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Curdin Caviezel ist der verzauberte Königssohn.
© Stefan Gloede

Weihnachtsmärchen im Hans Otto Theater: Prinz mit Glitzerhaut

Das Hans Otto Theater inszeniert eine leicht abgewandelte Form des Grimmschen „Der Froschkönig“ als peppiges Weihnachtsmärchen mit Twist.

Potsdam - „Blubb“ macht es im Brunnenschacht. Ein schönes Blubb ist das, eines, das wie ein Glucksen klingt und auch nach Geheimnis. Geheimnisvoll ist auch der Wald, in dem sich der Brunnenschacht befindet. Alles hier ist mystisch: das flüsternde Echo in der Dunkelheit, der schwarze übergroße Ast über dem Brunnen, und vor allem die großen Augenbälle, die an ihm hängen. Sie gehören zur überaus zauberhaften Kulisse des diesjährigen Weihnachtsmärchens des Hans Otto Theaters „Der Froschkönig“, das am Freitagvormittag Premiere feierte.

Frei nach dem gleichnamigen Grimmschen Märchen haben Andrea Czesienski und Werner Buhss ein Schauspiel für Kinder ab sechs Jahren geschaffen, das in der Inszenierung von Katharina Schmidt zwar nicht durchgehend dicht erzählt ist, aber so viel Spaß macht, dass man darüber gerne hinwegsieht.

Prinz Adrian (Curdin Caviezel) und sein getreuer Diener Heinrich (Julian Mehne).
Prinz Adrian (Curdin Caviezel) und sein getreuer Diener Heinrich (Julian Mehne).
© Stefan Gloede

Die Chemie zwischen den Figuren stimmt

Erzählt wird das bekannte Märchen mit einem kleinen Twist, der die Verwandlung des Prinzen zum Frosch erklärt. Der junge Prinz Adrian befindet sich gerade an der Schwelle zur Pubertät, den Veränderungen seines Körpers steht er skeptisch gegenüber. Hier ein Pickel, da die zu große Nase – irgendwie findet er alles an sich schief, ja echsenhaft. Und weil er dabei ständig in den alten Spiegel seiner Großmutter blickt, der bei Vollmond magische Kräfte entwickelt, wird er schließlich wirklich zum Frosch. An sein Prinzenleben kann er sich nicht mehr erinnern, bis er auf Prinzessin Charlotte trifft. Im gleichen Alter wie Adrian ist sie kein Kind mehr, aber auch noch nicht die Dame, die sie gerne wäre. Das Hofleben langweilt sie und so schleicht sie sich in den Wald, um mit einer goldenen Leuchtkugel zu spielen, die ihr prompt in den Brunnen fällt – Märchenkenner wissen, was folgt.

Schön ist hier allerdings, dass die Prinzessin sich gar nicht so sehr vor dem Frosch ekelt, wie es das ursprüngliche Märchen erzählt. Zwar gibt sie es offiziell nicht zu, aber es ist ihr anzumerken, dass sie ihn eigentlich ganz cool findet. Diesen rockigen Kerl in grüner Glitzerhaut, der auf dem Tisch tanzt und in ihrem Bett herumhüpft. Überhaupt stimmt die Chemie zwischen Luca Lehnerts Prinzessin und Curdin Caviezels Froschprinzen, die in den grandios-bunten Kostümen von Juan León nicht nur fantastisch aussehen, sondern auch mit diesen zu spielen wissen. Ihre Figuren finden sich im gemeinsamen Kampf gegen das Erwachsenwerden, in ihrem Schwanken zwischen zwei Welten. Dieses Schwanken meistern beide Darsteller durchweg überzeugend.

Prinzessin Charlotte (Luca Lehnert) und Froschprinz Adrian (Curdin Caviezel) verstehen sich auf Anhieb gut.
Prinzessin Charlotte (Luca Lehnert) und Froschprinz Adrian (Curdin Caviezel) verstehen sich auf Anhieb gut.
© Stefan Gloede

Eine gruselige Schiedszene

Luca Lehnert ist dabei eine wild-sympathische Pippi-Langstrumpf-Prinzessin, die gerne die Zunge rausstreckt und es trotzdem vornehm mag. Curdin Caviezel gibt den Rockstar, der selbst mit seinen großen grünen Flossen noch den Moonwalk-Tanzschritt à la Michael Jackson beherrscht. Wie sich die beiden darüber annähern und das Aussehen zunehmend keine Rolle mehr spielt, ist berührend.

Ebenfalls berührend: Julian Mehne als Prinzendiener Heinrich, der sich vor lauter Kummer über den Verlust seines Herren eiserne Bänder um die Brust legen lässt. Auch dieses Märchenmotiv wird hier aufgegriffen, das Schmieden der Bänder gezeigt. Eine gruselige Szene ist das, in der Schauspieler Merten Schroedter – der famos auch die Väter von Prinz und Prinzessin spielt – mit einer großen Mondmaske den stummen Schmied mimt. Eine gewisse Anspannung ist dem jungen Premierenpublikum hier am Freitag anzumerken, das sonst Szenen munter mit lauten Ausrufen wie „Iiieeehhh“ oder „Ooooohh“ kommentiert.

Prinzessin Charlotte (Luca Lehnert) langweilt sich. 
Prinzessin Charlotte (Luca Lehnert) langweilt sich. 
© Stefan Gloede

Eine Kröte als heimlicher Star

Das Stück fängt gruseligere Momente wie diese allerdings geschickt auf, indem es eine Erzählerfigur auftreten lässt. Eine Kröte genauer gesagt. Gespielt wurde sie am Premierenvormittag von Sabine Scholze, die lange Zeit Teil des Theaterensembles war und der heimliche Star des Stückes ist. In einem moosigen Grün glitzert ihr Kostüm, in dem sie selbstbewusst mit verdickten Schenkeln umherwatschelt und durch ihren Märchenwald führt. Immer wieder kommentiert sie Szenen, kommuniziert direkt mit dem Publikum. Von den Kindern wird das am Freitag dankbar und mit viel „Hallo“ aufgenommen. Spätestens als sie sich am Ende gegen eine Straßenlaterne schmeißt, um zu testen, ob sie nicht vielleicht auch eine verzauberte Prinzessin mit blonden, schönen Haaren ist, fliegen ihr alle Herzen zu.

Starke Momente wie diese am Anfang und Ende des Stückes lassen vergessen, dass es in der Mitte kurz etwas hakt. Dass die Puste ausgeht mit diesem Märchenstoff, dessen Vorlage eben doch reichlich kurz ist – selbst für diese kindgerechte einstündige Inszenierung. Kurze Leerstellen entstehen etwa in einer Szene, als die Prinzessin mit ihrem Vater und Heinrich auf den Prinzen wartet. Oder später, als der Froschprinz über den Tisch tobt. Kleine Momente, in denen die sonst so spannungsgeladene Dynamik plötzlich fort ist.

So bleibt aber auch genug Zeit, das mystisch-peppige Bühnenbild – ebenfalls von Juan León – ganz genau zu studieren, jedes Detail mit kindlicher Freude in sich aufzunehmen. Sei es das große grüne Schaukelpferd der Prinzessin, eine rote Schaukel im Fensterrahmenlook oder die flackernde Straßenlaterne. Grün und Rot sind hier die beiden leitenden Farben, während der Wald in dunklen Farben daherkommt, mit dem Blubb-Brunnen als magisches Zentrum.

>>Noch nicht ausverkaufte Vorstellungen wieder am 5. Dezember um 14 Uhr und am 8. Dezember um 15 Uhr

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