Interview | Fünf Jahre Museum Barberini: „Wie können wir Malerinnen stärker einbinden?“
Ein Millionenpublikum, künstlerische Schwergewichte, jubelnde Presse: Direktorin Ortrud Westheider sagt anlässlich des 5. Jubiläums, warum es am Barberini so gut läuft – und was noch fehlt.
Frau Westheider, Monet, Picasso, Rembrandt, van Gogh - fast alle ganz großen Publikumslieblinge waren seit der Gründung des Museum Barberini schon in Potsdam. Wer war am schwersten zu bekommen?
Wahrscheinlich der "Narziss" von Caravaggio aus dem Palazzo Barberini in Rom - eines der weltberühmten Bilder, die ein Museum entweder nie oder nur zu ganz besonderen Anlässen verleiht. Manchmal ist ein Bild einfach zu empfindlich, als dass man es auf Reisen schicken könnte. Manchmal hat es aber auch an seinem Heimatort einen berühmten Platz. Es sind immer Jubeltage, wenn nach langen Gesprächen irgendwann plötzlich die Zusage für so ein Bild kommt.
Gibt es etwas, auf das Sie rückblickend besonders stolz sind? Lieblinge?
Da muss ich gar nicht zurückblicken, meine Lieblingsbilder hängen hier in Potsdam in der Sammlung Hasso Plattner: Monets Seerosen, seine sonnendurchfluteten Bilder von Bordighera oder seine geheimnisvollen Venedig-Ansichten. Aber natürlich hat es auch bei unseren Wechselausstellungen besondere Höhepunkte gegeben.
Nennen Sie ein paar!
Oft drehen die sich thematisch um ein besonderes Schlüsselbild, das die ganze Ausstellung zusammenfasst – Max Beckmanns „Schauspieler-Triptychon“ aus dem amerikanischen Museum in St. Louis war so ein Fall. Ein Höhepunkt war auch, dass Gerhard Richter unsere große Ausstellung zum Thema Abstraktion mit eigenen Leihgaben unterstützte. Und ich erinnere mich, wie ich schon zwei Jahre vor der Eröffnung des Museum Barberini mit Hasso Plattner über unsere gemeinsame Bewunderung für Rembrandt gesprochen habe. Als wir dann nach jahrelanger Vorbereitung 2021 unsere eigene Ausstellung eröffneten, war das ein besonderer Moment. Aber jetzt bin ich natürlich erst einmal stolz über unsere tolle eigene Sammlung, mit der wir noch viel vorhaben.
Was haben Sie denn zum Beispiel vor?
Wir haben eine der schönsten Impressionismus-Sammlungen weltweit. Das spricht sich inzwischen herum und wir knüpfen intensiv Kontakte zu Museen in Europa und darüber hinaus, um uns zu vernetzen, Kräfte zu bündeln und gemeinsame Projekte zu planen. Wir können noch viel tun, um unsere Kunst bekannter zu machen.
Wie soll diese Vernetzung künftig konkret aussehen?
In erster Linie geht es natürlich um Ausstellungen. Aber auch darüber hinaus haben wir viele Ideen: Zum Beispiel gibt es in der ganzen Welt kleine, aber feine Museen, die genau wie wir in einer besonderen Gartenlandschaft außerhalb der großen Städte ihre Heimat haben und nicht nur den Blick auf die Kunst, sondern auch den Blick in Gärten und die Natur öffnen. Warum tun wir uns mit denen nicht zusammen und überlegen, was wir gemeinsam machen können – so, wie sich auch die schönsten kleinen Hotels an besonderen Orten der Welt zusammenschließen?
Die große Zäsur in den ersten fünf Jahren seit der Museumsgründung 2017 war die Eröffnung der impressionistischen Dauerausstellung 2020. Sehen Sie eine ähnliche Zäsur in den kommenden Jahren?
Sie steht schon unmittelbar bevor: Die nächste Zäsur ist die Eröffnung unseres Schwestermuseums Das Minsk. Statt einem bekommt Potsdam dank der Hasso Plattner Foundation jetzt zwei Museen. Eine tolle Arbeitsteilung: Wir haben im Barberini mehr Platz und können uns thematisch ganz auf den Impressionismus und die klassische Kunst konzentrieren, das Minsk nebenan kann Künstlerinnen und Künstlern der DDR und zeitgenössischen Werken endlich einen angemessenen Raum geben. So werden wir der Sammlung Hasso Plattners mit ihren verschiedenen Schwerpunkten gerecht und stärken gleichzeitig unsere jeweiligen Besonderheiten.
Trotz aller Erfolge: Nach fünf Jahren schaut man sicherlich auch kritisch zurück. Wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Wir haben immer wieder gefragt: Wie können wir auch das Werk von Malerinnen stärker einbinden? Das wird sich in diesem Jahr jetzt sehr schön zeigen. Die beiden Ausstellungen, die Daniel Zamani zur internationalen Abstraktion und zum Surrealismus vorbereitet, werden fabelhafte Kunstwerke von Künstlerinnen umfassen, etwa von Joan Mitchell, Helen Frankenthaler oder Leonora Carrington. Wir werden aber nicht nur die zeigen, die schon so bekannt sind, sondern auch Werke etwa von Janice Biala und Maria Helena Vieira da Silva.
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2023 wird es eine Ausstellung über „Die Quelle des Lichts“ geben. Ausgangspunkt ist Monets „Impression, Sonnenaufgang“, ein Gemälde, das sonst nie verliehen wird. Wie schaffen Sie es immer wieder, dass es doch klappt?
Am Anfang war das nur harte Überzeugungsarbeit, aber jetzt können wir im Gegenzug unsere eigenen Bilder verleihen. Inzwischen waren schon einige in wichtigen Ausstellungen zu sehen – etwa in Giverny, Brüssel, Amsterdam, Wien und Denver. Das macht die Sammlung bekannter und für uns als Museum die Arbeit deutlich leichter. Dazu kommt: Wir laden zu unseren wissenschaftlichen Symposien Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt zu uns ein. Diese internationalen Experten sind für uns auch Botschafter an den Museen und Universitäten. Das hat Vertrauen in der Fachwelt aufgebaut.
Welche Rolle spielt die oft gepriesene Ausstattung des Museums Barberini?
Eine riesige. Wer wertvolle Exponate verleiht, will sicher sein, dass seine Kunstschätze gut aufgehoben sind, und das können wir dank unserer Technik garantieren. Unsere Klima-Kurve ist eine Klima-Gerade: Es gibt keine Schwankungen bei Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, nur weil es draußen wärmer wird oder mehr Besucher kommen. Ich habe den Direktor der National Gallery in Washington, der uns schon Werke von Gerhard Richter, Beckmann und van Gogh geliehen hat, unlängst gefragt: Was war ausschlaggebend für Ihre Entscheidung? Und er sagte: Es waren auch das neue Gebäude, der professionelle Umgang und die Klima-Werte. Das macht gerade den amerikanischen Museen und Sammlungen die Entscheidung leichter.
Und wann kommt denn nun da Vinci?
Es war mal ein Aprilscherz in Ihrer Zeitung, dass die Mona Lisa bei uns ausgestellt ist, und viele haben das geglaubt (lacht). Schön, dass uns das zugetraut wird, aber solche Bilder werden nun einmal nicht verliehen.
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