro, für die Kita 182 Euro und für den Hort 144 Euro pro Monat zu zahlen. Bis 22 000 Euro ist die Nutzung kostenfrei. Haben Eltern mehrere Kinder in Kitas, verringert sich der Elternbeitrag um jeweils 20 Prozent pro Kind. 

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