Kitas in Potsdam: Nicht billig
Die Kitagebühren in Potsdam gehören zu den höchsten in Brandenburg. Die Stadt verspricht mehr Qualität.
Potsdam - Die Kitagebühren in Potsdam sind im Vergleich zu den anderen rund 400 Städten und Gemeinden in Brandenburg mit am höchsten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Statistik-Analyse im Auftrag der Bundeselternvertretung von Kindern in Kitas (Bevki) und der Initiative für kostenlose Kitas in Brandenburg. Demnach erreicht Potsdam in allen Kategorien – egal ob alleinerziehende Mütter mit 35 000 Euro Jahresbrutto und einem Krippen-Kind oder Familien mit 70 000 Euro und zwei Kita-Kindern – stets einen Platz unter den zehn Kommunen der Mark mit den höchsten Kita-Gebühren.
Die Potsdamer Stadtverwaltung zweifelt dagegen an Teilen der Datenbasis und verweist unter anderem auf die soziale Staffelung der Beiträge. „Die grundsätzliche Aussage – Potsdam ist wie immer relativ teuer – kann nicht bestätigt werden“, teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage mit. Unter anderem sei unklar, wie die Elternvertreter in ihrer Analyse auf pauschal 50 Euro pro Monat für Verpflegungs- und andere Beiträge neben den eigentlichen Betreuungsgebühren kämen. So hätten Eltern nur einen Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen zu entrichten – der nach PNN-Informationen bei einigen Trägern bei 30 bis 40 Euro liegen kann.
Die grundsätzlichen Gebührenzahlen der Analyse stellte die Stadtverwaltung aber nicht infrage. Demnach zahlt der besagte alleinstehende Erwachsene für ein Krippenkind in Potsdam 125 Euro, in Zehdenick (Oberhavel) als erstplatzierter Kommune sogar 150 Euro. Für das zweite Beispiel, die Familie mit 70 000 Euro, würden mehr als 400 Euro fällig, plus eben Zusatzkosten für das Mittagessen. Teuerste Kommune in dieser Kategorie ist Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) mit 590 Euro Grundbetrag. Zu preiswerteren Kommunen macht die Analyse keine Angaben.
Elterngebühr sei aber nur ein Beitrag zu Betriebskosten
Brunzlow erklärte, grundsätzlich sei die Elterngebühr nur ein Beitrag zu den Betriebskosten und daher abhängig von den Gesamtplatzkosten: „Auch diese Kosten müssten bei einem transparenten Vergleich sichtbar sein“, sagte Brunzlow. Potsdam setzt statt auf kommunale auf private Kitas, im Vergleich zu anderen Städten ist auch fast jedes Kind in einer Einrichtung betreut. Vor allem aber halte sich Potsdam an den gesetzliche Auftrag, die Gebühren sozialverträglich auszugestalten, so Brunzlow – unter 22 000 Euro Jahreseinkommen müssten Eltern inzwischen gar keine Gebühren mehr zahlen. Ebenso verringere sich der Beitrag bei mehreren Kindern um jeweils 20 Prozent je Kind. Ebenso könnten Eltern in Härtefällen eine Beitragsermäßigung beantragen. Anfang des Jahres hatte die Stadt speziell für Besserverdienende die Kita-Beiträge um bis zu 60 Prozent erhöht (PNN berichteten). Bisher liegen laut Brunzlow aber lediglich sechs Beschwerdefälle vor.
Solche Zahlungen würden wegfallen, wenn es nach der Initiative für kostenlose Kitas in Brandenburg geht – diese fordert laut ihrem Sprecher Danilo Fischbach, dass Brandenburg dem Beispiel Berlin folgen soll: „Dort ist solche frühkindliche Bildung ab 2018 gebührenfrei.“ Selbst Krippen sollen dann kostenlos sein. Fischbach sagte, Bildung sei ein Menschenrecht und müsse daher kostenlos sein.
Im Potsdamer Rathaus hält man davon nichts. „Eltern- und staatliche Verantwortung müssen Hand in Hand gehen“, sagte Sprecher Brunzlow. Der durchschnittliche Anteil der Eltern an den Kosten eines Betreuungsplatzes beziffere sich in Brandenburg auf 17 Prozent – sollten diese Beträge wegfallen, müsste das Land 170 Millionen Euro zusätzlich einplanen. Um den dringenden Handlungsbedarf – etwa beim Personalschlüssel – anzugehen, seien Land und Kommunen auf „ein gesichertes finanzielles Fundament angewiesen“. Sonst könnten die gestiegenen Erwartungen an eine hochwertige Betreuung der Kinder nicht gewährleistet werden, machte Brunzlow deutlich. Elternvertreter Fischbach dagegen sagte, auch mit hohen Kitagebühren trage die Politik einen großen Anteil daran, dass in Deutschland mit die niedrigsten Geburtenraten zu verzeichnen sei.
Zu wenig Erzieher für Kinder
Bekanntlich sind für die Kinder in den Potsdamer Kitas zu wenig Erzieher da. Das hatte wie berichtet eine Studie der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden, für die Potsdam Modellkommune ist. So wird der gesetzliche Betreuungsschlüssel für Kinder im Krippenalter von eins zu sechs verfehlt. Rechnerisch muss – nach Abzug etwa von Krankheitszeiten – jeder Erzieher in Potsdam zehn Kinder betreuen. Bei den ab dreijährigen Kitakindern ist demnach jede Erzieherin sogar für knapp 17 Kinder zuständig. Der vom Land gesetzlich vorgegebene Personalschlüssel liegt in diesem Bereich bei eins zu zwölf. Zum Vergleich: In Berlin liegt der Betreuungsschlüssel für Erzieher bei 5,8 Kindern im Krippen- und 9,4 Kindern im Kita-Bereich. Auf diese besseren Bedingungen verwies auch Elternvertreter Fischbach.
Ein Grund für den schlechten Betreuungsschlüssel in Potsdam: Viele Eltern bringen ihre Kinder pro Tag länger in die Kitas, als das Land dies finanziert. An einer Lösung wird noch gearbeitet, wie Stadtsprecher Brunzlow sagte. Allerdings werden zumindest die Bertelsmann-Gutachter ihre Arbeit in Potsdam wohl bis Mitte des Jahres abschließen. Als eine Reaktion sei geplant, die Kita-Finanzierungsrichtlinie und weitere Regelungen bis Anfang 2017 zu überarbeiten. Brunzlow: „Nur wenn Politik, Verwaltung und Praxis zusammenarbeiten, können die Bedingungen im Kita-Alltag verbessert werden.“
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Potsdamer Eltern mit einem höheren Einkommen zahlen Monat für Monat zum Teil mehrere Hundert Euro für die Kita-Betreuung, im direkt benachbarten Berlin dagegen ist die Kita ab dem dritten Lebensjahr kostenlos, bald sogar die Krippen. Doch ist kostenlos auch sinnvoll? Ein Kommentar >>
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