Brandenburg: Bertelsmann-Studie für Brandenburg: Viel Arbeit für wenig Erzieher
Die Bertelsmann Stiftung sieht einen Mangel an Kita-Personal in Brandenburg - und warnt vor einem Verzicht auf die Elternbeiträge.
Potsdam - Beim Anteil der Kinder in Krippen und Kindergärten ist Brandenburg schon lange spitze. Die Kinderbetreuung in Brandenburger Kitas hat sich laut einer Studie in den vergangenen Jahren leicht verbessert, ist jedoch stark vom Wohnort abhängig. Das ergab eine am Montag veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung. „Die Bildungschancen von Kindern hängen heute erheblich von ihrem Wohnort ab. Wir brauchen verlässliche Kita-Qualität in ganz Deutschland“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Empfohlen wird von den Autoren ein Schlüssel von 1 zu 3 in den Krippen für bis zu Dreijährige und von 1 zu 7,5 in den Kitas. In den vergangenen Jahren sei Brandenburg – unter rot-roter Regierung – aber „noch keinen pädagogisch sinnvoller“ Personalschlüssel in den Einrichtungen erreicht worden. Kamen im März 2012 noch im Durchschnitt 6,6 ganztags betreute Kinder auf eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in den Krippengruppen, waren es im März 2016 rein rechnerisch 6,1 Mädchen und Jungen. In den Kindergärten verbesserte sich der Schlüssel von 11,6 auf 11,3 Kinder pro Fachkraft. Trotz der Verbesserungen habe Brandenburg damit im Kita-Bericht nach Sachsen den bundesweit schlechtesten Personalschlüssel. Im Kindergartenbereich für die Vier- bis Sechsjährigen hingegen hat Brandenburg nach Berlin die günstigste Betreuungsrelation unter den ostdeutschen Bundesländern. Bildungsminister Günter Baaske (SPD) verwies darauf, dass die Aufstockung des Personal 2016 und 2018 von Bertelsmann noch nicht berücksichtigt worden sei.
Eltern in Cottbus geben Kinder bis zu zehn Stunden in die Einrichtungen
Bei den Krippengruppen kommt laut Studie in Brandenburg hinzu, dass die Spannweite beim Personalschlüssel im Vergleich zu den anderen Flächenländern relativ groß ist. In den Landkreisen ist die Lage höchst unterschiedlich: Den besten Personalschlüssel bei bis zu Dreijährigen in Krippen hat Ostprignitz-Ruppin mit 1 zu 5,4, den schlechtesten Cottbus mit 1 zu 7,2. Noch größer sind die regionalen Unterschiede beim Personalschlüssel in den Kindergartengruppen für Kinder ab vier Jahren, diese Spannweite sei nach Hessen und Rheinland-Pfalz ebenfalls eine der ungünstigsten in der Bundesrepublik. In den Kindergärten in Dahme-Spreewald werden mit 10,1 die wenigsten Kinder von einer Erzieherin betreut, in Cottbus hingegen mit 13,3 die meisten. In Cottbus ließen Eltern ihre Kinder bis zu zehn Stunden in den Einrichtungen – bei allerdings gleichbleibenden Personaleinsatz, teilte die Stadt mit. Das Land müsse dafür sorgen, dass die langen Betreuungszeiten auch im Personalschlüssel berücksichtigt werden.
Um den Erziehermangel zu kompensieren und für einen kindgerechten Personalschlüssen müssten aus Sicht der Bertelsmann Stiftung in Brandenburg 8600 zusätzliche Fachkräfte eingestellt werden. Weitere Kosten in Höhe von 384 Millionen Euro sind fällig. Derzeit sind in den Kitas 14 900 Mitarbeiter pädagogisch tätig. Immerhin 90 Prozent haben einen einschlägigen Fachschulabschluss. Das ist nach Mecklenburg-Vorpommern (92 Prozent) unter allen Bundesländern der höchste Wert, deutschlandweit sind es 70 Prozent. Bei den an Hochschulen ausgebildeten Mitarbeitern – drei Prozent – ist Brandenburg jedoch neben dem Saarland Schlusslicht. Klar ist für die Bertelsmann Stiftung, dass die Rahmenbedingungen für das Kita-Personal attraktiver werden müssen. Sonst werde es schwer, dem steigenden Fachkräftebedarf nachzukommen.
Beiträge dürften „keine Zugangsbarriere für Kinder“ werden
Politisch brisant ist der Rat von Bertelsmann-Vorstand Dräger an die Landesregierung. Die rot-rote Koalition will – nach jahrelangem Drängen der Linken zum September 2018 in die beitragsfreie Kita einsteigen, mit einem Jahr ohne Kosten für Eltern. Angesichts der Lage rät Dräger aber davon ab, kurzfristig auf die Elternbeiträge zu verzichten, und stützt damit die frühere SPD-Position: „Erst wenn die Qualität stimmt und genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, können wir die Beitragsfreiheit angehen.“ Allerdings mahnte Dräger bei den Beiträgen, die in Brandenburg von den Kommunen erhoben werden und höchst unterschiedlich sind, Zurückhaltung an. Die Beiträge dürften „keine Zugangsbarriere für Kinder“ werden, sollten nach Einkommen der Eltern gestaffelt sein und Familien mit besonders niedrigen Einkommen komplett entlastet werden. (mit dpa)
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